Situation in Unterfranken
Inhaltsverzeichnis
- RECHTSEXTREMISMUS
- REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
- LINKSEXTREMISMUS
RECHTSEXTREMISMUS
Sicherheitsbericht 2023 des Polizeipräsidiums Unterfranken zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26)
Der Rückgang der Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität, der im Jahr 2022 zu verzeichnen war, setzte sich im Jahr 2023 nicht mehr fort. Stattdessen stiegen die Zahlen mit insgesamt 584 registrierten Fällen wieder annähernd auf das Niveau des Jahres 2021 (591). Im Bereich der PMK -rechts- konnten 226 Fälle (Vorjahr: 157) registriert werden, der Schwerpunkt lag hierbei eindeutig bei den Propagandadelikten mit 129 Fällen, gefolgt von Volksverhetzung mit 52 Fällen. Nach einem Rückgang der Fälle von Hasskriminalität im Vorjahr, war für das Jahr 2023 erneut ein Anstieg der Zahlen auf insgesamt 113 Fälle (Vorjahr: 74) festzustellen. In diesem Bereich war bei der PMK -rechts- mit 79 Fällen ein klarer Schwerpunkt auszumachen.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Unterfranken 2023 kann hier nachgelesen werden.
Besondere Ereignisse und Aktivitäten
Präventionsarbeit an Schulen
Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) führte bis zum 30. September 2024 38 Workshops an Schulen im Regierungsbezirk Unterfranken durch. Diese Veranstaltungen finden sowohl anlassbezogen als auch anlassunabhängig statt.
Anlassbezogene Vorträge und Beratungen an Schulen erfolgen sowohl auf Anfragen von Seiten der Schulen als auch eigeninitiativ durch die BIGE, wenn diese Kenntnisse über Vorfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erhalten. Beispielhaft zeigt sich dies durch:
- Zeigen des „Hitler Grußes“ oder Skandieren von „Heil Hitler“,
- Öffentliches Zeigen verbotener rechtsextremistischer Symbole wie z.B. das Hakenkreuz,
- Rechtsextremistische Schmierereien an Schulgebäuden oder am Mobiliar im Klassenzimmer,
- rassistische, herabwürdigende oder beleidigende Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern oder auch Lehrkräften
Auch im digitalen Bereich finden derartige Aktionen z.B. in Form von Postings in Klassenchats (Darstellung Adolf Hitlers, verbotener Symbole wie z.B. des Hakenkreuzes oder antisemitische Darstellungen) oder auf Social Media statt. Auch gewaltverherrlichende Posts sind zu verzeichnen.
Die BIGE steht hierbei auch in engem Kontakt sowohl mit den jeweiligen Jugendbeamten der Polizei und den Kriminalpolizeiinspektionen als auch den jeweiligen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz.
Rechtsextremistisch genutzte Immobilien: Der Dritte Weg (III. Weg) eröffnet ein Parteibüro in Schweinfurt
Die rechtsextremistische Partei III. Weg eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ein Partei- und Bürgerbüro und veranstaltete anlässlich der Eröffnung ein sogenanntes „Bürgerfest“. In diesem Rahmen stellte der III. Weg sich und seine geplanten Aktivitäten vor Ort vor. Das Objekt wird nach Aussagen der rechtsextremistischen Partei für Bürgersprechstunden, politische Veranstaltungen und soziale Projekte genutzt. Die Parteiangebote erfolgen in der Regel unter dem Motto „Hilfe für Deutsche“ und zeigen damit deutlich die rechtsextremistische Ausrichtung der Partei. Am 1. Mai 2023 wurde vom III. Weg am Parteibüro in Schweinfurt ein Tag der offenen Tür, lt. eigener Aussage als Bürgerfest mit Verpflegung, durchgeführt und mit Redebeiträgen sowie einem Theaterstück gestaltet. Die bis zu 40 Teilnehmer rekrutierten sich fast ausschließlich aus den bayerischen Stützpunkten des III. Weg.
Mit dem Objekt in Schweinfurt eröffnet die rechtsextremistische Partei ihr erstes Bürgerbüro in Bayern und damit ihr viertes im Bundesgebiet. An der Eröffnungsfeier nahmen neben 25 bis 30 lokalen und überregionalen Parteiaktivisten auch der Bundesvorsitzende und die bayerische Landesvorsitzende teil.
Die Bürgerbüros des III. Weg dienen als Anlaufstelle ihrer Anhängerschaft und werden für vorgeblich wohltätige Aktionen und Projekte genutzt. So unterhält der III. Weg auch in den anderen Parteibüros eine Kleiderkammer und eine „Tiertafel“.
Diese Angebote unter dem Motto „Hilfe für Deutsche“ schließen explizit Personen mit Migrationsbiografie aus und zeigen auch durch den Leitsatz „Erst unser Volk, dann all die anderen“ die fremdenfeindliche Ausrichtung der Partei.
Aus Sicht der Sicherheitsbehörden bemüht sich der III. Weg mit der Eröffnung des Partei- und Bürgerbüros in Schweinfurt um eine Festigung seiner Strukturen insbesondere im nordbayerischen Raum. Es ist davon auszugehen, dass dieses Büro, analog zu den bisher bestehenden, vor allem als Anlaufstelle für Rechtsextremisten dienen soll.
Ob es dem III. Weg damit tatsächlich gelingen wird, Sympathien in der Schweinfurter Bevölkerung zu gewinnen, bleibt jedoch abzuwarten. Sowohl die Stadt Schweinfurt als auch das Bündnis „Schweinfurt ist bunt“ positionierten sich bereits eindeutig gegen die Aktivitäten der Partei in ihrer Stadt.
Die rechtsextremistische Partei Der Dritte Weg (III. Weg) erweitert ihre Aktivitäten in Unterfranken mit der Gründung des Stützpunktes Franken ihrer Jugendorganisation Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ)
Im Nachgang zur Eröffnung des Parteibüros in Schweinfurt kam es auch zur Gründung des Stützpunktes Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg. Der Stützpunkt Franken stellt die erste Organisationsstruktur der NRJ in Bayern bzw. Süddeutschland dar.
Wie die Bezeichnung „Franken“ des neuen NRJ-Stützpunktes bereits deutlich macht, ist davon auszugehen, dass sich künftige Aktivitäten der NRJ in Bayern nicht auf Schweinfurt beschränken, sondern sich auch je nach Herkunft der Mitglieder auf den gesamten nordbayerischen Raum erstrecken können. Strukturen und Aktivitäten der NRJ waren bisher vor allem in Sachsen, in Berlin/Brandenburg und Sachsen-Anhalt feststellbar.
