Situation in Schwaben
Inhaltsverzeichnis
- RECHTSEXTREMISMUS
- Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Schwaben Nord und Süd/West zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
- Besondere Ereignisse und Aktivitäten
- Extremistische Agitation im Internet
- Extremistische Agitation durch Musikveranstaltungen
- Parteien und andere rechtsextremistische Strukturen in Schwaben
- Der Dritte Weg (III. Weg)
- Die Heimat (vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)
- Junge Alternative für Deutschland Bayern (JA Bayern)
- Identitäre Bewegung (IB)
- REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
- LINKSEXTREMISMUS
RECHTSEXTREMISMUS
Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Schwaben Nord und Süd/West zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26).
Sicherheitsbericht 2023 – Polizeipräsidium Schwaben Nord
Im Jahr 2023 wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord insgesamt 93 extremistische PMK-Delikte registriert. Gegenüber dem Vorjahr mit 123 Delikten ist somit ein Rückgang der Fallzahlen um 30 Delikte bzw. 24,4 % zu verzeichnen.
Im Bereich PMK -rechts- wurden im Jahr 2023 insgesamt 27 extremistische Straftaten registriert. Gegenüber dem Vorjahr mit 45 Delikten stellt dies einen Rückgang um 18 Fälle bzw. 40 % dar. Bei detaillierter Betrachtung gingen insbesondere die Propagandadelikte deutlich um 73,3 % auf 8 Straftaten zurück (Vorjahr: 30 Fälle). Im Gegenzug war im Bereich der Volksverhetzung ein Anstieg um 66,7 % auf 15 Delikte festzustellen (Vorjahr: 9). Volksverhetzungen bilden mit einem Anteil von 55,6 % den Schwerpunkt im Bereich der PMK -rechts-.
Bei Betrachtung der Phänomenbereiche war bei der politisch rechts motivierten Hasskriminalität ein sehr erheblicher Anstieg um 812,5 % auf 73 Delikte festzustellen (Vorjahr: 8 Fälle). Sie bildete mit einem Anteil von 74,5 % den Schwerpunkt in allen Phänomenbereichen (Vorjahr: 14,3 %).
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Schwaben Nord kann hier nachgelesen werden.
Jahresbericht 2023 – Polizeipräsidium Schwaben Süd/West
Im Vergleich zum Vorjahr registrierte das Polizeipräsidium Schwaben Süd/West gestiegene Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK). Insgesamt wurden 512 Fälle (Vorjahr: 438) und damit 16,7 % mehr als im Vorjahr registriert.
Der Bereich der PMK -sonstige Zuordnung-, diesem werden auch Fälle von Reichsbürgern zugerechnet, ist anteilsmäßig wieder stärkster Bereich mit rund 47,3 % und löst den Bereich der PMK -rechts- als zuvor zahlenmäßig größten Bereich ab.
Die Fallzahlen der PMK -rechts- verzeichneten erneut einen leichten Anstieg auf 213 Fälle (Vorjahr: 210). Der Bereich stellt mit rund 41,6 % aller Delikte damit den zweitstärksten Anteil an allen Verfahren der PMK. Propagandadelikte mit 117 Fällen (Vorjahr: 126) und Volksverhetzungen mit 47 Fällen (Vorjahr: 40) bildeten einen Schwerpunkt. Die Zahl der Gewaltdelikte sank im Vergleich zum Vorjahr von 11 auf 9 Straftaten.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West kann hier nachgelesen werden.
Besondere Ereignisse und Aktivitäten
Präventionsarbeit an Schulen
Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) führte bis zum 31. Dezember 2024 113 Workshops an Schulen im Regierungsbezirk Schwaben durch. Diese Veranstaltungen finden sowohl anlassbezogen als auch anlassunabhängig statt.
Anlassbezogene Vorträge und Beratungen an Schulen erfolgen sowohl auf Anfragen von Seiten der Schulen als auch eigeninitiativ durch die BIGE, wenn diese Kenntnisse über Vorfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erhalten. Beispielhaft zeigt sich dies durch:
- Zeigen des „Hitler Grußes“ oder Skandieren von „Heil Hitler“,
- Öffentliches Zeigen verbotener rechtsextremistischer Symbole wie z.B. das Hakenkreuz,
- Rechtsextremistische Schmierereien an Schulgebäuden oder am Mobiliar im Klassenzimmer,
- rassistische, herabwürdigende oder beleidigende Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern oder auch Lehrkräften
Auch im digitalen Bereich finden derartige Aktionen z.B. in Form von Postings in Klassenchats (Darstellung Adolf Hitlers, verbotener Symbole wie z.B. des Hakenkreuzes oder antisemitische Darstellungen) oder auf Social Media statt. Auch gewaltverherrlichende Posts sind zu verzeichnen.
Die BIGE steht hierbei auch in engem Kontakt sowohl mit den jeweiligen Jugendbeamten der Polizei und den Kriminalpolizeiinspektionen als auch den jeweiligen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz.