Offenkundiges Ziel der NRJ ist es, jugendliche Interessierte für die Partei zu gewinnen, diese zu indoktrinieren und in die Parteistrukturen einzubinden. Um dies zu erreichen, bietet die NRJ unterschiedliche Aktivitäten an. Die bereits existierenden Stützpunkte im Osten Deutschlands veranstalteten u. a. Wanderungen, erlebnisorientierte Wald- und Wiesentage mit Survival-Aktivitäten, Gemeinschaftstage, sportliche Aktivitäten, Stammtische, regelmäßige Treffen und Reisen, führen aber auch erste politische Aktionen wie Flugblattverteilungen durch und beteiligen sich an Parteiveranstaltungen, wie etwa Demonstrationen.
Im Mittelpunkt bisheriger Aktivitäten der Jugendorganisationen des III. Weg außerhalb Bayerns stehen die sogenannten Jugendgemeinschaftstage, an denen neben Vorträgen über aktuelle Politik sowie Diskussionen über historische Zusammenhänge hauptsächlich sportliche Aktivitäten wie Kampfsport angeboten werden.
Ähnlich gelagerte Aktivitäten sind auch im Bereich des NRJ-Stützpunktes Franken und insbesondere rund um das Parteibüro des III. Weg in Schweinfurt möglich.
Versammlung Der Dritte Weg (III. Weg) in Schweinfurt gegen Flüchtlinge
In Schweinfurt führten am 21. Januar 2023 Aktivisten des III. Weg eine Versammlung durch. Themen waren dort lebende Flüchtlinge und deren Einstellung zur „Gesetzestreue“. Es wurde von den Rednern der Versammlung behauptet, dass begangene Straftaten von Flüchtlingen unter den Teppich gekehrt werden und die Bevölkerung mit Falschinformationen getäuscht werde. An der angemeldeten Gegenveranstaltung des Bündnisses „Schweinfurt ist bunt“ nahmen ca. 100 Personen teil. Bei der Versammlung des III. Weg waren 12 Personen anwesend.
Gepäcklauf III. Weg in Franken am 18. März 2023
Die neonazistische Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) veröffentlichte am 26. März einen Onlinebeitrag mit dem Titel „7 km, 20 kg, 52 Minuten: Jugendtag in Franken durchgeführt“, der auch Foto- und Videoelemente umfasste. Eigenen Angaben zufolge hatte der III. Weg-Stützpunkt Nürnberg-Fürth bereits am 18. März Angehörige der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ) und „Ältere“ zu einem „Treffen mit der körperlichen Leistungsgrenze“ aufgerufen.
Elf Läufer aus Franken und Oberbayern sollten sich an dem sieben Kilometer langen Rundlauf entlang des Main-Donau-Kanals beteiligt haben. Der Lauf sollte im „Feldanzug“ und mit 20 Kilogramm Marschgepäck innerhalb der vorgegebenen Zeit von 52 Minuten absolviert werden. Jugendliche hätten zunächst lediglich Unterstützungsaufgaben wahrnehmen sollen. Schlussendlich hätten sich aber „alle […] als Läufer gemeldet“. Zehn teils militärisch bekleidete Läufer erreichten mit ihrem Marschgepäck das Ziel.
Die „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) ist die Jugendorganisation des III. Weg. Am 3. Dezember 2022 gründete sich in Schweinfurt der NRJ-Stützpunkt Franken. Der Stützpunkt soll nach Parteiangaben die Regierungsbezirke Unterfranken, Mittelfranken und Oberfranken umfassen. Aufgabe der NRJ ist die Nachwuchsarbeit des III. Weg. Mit einem speziell zugeschnittenen Programm sollen interessierte Jugendliche möglichst früh in die Parteiarbeit eingebunden und ideologisch indoktriniert werden. Die Spannweite der Veranstaltungen reicht dabei von Wanderungen über sogenannte „Wald- und Wiesentage“, Ausflüge und sportliche Aktivitäten bis hin zu Selbstverteidigungskursen, Nachhilfeunterricht, Schulungs-veranstaltungen und Flugblattverteilungen.
Die Rahmenbedingungen des vom III. Weg am 18. März initiierten Gepäcklaufs waren Anforderungen an Ausdauer- und Kraftkomponenten von Bundeswehrsoldaten vergleichbar.
III. Weg begeht "Arbeiterkampftag" im Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt
Unter dem Motto „Die wahre Krise ist das System!“ führte die rechtsextremistische Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) am 1. Mai seinen diesjährigen „Arbeiterkampftag“ in Bayern als „Tag der offenen Tür“ mit Bürgerfest im Schweinfurter Bürger- und Parteibüro durch. Dabei sollten sich Besucherinnen und Besucher ein Bild von der Parteiarbeit machen können. Der III. Weg nutzte dies als Gelegenheit, um u. a. auf seine „Tiertafel“ und seine kostenlose „Kleiderausgabe für Deutsche“ hinzuweisen. Obwohl die Veranstaltung im Vorfeld sowohl auf der Parteiwebseite als auch mit Flugblättern und Straßenplakaten in der Region Schweinfurt beworben wurde, fand sie in der Bevölkerung keine Beachtung. Insgesamt beteiligten sich etwa 40 Parteiangehörige an der Aktion. Die Teilnehmenden rekrutierten sich fast ausschließlich aus den bayerischen Stützpunkten des III. Weg, vereinzelt nahmen auch Parteiangehörige aus Baden-Württemberg teil. Eine Beteiligung von Rechtsextremisten anderer Gruppierungen war nicht feststellbar.
Die bayerische Landesvorsitzende des III. Weg stellte in ihrer Rede die Partei und die Jugendorganisation NRJ (Nationalrevolutionäre Jugend) vor. Weitere thematische Schwerpunkte der Reden von Parteiangehörigen waren Kritik am „System BRD“, die Darstellung der „nationalrevolutionären“ Grundsätze der Partei sowie die dem III. Weg zufolge verfehlte Asyl- und Migrationspolitik der Bundesrepublik Deutschland. Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine von Parteiangehörigen inszenierte „satirische“ Theateraufführung, in der die vermeintliche Ausbeutung deutscher Arbeiterinnen und Arbeiter durch das „Großkapital“ dargestellt wurde. Der Begriff „Großkapital“ ist in diesem Zusammenhang als antisemitische Chiffre zu verstehen.
Es ist damit zu rechnen, dass der III. Weg das Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt auch in Zukunft für Zusammenkünfte, Veranstaltungen sowie gegebenenfalls auch als Ausgangspunkt für Parteiaktionen nutzen wird.
Rechtsextremisten beteiligen sich an Demonstration in Aschaffenburg
Am 29. Mai 2023 veranstaltete die nicht unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stehende Querdenken-Gruppierung „Rhein-Main steht auf“ in der Aschaffenburger Innenstadt eine Demonstration unter dem Motto „Grünen Wahnsinn und Medienpropaganda stoppen!“ bzw. „Grüner Wahnsinn – ohne mich!“, an der mehr als 1.000 Personen teilnahmen.
An der Demonstration beteiligte sich auch eine Gruppe von elf der NPD zuzuordnenden Personen. Diese führte vier Transparente mit sich, die bereits in der Optik des neuen Parteilabels „Heimat!“ gestaltet waren. Einige NPD-Mitglieder trugen darüber hinaus auch entsprechende T-Shirts. Der Vorsitzende des NPD-Landesverbands Bayern führte ein Megaphon mit sich und skandierte insbesondere die Parole „Grün muss weg“, ergänzt durch „und auch der Ampeldreck“. Neben NPD-Angehörigen konnte auch die Teilnahme weiterer Rechtsextremisten festgestellt werden, darunter ein ehemaliges Mitglied der Kameradschaft Aryans.
Am 20. August veranstaltete die nicht extremistische Bürgerinitiative „Franken“ einen Demonstrationszug durch Aschaffenburg. An der Veranstaltung nahmen rund 1.400 Personen teil. Es handelte sich, nach der Kundgebung am 29. Mai, bereits um die zweite in Aschaffenburg abgehaltene Demonstration der aus der Querdenken-Bewegung hervorgegangenen Protestszene mit vierstelliger Teilnehmerzahl und rechtsextremistischer Beteiligung. Wie bereits am 29. Mai nahmen auch diesmal mehrere Angehörige der rechtsextremistischen Partei Die Heimat (vormals NPD) teil. Auch konnten erneut Angehörige der ehemaligen Kameradschaft Aryans sowie Anhänger der Gruppierung Freie Sachsen festgestellt werden.
Die Teilnahme von Mitgliedern von Die Heimat (vormals NPD) ist dabei weiterhin vor dem Hintergrund der Bemühungen der Partei um verstärkte Anschlussfähigkeit im Rahmen ihrer bundesweiten strategischen Neuausrichtung zu sehen. Auffällig war dabei insbesondere das Auftreten des hessischen Landesverbands in uniformer Kleidung.
Angehörige von Die Heimat aus Bayern waren gegenüber den hessischen Parteimitgliedern in der Minderheit, wobei die Teilnehmerzahl im Vergleich zur Demonstration vom 29. Mai allgemein geringer ausfiel. Der hessische Landesverband berichtete über seine Demonstrationsteilnahme in Form eines kurzen Videos auf seinem eigenen YouTube-Kanal.
Aktivitäten der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ) im Juni und Juli 2023 in Unterfranken
Im Juni 2023 veranstaltete die Nationalrevolutionäre Jugend (NRJ), die Jugendorganisation des III. Weg, einen weiteren Jugendtag unter dem Motto „Klagt nicht, kämpft!“. Mitglieder und Interessierte der NRJ-Franken trafen sich zu Sportaktivitäten, zu einer „argumentativen Auseinandersetzung mit unserer nationalrevolutionären Weltanschauung“ und zum Üben des freien Sprechens vor Publikum. Am 10. Juni 2023 berichtete die Partei über eine Flugblattverteilung durch Aktivisten der NRJ-Franken in Würzburg und am 19. Juli 2023 über die Verteilung von Flugblättern mit dem Titel „Jugend voran!“ durch Aktivisten der NRJ-Franken in Schweinfurt.
Durchsuchung bei Aktivitas der "Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg"
Am 14. September 2023 durchsuchte die Polizei in Würzburg das Anwesen der „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“. Die „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“ ist eine pflichtschlagende Studentenverbindung mit Sitz in Würzburg. Die Aktivitas der Burschenschaft wird als rechtsextremistische Bestrebung bewertet. Die Aktivitas verbreitete im Hause der Burschenschaft rechtsextremistische Agitation durch das Abspielen rechtsextremistischer Musik und nutzte außerdem die Räumlichkeiten der Burschenschaft dazu, Propagandamaterial der rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ (IB) zu lagern. Ihre rechtsextremistische Ausrichtung zeigt sich ferner anhand zahlreicher in den Gemeinschaftsräumen der Burschenschaft angebrachter Aufkleber mit Bezug zu rechtsextremistischen Gruppierungen wie der Partei „Der Dritte Weg“ („III. Weg“) oder der IB. Darüber hinaus konnten mehrere NS-Devotionalien sowie in den Gemeinschaftsräumen angebrachte Aufkleber mit rechtsextremistischer Agitation festgestellt werden, die insbesondere auf die Aufhebung oder Außerkraftsetzung des Rechtsstaatsprinzips und der Menschenwürde von Personen mit Migrationshintergrund abzielen. Zudem bestehen starke personelle Überschneidungen zwischen Mitgliedern der Aktivitas der „Burschenschaft Teutonia Prag zu Würzburg“ und der „Jungen Alternative“ (JA).
Durchsuchungen in Oberbayern, Mittelfranken und Unterfranken in Zusammenhang mit dem Verbot des Vereins „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V.“ durch das BMI
Mit Wirkung vom 27. September 2023 verbot das Bundesministerium des Innern und für Heimat den rechtsextremistischen Verein „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V.“ (AG-GGG) und sämtliche Teilorganisationen. Der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und – insbesondere aufgrund antisemitischer Inhalte – auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
In Bayern fanden hierzu Durchsuchungen bei 8 Mitgliedern an insgesamt 5 Wohnobjekten in Oberbayern, Mittelfranken und Unterfranken statt. In 11 weiteren Bundesländern erfolgten ebenfalls Durchsuchungen. Bei der AG-GGG handelt es sich um eine bundesweit aktive neonazistische, neuheidnische und religiös-völkische Organisation. Die Verbote sind noch nicht rechtskräftig.
Weitere Informationen finden sich hier.
Jugendtag der Nationalrevolutionären Jugend Franken im Februar 2024 im "SW16"
Im Februar 2024 fand im „SW16“ ein „Jugendtag“ der NRJ Franken statt. Einem Bericht auf der „III. Weg“-Webseite zufolge diskutierten die jungen Rechtsextremisten im Rahmen dieses „Jugendtages“ ihr individuelles und kollektives Selbstverständnis als „Nationalrevolutionäre“. Zentrales Ziel sei es dabei, das bestehende System zu überwinden und sich dem Aufbau des „kommenden Deutschlands“ zu widmen. Dabei legten die Beteiligten auch einige Leitsätze fest, die ihr Handeln als NRJ prägen sollen. Hier heißt es u. a.:
„Wir sind national. Wir sind revolutionär. Wir sind sozialistisch. Vom Ich zum Wir.“
Unter der Losung „Gemeinschaft statt Isolation“ führte die NRJ im Rahmen ihres „Jugendtages“ zudem eine Banneraktion durch. Dabei posierten Angehörige der NRJ mit einem großen Banner mit der Aufschrift „Gemeinschaft statt Isolation“ vor dem Parteibüro in Schweinfurt.
Weitere Informationen zur NRJ finden sich hier.
„Active Clubs“ (AC) treten auch in Bayern in Erscheinung
Seit Frühjahr 2024 wird über verschiedene Kanäle auf sozialen Medien für das Phänomen bzw. die Gründung von Active Clubs in Deutschland geworben. „Active Clubs“ (AC) stellen ein neues Phänomen im Rechtsextremismus dar. Die Idee von ACs ist auf den US-amerikanischen Rechtsextremisten Robert Rundo zurückzuführen. Sie verfolgen das Ziel, ein dezentrales Netzwerk von regionalen Gruppen zu bilden, Kampfsport zu trainieren und insbesondere Jugendlichen und jungen Erwachsenen einen Anschluss an rechtsextremistische Netzwerke zu bieten, um u.a. auf einen angeblich bevorstehenden Rassenkrieg vorbereitet zu sein. Es handelt sich bei Active Clubs folglich gerade nicht um reine Sportgruppen. Inwiefern Active Clubs in Deutschland beziehungsweise in Bayern dauerhaft Fuß fassen können bleibt abzuwarten. Bislang wurden nur vereinzelt realweltliche Aktivitäten bekannt und es ist noch unklar, ob das ambitionierte Konzept dauerhaft ein größeres Personenpotenzial binden kann. In Bayern traten bislang drei Personenzusammenschlüsse in Erscheinung: „Active Club Mainfranken“, „Active Club Nordgau“ und „Active Club Nürnberg“.
Weitere Informationen können hier nachgelesen werden.
Extremistische Agitation im Internet
Auch jenseits von organisierten Strukturen verbreiten Einzelpersonen – auch aus Unterfranken – verfassungsfeindliche Propaganda im Internet. Dabei werden auf den unterschiedlichsten Plattformen – beispielsweise durch Memes, Hashtags und Kommentare – extremistische Botschaften geteilt und zum Hass aufgestachelt. Die Entwicklungen im digitalen Raum werden von den Sicherheitsbehörden laufend beobachtet. In enger Abstimmung zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz werden Hassbotschaften bzw. strafrechtlich relevante Inhalte konsequent verfolgt.
Rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen setzen für ihre Propaganda digitale Medien und Formate als festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategien ein. Das Internet ermöglicht ihnen den erleichterten Zugang zu einem heterogenen Empfängerkreis, der über die engere extremistische Anhängerszene hinausreicht.
Allerdings gehen insbesondere die im Internet aktiven Personen weit über das bekannte partei- und organisationsgebundene rechtsextremistische Spektrum hinaus. Das Personenpotenzial ist daher zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen.
Rechtsextremistische Akteure nutzen das Internet, um manipulative und extremistische Inhalte zu verbreiten. Sie wollen ein Klima von Misstrauen und Hass z. B. gegenüber Geflüchteten und Andersdenkenden, aber auch gegenüber etablierten Medien, staatlichen Einrichtungen und dem demokratischen Prozess schaffen. Soziale Medien bieten diesen Einzelpersonen niedrigschwellige Möglichkeiten, in virtuellen Räumen verfassungsfeindliche Propaganda zu betreiben, sich zu vernetzen und Aktionen zu planen, die im äußersten Fall zur Begehung von schweren Straftaten in der Realwelt, wie Angriffen gegen Repräsentanten des Staates und der Politik, führen können. Daher spielt das Internet auch bei Radikalisierungsprozessen, die von einer realweltlichen rechtsextremistischen Szene losgelöst sind, eine zentrale Rolle. Hierbei ist beispielsweise in der Gaming-Szene und der sog. Attentäter-Fanszene ein gewisses Radikalisierungspotenzial erkennbar. In der Gaming-Szene werden z. B. mittels eigens entwickelter Szene-Spiele rechtsextremistische Botschaften verbreitet. Bei der Attentäter-Fanszene handelt es sich um eine digitale Subkultur, die Amoktäter sowie ideologisch unterschiedlich motivierte Attentäter verehrt. Eine Anbindung an realweltliche rechtsextremistische Strukturen existiert in der Regel nicht.
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Extremistische Agitation durch Musikveranstaltungen
Rechtsextremistische Musik ist ein wesentliches Eintrittstor in die rechtsextremistische Szene.
So nutzen Szeneangehörige Musik, um Jugendliche mit rechtsextremistischem Gedankengut in Kontakt zu bringen. Oft wird weiterhin verkürzt von „Rechtsrock“ gesprochen, obwohl das Angebot an rechtsextremistischer Musik längst zahlreiche unterschiedliche Stile und Zielrichtungen umfasst, die von Skinheadmusik und Balladen über Vikingrock, Black Metal, Hatecore und Neofolk bis hin zu Rap und Techno reichen. Die Texte enthalten nationalistisches, fremdenfeindliches, antisemitisches und antidemokratisches Gedankengut.
Rechtsextremistische Musikveranstaltungen (Konzerte und Liederabende) im In- und Ausland ermöglichen es Szeneangehörigen zudem, neue Kontakte aufzubauen, sich szeneintern zu vernetzen oder Einkünfte zu generieren.
Im Bundesgebiet fanden seit 2019 keine Musikgroßveranstaltungen mehr statt. Als allgemeiner Trend lassen sich kleinere Veranstaltungen und Musikveranstaltungen im europäischen Ausland feststellen. Auch in Bayern überwiegt die Zahl der Musikveranstaltungen, die in kleinem Kreis und privaten Rahmen oft konspirativ durchgeführt werden.
Im März 2023 organisierte die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) eine interne Veranstaltung, bei der Live-Musik gespielt wurde. Eine weitere Musikveranstaltung soll im Juli in Südbayern stattgefunden haben.
Das strikte Vorgehen der bayerischen Sicherheitsbehörden führte bereits wiederholt dazu, dass Musikveranstaltungen in Bayern nicht stattfanden.
In Unterfranken wurden im Jahr 2023 keine rechtsextremistischen Musikveranstaltungen bekannt.
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Parteien und andere rechtsextremistische Strukturen in Unterfranken
Der Verfassungsschutz unterscheidet rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien:
- Parteien
- Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen
In diese Kategorie fallen alle Gruppen und Organisationen, welche einen gewissen Bindungs- und Organisationsgrad erkennen lassen. Hierzu zählen organisierte neonazistische Gruppierungen, rechtsextremistische Bands, kommunale Wählervereinigungen, Verlage und Vertriebsnetze, Bürgerinitiativen Vereine, kameradschaftliche Stammtischrunden und Gesprächszirkel. Vor allem finden sich hier organisierte Neonazis und die Identitäre Bewegung (IB).
- Weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial
Zu dieser Kategorie zählen organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten (Skinheads), rechtsextremistische Einzelpersonen und Internetaktivisten.
In Unterfranken gibt es auch organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten sowie rechtsextremistische Einzelpersonen, die sich anlassbezogen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder privaten Treffen, zusammenfinden.
Der Dritte Weg (III. Weg)
Die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) verfügt in Deutschland über 700 Mitglieder, davon 155 in Bayern.
Die Partei vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus. Zahlreiche Mitglieder, Fördermitglieder und mit der Partei Sympathisierende stammen aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS).
Ausführliche Hintergrundinformationen zur Partei finden sie hier.
Die Parteistützpunkte des neonazistischen III. Weg berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten auf der Webseite der Partei. So werden bundesweite Kampagnen der Partei durch die einzelnen Parteigliederungen regional oder lokal durch eigene Aktionen umgesetzt, über die dann im Anschluss auf der Parteiseite berichtet wird.
Des Weiteren betreibt die Partei unter der Bezeichnung „Revolution auf Sendung“ ein Internetradioformat. Die Sendungen werden unregelmäßig auf der Webseite der Partei eingestellt und beinhalten Interviews, Musikbeiträge und Nachrichten der Partei. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um rechtsextremistische Aktivisten.
Da sich der III. Weg nicht nur als reine Partei, sondern ebenso als „Nationale Bewegung“ versteht, sollen durch regelmäßige Freizeitaktivitäten – wie etwa sportliche Aktivitäten, Wanderungen, Vorträge und Rechtsschulungen – Mitglieder, Sympathisanten und deren Familien eng an Partei und Stützpunkt gebunden werden.
Informationen über Aktivitäten des III. Weg in Unterfranken können unter „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
Bis 2019 gliederte sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, Mitte und West. Am 28. September 2019 beschloss der III. Weg auf seinem Bundesparteitag eine Änderung seiner Satzung. Diese zielte auf eine Umstrukturierung der Gebietsverbände in Landesverbände ab.
Die Gründung des Landesverbands Bayern, der den bisherigen Gebietsverband Süd ersetzte, erfolgte am 25. Juli 2020.
Kreisverbände sind die kleinsten selbstständigen Einheiten der Partei.
Die Satzung ermöglicht es, in Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, sogenannte „Stützpunkte“ einzurichten. Zum Jahresende 2023 sind auf der Parteiwebseite 24 Stützpunkte genannt, davon 5 in Bayern. In Bayern befinden sich die 5 Parteistützpunkte „Mainfranken“, „Oberfranken“, „Nürnberg/Fürth“, „Ostbayern“ und „München/Oberbayern“.
In Unterfranken ist der Stützpunkt Mainfranken aktiv.
Der Stützpunkt Mainfranken existiert seit 2014 und kann als einer der aktivsten in Bayern bewertet werden.
Im Januar 2023 kam es durch Aktivisten des III. Weg in Ober- und Unterfranken vermehrt zu Aktionen rund um das Thema „Anti-Asyl“. In diesem Zusammenhang erfolgte erneut eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS). Dabei wurden in Oberfranken eine Reihe von Protestkundgebungen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen abgehalten. Ein damaliger Funktionär des III. Weg hetzte dabei in seinen Reden in aggressiver Art und Weise gegen Ausländer und den deutschen Staat.
Grundsätzlich ist der Internetauftritt jedes Stützpunkts mit der Parteiwebseite verlinkt, auf der regelmäßig regionale Berichte von Aktionen, wie beispielsweise Flyerverteilaktionen eingestellt werden.
Die Partei eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ihr erstes Partei- und Bürgerbüro in Bayern mit einem sog. „Bürgerfest“. Im Nachgang zu dieser Eröffnung kam es auch zur Gründung des Stützpunkts Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg.
Das Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt ist die 4. offizielle Anlaufstelle der Partei im Bundesgebiet und wird als Treff- und Versammlungsort für Rechtsextremisten genutzt.
Nach wie vor laufen Bestrebungen u. a. verschiedener Akteure der Zivilgesellschaft, um den Vermieter des Partei- und Bürgerbüros dazu zu bewegen, den bestehenden Mietvertrag nicht zu verlängern. Die Räumlichkeit wird seitens der Partei vorwiegend zur Durchführung interner Veranstaltungen genutzt. Die seitens der Verantwortlichen erhoffte Etablierung der Partei und der Anschluss an das bürgerliche Lager durch die Schaffung einer Anlaufstelle hat nach Sachlage nicht stattgefunden.
Kollektiv Zukunft schaffen – Heimat schützen (KZSHS)
Das Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS) ist eine dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnende Gruppierung aus dem Raum Nordbayern mit ideologischer Nähe zum Neonazismus. Aktivitäten von KZSHS konnten sowohl realweltlich als auch virtuell erstmals 2021 festgestellt werden.
Über den Messengerdienst Telegram verbreitet KZSHS verfassungsfeindliche Agitation. In mehreren Beiträgen verherrlicht die Gruppierung die Zeit des Nationalsozialismus. Ferner verbreitete sie zahlreiche antisemitische Beiträge. So bezeichnet KZSHS in einem Telegram-Beitrag vom 18. Juli 2023 das „zionistische System“ als Ursache für Migration und Gewalt durch Migranten in Deutschland. In einem Beitrag vom 10. Juli 2023 wird Juden außerdem unterstellt, einen „Genozid an den weißen Völkern“ durchzuführen und über Impfstoffe einen Anstieg an Totgeburten in Deutschland herbeigeführt zu haben. Zudem verbreitet KZSHS zahlreiche Beiträge der rechtsextremistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) und anderer rechtsextremistischer Gruppierungen. KZSHS unterstützt damit nachdrücklich auch die von diesen Organisationen ausgehenden verfassungsfeindlichen Bestrebungen.
KZSHS mobilisierte in der Vergangenheit regelmäßig für die Proteste gegen die Corona-Politik und nahm selbst an vielen Demonstrationen teil. In 2023 beteiligte sich die Gruppierung an Protesten gegen die Unterbringung von Flüchtlingen im Raum Oberfranken und bewarb diese im Vorfeld auf Telegram. Am 13. Januar 2023 trat ein KZSHS-Aktivist auf einer Veranstaltung, die von einem damaligen oberfränkischen Funktionär des III. Weg durchgeführt wurde, als Redner auf. Am 29. Dezember 2023 nahmen Aktivisten von KZSHS an Bauernprotesten in Bad Königshofen i. Grabfeld teil.
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Die Heimat (vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)
Die Partei Die Heimat (vormals NPD) verfügt deutschlandweit über 3.000 Mitglieder und Fördermitglieder, davon 430 in Bayern (Stand 2023).
Die Partei wird als rechtsextremistisch bewertet. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte mit Urteil vom 17. Januar 2017 die Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele seitens der NPD. Das Gericht entschied jedoch gegen ein Verbot der Partei wegen fehlender Anhaltspunkte für Fähigkeit, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
Auf einem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 nannte sich die NPD in Die Heimat um.
Wie die meisten rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien ist auch Die Heimat im Internet aktiv und kann daher nicht nur durch Aktionen vor Ort, sondern ebenso online, u. a. durch Streaming-Angebote, ihre Ideologie auch in Unterfranken verbreiten.
Die programmatischen Grundlagen der Partei Die Heimat beinhalten das NPD-Parteiprogramm „Arbeit – Familie – Vaterland“, das der damalige NPD-Bundesparteitag bereits im Juni 2010 in Bamberg beschlossen hatte. Die Landesverbände der Partei Die Heimat wurden zudem dazu aufgefordert, ihre bisherigen NPD-Landessatzungen bis spätestens 31. Dezember 2023 an die am 3. Juni beschlossenen Satzung der Partei anzupassen. Als eine der Partei zugehörige Vereinigung nennt die Satzung die Jungen Nationalisten (JN). Die JN waren bislang als Jugendorganisation der NPD bekannt.
In Bayern besteht ein Die Heimat-Landesverband mit einem Vorsitzenden, zwei stellvertretenden Landesvorsitzenden, einem Schatzmeister und fünf Beisitzern. Die personelle Zusammensetzung des bayerischen Die Heimat-Landesvorstands ist weitgehend mit dem damaligen bayerischen NPD-Landesvorstand identisch.
Am 21. Januar 2023 fand in Ansbach eine sich fortbewegende Kundgebung zu den Themen „Frieden, Freiheit und Russland-Sanktionen“ statt. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch der bayerische NPD-Landesvorsitzende und bis zu sieben weitere Personen, die bereits zwei Transparente mit dem neuen Parteilabel „Heimat!“ zeigten. Im Juni und Juli 2023 beteiligten sich Die Heimat-Mitglieder mit Transparenten an drei Kundgebungen in Ansbach.
In Aschaffenburg nahmen Die Heimat-Mitglieder aus Bayern und Hessen am 29. Mai und am 20. August 2023 an Kundgebungen einer Bürgerinitiative teil und zeigten dort Transparente mit der Aufschrift „Weg mit der Regierung!“ sowie „Volksfeinde anklagen – Politikerhaftung umsetzen“ und dem „DS“-Symbol der Zeitschrift „Deutsche Stimme“. An einer Kundgebung am 3. Oktober 2023 beteiligten sich erneut die Die Heimat-Aktivisten, darunter ein stellvertretender Bundesvorsitzender.
Am 12. September 2023 gab Die Heimat Bayern den Start einer Flugblattkampagne unter dem Motto „Deutschland braucht deutsche Kinder, keine FLÜCHTLINGE“ in Nürnberg bekannt.
Insgesamt ist festzustellen, dass die parteigebundene rechtsextremistische Szene seit Längerem stagniert. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die Partei mit ihrer Umbenennung in Die Heimat die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien.
Öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten der Partei in Bayern beschränken sich gegenwärtig auf Mittel- und Unterfranken. Es bestehen Facebook-Profile von Die Heimat für das Bundesland Bayern und die räumlichen Bereiche Ansbach, Franken sowie Untermain.
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Anfang Januar 2024 wurde bekannt, dass es von der Partei „Die Heimat“ eine neue Abspaltung gibt, die Partei „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD (2023)) mit Sitz in Hamburg. Auf der Internetseite www.npd-voran.de werden für Bayern Strukturen der NPD (2023) in Kronach und München genannt. Weitere Informationen zur Partei NPD (2023) können hier nachgelesen werden.
Junge Alternative für Deutschland Bayern (JA Bayern)
Die JA ist gemäß § 17a der Bundessatzung der Alternative für Deutschland (AfD) die offizielle Jugendorganisation der Partei. Die JA wurde im Juni 2013 gegründet und ist als eigenständiger Verein mit Sitz in Berlin konstituiert.
Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstreitverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Entscheidung vom 8. März 2022 die Zulässigkeit der Beobachtung der JA sowie die Berichterstattung durch das BfV bestätigt. Die AfD hat gegen die Entscheidung des VG Köln Berufung eingelegt.
Bundesweit sind für die JA 1.600 Anhänger zu verzeichnen, in Bayern werden der Gruppierung etwa 70 Personen zugerechnet. Laut Facebook-Profil der JA Bayern ist diese in Bayern mit Sitz in Nürnberg vertreten.
Die JA Bayern weist keine flächendeckenden bayerischen Strukturen auf. Realweltliche Veranstaltungen der JA Bayern fanden 2022 insbesondere im Rahmen der Freizeitgestaltung statt.
Die JA Bayern veranstaltete im September 2022 die dritten sogenannten „Jugend-Aktionstage“ in der Region Berchtesgaden sowie diverse Wanderungen, wie etwa im März 2022 zum Schloss Neuschwanstein. Darüber hinaus fand im April 2022 ein Hallenfußballturnier in Nürnberg statt. Zudem veranstaltete die JA im Dezember 2022 in München eine Weihnachtsfeier. und
Einem Instagram-Post zufolge besuchte Anfang November 2022 ein bayerischer JA-Funktionär, der zugleich Mitglied des JA-Bundesvorstandes ist, mit zwei Aktivistinnen der Identitären Bewegung (IB) den Bayerischen Landtag.
Derartige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sind in Oberfranken nicht bekannt.
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Identitäre Bewegung (IB)
Die ursprünglich aus Frankreich stammende und inzwischen europaweit agierende Identitäre Bewegung (IB) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der eine mitunter subtile, auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs abzielende Beeinflussungsstrategie verfolgt.
Kennzeichnend für den Aktionismus der IB sind öffentliche Stör- und Transparentaktionen, die sie im Rahmen von Social-Media-Kampagnen inszenieren und verbreiten.
Die hierarchische Struktur der IB in Bayern, die sich zunächst nach vermeintlichen „Volksgrenzen“ gliederte, wurde mittlerweile zugunsten autonomer Gruppen aufgelöst. Hintergrund dieser Entwicklung ist eine Mitte 2021 initiierte Neuausrichtung der IB. Der Aufbau voneinander augenscheinlich unabhängiger Gruppierungen dient dazu, die IB langfristig flexibler zu gestalten, sowie vor staatlichen Maßnahmen, aber auch vor Repression und „Outings“ politischer Gegner zu schützen. Aus diesen Gründen wird auch weitestgehend auf die bekannte IB-Symbolik, wie beispielsweise das gelbe Lambda auf schwarzem Grund, verzichtet.
Derzeit sind in Bayern die der IB zuzurechnenden Gruppierungen „Reconquista21“ (vormals „Wackre Schwaben“) und „Lederhosen Revolte“ aktiv.
Öffentlichkeitswirksame Aktionen der IB in Bayern konzentrieren sich seit Jahresbeginn vor allem auf den Themenkomplex „Asyl und Migration“, der auch in der öffentlichen Debatte stark an Relevanz gewonnen hat.
Informationen zu Aktionen in Unterfranken können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
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nach obenREICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene als sicherheitsgefährdende Bestrebung. In kleinen Teilen der Szene finden sich auch ideologische Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus; insbesondere dort, wo sich Versatzstücke nationalsozialistischer, antisemitischer und revisionistischer Denkmuster wiederfinden.
Zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene in Bayern zählen u. a. folgende Gruppierungen:
Vaterländischer Hilfsdienst (VHD), Königreich Deutschland (KRD), Indigenes Volk Germaniten (IVG) und die seit dem 19. März 2020 verbotene Gruppierung Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt).
Auch in Unterfranken sind vereinzelt Aktivitäten dieser Gruppierungen bekannt geworden.
In Bayern liegen zu rund 5359 Personen belastbare Hinweise bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene vor. In Unterfranken beläuft sich die Zahl mit Stand 09/2024 auf 832 Personen.
In Bayern sind Angehörige der Szene in den Regierungsbezirken Unterfranken, Mittelfranken und Oberbayern überdurchschnittlich vertreten. Eine eindeutige Zuordnung von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene zur rechtsextremistischen Szene ist bislang nur in wenigen Fällen belegbar. Die Zahl der Reichsbürger in Bayern, die auch in rechtsextremistischen Zusammenhängen bekannt geworden sind, beläuft sich auf ca. 140 Personen.
Reichsbürger bewegen sich in einem für sie geschlossenen Weltbild. Der Glaube daran, dass deutsche Gesetze für sie keine Gültigkeit hätten, führt dazu, dass staatliche Maßnahmen als unrechtmäßig empfunden werden. Gewalttaten richten sich daher in aller Regel gegen staatliche Maßnahmen beziehungsweise gegen Vertreter des Staates. Solche Gewalttaten werden innerhalb der Szene in der Regel als Notwehr gegen den Staat gedeutet. Gewalttäter erfahren dementsprechend nach einschlägigen Vorfällen solidarisierenden Zuspruch. Bei Einzelpersonen, die ideologisch besonders gefestigt erscheinen, ist eine Häufung politisch motivierter Straftaten feststellbar, insbesondere Beleidigungs- und Nötigungsdelikte, in Einzelfällen auch Erpressungsdelikte. Darüber hinaus wurden innerhalb der Szene vermehrt reichsbürgertypische Musterschreiben verbreitet, die häufig als Reaktion auf Bußgeldbescheide an öffentliche Stellen adressiert werden. Diese erfüllen u. a. aufgrund der enthaltenen Schadensersatzforderungen die Straftatbestände der Erpressung, Nötigung und Bedrohung.
Im Jahr 2023 konzentrierten sich die Aktivitäten der Szene wieder vermehrt auf die Durchführung von Seminar- und Vortragsveranstaltungen sowie auf gemeinschaftliche Aktivitäten mit dem Ziel, die eigene Ideologie zu verbreiten und die Vernetzung innerhalb der Szene voranzutreiben. In den Vorträgen und Seminaren geht es u.a. um reichsbürgertypische Problemstellungen, z. B. die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die eigenen Kinder dem staatlichen Schulsystem zu entziehen. Bereits in der Vergangenheit hatten Szeneangehörige damit begonnen, vereinzelt sog. „alternativ Schulen“ zu gründen.
Auch zeigt eine Vielzahl von Sachverhalten die hohe Waffenaffinität bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene. Sie besitzen zum einen häufig erlaubnisfreie Waffen, die sie zur vermeintlichen Selbstverteidigung und zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen könnten. Zum anderen werden oft nicht nur legale, (noch) im Besitz befindliche Waffen festgestellt, sondern auch illegale Waffen bis hin zu ganzen Waffenarsenalen. Daher ist es erforderlich, den Waffenbesitz innerhalb der Szene weiterhin konsequent aufzudecken und zu unterbinden, aber auch den Besitz erlaubnisfreier Waffen im Blick zu behalten. Zur Eindämmung des Gefährdungspotenzials durch den Waffenbesitz von Reichsbürgern werden regelmäßig und systematisch waffenrechtliche Erlaubnisse überprüft und, wo möglich, entzogen. Jede waffenrechtliche Erlaubnis setzt eine waffenrechtliche Zuverlässigkeit voraus. Diese ist bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene aber regelmäßig zu verneinen, da die Nichtanerkennung des Staates und seiner Gesetze ein Kernbestandteil der Ideologie ist.
Straftaten von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene werden seit dem Jahr 2017 gesondert erfasst.
In 2023 wurden insgesamt 306 (Vorjahr: 699) extremistische Straftaten gezählt, darunter 73 Gewaltdelikte (Vorjahr: 197). Den Schwerpunkt bei den Gewaltdelikten bildeten mit 59 Taten erneut die Erpressungsdelikte (Vorjahr: 185). Die Zahl der Widerstandsdelikte sank auf 7 Taten. Mit 146 Taten stellten Nötigungs- und Bedrohungsdelikte erneut den Schwerpunkt der sonstigen 233 Straftaten dar (Vorjahr: 385). Einzelne Personen sind u. a. wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung sowie verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Staatsorganen aufgefallen.
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nach obenVERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
Bestrebungen, die basierend auf einem von Verschwörungstheorien geprägten Staats- und Elitenhass in demokratiefeindlicher Weise darauf abzielen, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, ohne dabei die Wesensmerkmale extremistischer Bestrebungen eines anderen Phänomenbereichs, wie etwa des Rechtsextremismus, aufzuweisen, werden dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zugerechnet. Hierzu zählen auch Bestrebungen, die sich durch eine agitatorische Verächtlichmachung des Staates gegen das Demokratieprinzip richten, die durch ihre Demokratiefeindlichkeit angetrieben zu extremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten aufrufen oder sich unter Verkennung der Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz zugrundeliegenden Voraussetzungen auf ein vermeintliches Widerstandsrecht berufen und sich dabei gegen das Rechtsstaatsprinzip stellen.
Das Personenpotenzial im Phänomenbereich verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates liegt in Bayern derzeit im mittleren zweistelligen Bereich.
Personen, die in ihrem Aktivismus gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen nachdrücklich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt haben, führten diesen Aktivismus in den meisten Fällen auch im Jahr 2023 fort. Angetrieben durch den Glauben an diffuse Verschwörungstheorien versuchen sie auch in ihrem Umfeld einen Vertrauensverlust in den demokratischen Verfassungsstaat und dessen Repräsentanten herbeizuführen.
Mit dem Rückgang der realweltlichen Veranstaltungen und Aktivitäten der in ihrer Gesamtheit nicht extremistischen Corona-Protestszene verlagerte sich die Agitation der Delegitimierer-szene 2023 zunehmend in den virtuellen Raum. Dieser wurde mit seinen Echokammern und der Möglichkeit sich zu vernetzen für Viele zu einem Rückzugsort. Innerhalb der zumeist themen- oder anlassgebundenen Kanäle und Gruppen treffen Angehörige des Phänomenbereiches auch auf Personen, die zuvor noch nicht mit verfassungsschutzrelevanten Bestrebungen in Kontakt gekommen sind. So werden Hass, Hetze und Gewaltfantasien innerhalb der sozialen Medien verbreitet und können somit bei den jeweiligen Chatteilnehmern ein Klima der Unzufriedenheit und Angst erzeugen. Nicht selten kommt es dabei, angeheizt durch unmoderierte Chatverläufe, zu Radikalisierungsverläufen.
Aussagen von Szeneangehörigen richten sich zum Teil auch gegen die körperliche Unversehrtheit von Politikerinnen und Politikern. In zahlreichen Fällen wurde öffentlich konkret dazu aufgerufen, Straftaten zu begehen.
Es lassen sich in Bayern – und damit auch in Unterfranken – derzeit keine festen Strukturen ausmachen. Feststellbar sind Vernetzungsbestrebungen vor allem im virtuellen Raum, dort überwiegend auf Kommunikationsplattformen wie Telegram.
nach obenVERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Menschen muslimischen Glaubens die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für den Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft.
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nach obenLINKSEXTREMISMUS
Sicherheitsbericht 2023 des Polizeipräsidiums Unterfranken zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26).
Im Bereich des Polizeipräsidiums Unterfranken konnte zur Politisch motivierten Kriminalität -links- (PMK -links-) gegenüber dem Vorjahr ein Anstieg um 20 auf insgesamt 50 Fälleverzeichnet werden (Vorjahr: 30).
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Unterfranken 2023 kann hier nachgelesen werden.
Linksextremismus in Unterfranken
Ziel der linksextremistischen Szene ist es, die durch das Grundgesetz vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und – je nach ideologisch-politischer Orientierung – durch eine sozialistische, kommunistische oder eine „herrschaftsfreie“ Gesellschaft zu ersetzen. Die linksextremistischen Vorstellungen richten sich insbesondere gegen durch das Grundgesetz garantierte Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip und den Pluralismus.
Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wird als „kapitalistisches System“ und als Wurzel des Faschismus diffamiert und soll abgeschafft werden. In der linksextremistischen Szene bilden Autonome den weitaus größten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials.
Autonome haben zwar keine einheitliche Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen. Neben Sachbeschädigungen wenden Autonome auch Gewalt gegen Personen – vor allem gegen tatsächliche oder vermeintliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene und Polizeikräfte – an, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Die Szene besetzt dabei auch Themen, die an sich nicht extremistisch sind. Ihr Ziel ist es dabei aber in erster Linie, ihre linksextremistischen politischen Positionen zu verbreiten. Hierzu werden vor allem aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen wie Klima- und Umweltschutz oder Migration aufgegriffen. Aus ihrem antiimperialistischen Weltbild entwickelt sich bei Angehörigen der linksextremistischen Szene häufig auch ein Antizionismus – die Ablehnung des Staates Israel und dessen Innen- und Außenpolitik.
So werden seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland thematisiert und der Kontakt zu bürgerlich-demokratischen Organisationen gesucht, um die Akzeptanz der eigenen antidemokratischen Standpunkte zu erhöhen.
Die derzeit existierenden linksextremistischen Gruppen bilden daher zu einer Vielzahl von Themen (z. B. Antifaschismus, Klima, Feminismus, Flüchtlingshilfe) Untergruppierungen, die sich in den sozialen Medien präsentieren und für ihre jeweiligen Anliegen werben. Vordergründig handelt es sich dabei um unabhängig voneinander agierende Gruppen, die aber im Hintergrund von einem kleinen linksextremistischen Aktivistenstamm bzw. entsprechenden Kerngruppen angeleitet werden. Aktuell zeichnet sich die linksextremistische autonome Szene durch folgende Aspekte aus:
- unverbindliche Strukturen mit niedrigschwelligen Angeboten
- geringer ideologischer Anspruch
- Fokussierung auf spezifische Themenfelder
- kurzfristige Bildung neuer Gruppen
- kleinteilige Gruppen mit häufig wechselnden Personen
- informelle Hierarchien gepaart mit der Möglichkeit für neue Interessierte, sich schnell einzubringen
- Aktions- und Erlebnisorientierung
- starke Präsenz in den sozialen Medien
- Vernetzung mit anderen gleichgesinnten Gruppen.
Aktuell engagieren sich auch einige lokale linksextremistische Gruppen in Bayern verstärkt im Bereich Klima- und Umweltschutz. Bei der linksextremistischen Klimaschutzkampagne „Ende Gelände“ nehmen Szeneangehörige eine tragende Rolle ein.
In Bayern unterhält die linksextremistisch beeinflusste Klimakampagne „Ende Gelände“ Ortsgruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg. Die Kampagne setzt sich aus verschiedenen Organisationen des demokratischen sowie des linksextremistischen Spektrums zusammen. Ein maßgeblicher Akteur des Bündnisses ist die Gruppierung Interventionistische Linke (IL). Sie übernimmt innerhalb der Kampagne eine strategisch führende Position und fungiert als koordinierendes sowie aktionsinitiierendes Bindeglied zwischen demokratischen und linksextremistischen Organisationen.
Angehörige der linksextremistischen Szene verüben immer häufiger konspirativ geplante Straftaten wie Brandanschläge, zu denen im Nachgang auf einschlägigen Internetportalen anonyme Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlich werden. Anschlagsziele sind vor allem Unternehmen der Rüstungsindustrie und die Deutsche Bahn AG, die ihm Rahmen linksextremistischer „Anti-Militarismus“-Kampagnen im Fokus gewaltbereiter Szeneakteure stehen.
Linksextremistische Agitation und Übergriffe richten sich vermehrt auch gegen Einzelpersonen, die z. B. aufgrund von Äußerungen, Berufszugehörigkeit oder der Teilnahme an einer Veranstaltung gezielt angegriffen werden. Auch Presseangehörige stehen im Fokus linksextremistischer Gewalttäter, ebenso wie Personen, die sich von der Szene losgesagt haben.
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