Aktivistenwochenende der identitären „Wackre Schwaben“
Vom 31. März bis 2. April 2023 fand das Aktivistenwochenende der Regionalgruppe „Wackre Schwaben“ der Identitären Bewegung (IB) unter dem Motto „Identität und Weltanschauung“ statt. Es nahmen ca. 30 Aktivisten aus dem gesamten deutschsprachigen Raum an einem konspirativ festgelegten Ort im Bereich Schwaben teil.
Bei der Gruppierung „Wackre Schwaben“ handelt es sich um einen regionalen Personenzusammenschluss aus dem Raum Schwaben, der der Identitären Bewegung (IB) eindeutig zuzuordnen ist. Die IB veranstaltet regelmäßig derartige Aktivistenwochenenden, die IB Schwaben beispielsweise seit mindestens April 2017 zweimal jährlich. Zielgruppe waren bereits damals „IBler aus dem süddeutschen Raum“. Nachdem im Jahr 2022 zwei Aktivistenwochenenden in Schwaben stattfanden, handelt es sich in diesem Jahr um die erste Zusammenkunft dieser Art. Wie üblich wurden professionelle Fotos und ein Video auf einschlägigen Social-Media-Kanälen veröffentlicht.
Die Regionalgruppe „Wackre Schwaben“ ist innerhalb der süddeutschen IB besonders aktiv. Weil sich die IB nicht an Regierungsbezirken, sondern an „Volksgrenzen“ orientiert, finden ihre Aktionen grenzübergreifend sowohl im baden-württembergischen als auch im bayerischen Teil Schwabens statt: Am 9. Februar 2023 führten die „Wackren Schwaben“ eine Propagandaaktion vor einer Asylunterkunft in Peutenhausen/BY (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen, ca. 100 km östlich von Ulm) durch. Hierzu stoppten sechs Aktivisten den Durchgangsverkehr vor der Einrichtung und entrollten ein 10 bis 15 Meter langes Banner mit der Aufschrift „Gefährderstandort“ auf der Fahrbahn.
Junge Alternative Schwaben führt Bannerkation in Ulm durch
Am 2. Juni 2023 veranstaltete der schwäbische Ableger der AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA Schwaben) eine Banneraktion unter dem Motto „Sichere Grenzen – sicherer Schulweg“ vor dem Landgericht in Ulm. Anlass der Aktion war der erste Verhandlungstag im Prozess um den tödlichen Messerangriff in lllerkirchberg (Baden-Württemberg) im Dezember 2022. Angeklagt ist ein 27-Jähriger, der als Asylbewerber aus Eritrea nach Deutschland gekommen war. Er soll die beiden Mädchen im Alter von 13 und 14 Jahren auf ihrem Schulweg mit einem Messer angegriffen haben. Die 14-Jährige erlag ihren Verletzungen. Im Nachgang der Aktion veröffentlichte die JA Schwaben auf ihrem Telegram-Kanal einige Bilder sowie eine Stellungnahme zu der Aktion. Demnach wollte die Gruppierung mit ihrer Aktion auf die „fehlgeleitete Migrationspolitik und auf die verheerende Willkommenskultur aufmerksam“ machen. Zudem behauptet die JA dabei, auf großes Medieninteresse sowie auf Zuspruch von Passanten gestoßen zu sein. Tatsächlich wurde die Aktion von mehreren Regionalzeitungen aufgegriffen.
Die Aktion in Ulm fügt sich ein in eine Serie vergleichbarer medialer Kampagnen nach der Tötung des Mädchens in Illerkirchberg. Kurz nach der Tat fand am 7. Dezember 2022 in Unterkirchberg (Baden-Württemberg) eine Banneraktion der rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) unter dem Motto „Kinder schützen – Asylheim Illerkirchberg schließen“ statt. Einer der Aktivisten vom 7. Dezember war nun auch an der besagten Aktion in Ulm beteiligt. Er gehört dem Landesvorstand der bayerischen JA an und bekleidet dort das Amt des Schatzmeisters. Auffällig ist außerdem, dass die grafische Darstellung einer Festung auf dem JA-Banner in der Vergangenheit bereits auch durch die IB genutzt wurde.
Vernetzungstreffen Identitärer Bewegung in Dasing
Die IB-Regionalgruppierung Reconquista 21 veranstaltete am 11. November 2023 ein Vernetzungstreffen in einem Lokal in Dasing. Martin Sellner, der führende Aktivist der IB im deutschsprachigen Raum, trat bei der Veranstaltung als Redner vor dem Banner der Gruppierung auf. Neben Akteuren der IB waren auch Politiker der AfD anwesend.
Reichsbürger halten bundesweite Veranstaltung „3. Zukunftskongress Deutschland“ vom 17. November – 19. November in Wemding ab
Vom 17. bis 19. November 2023 fand in einem Hotel in Wemding (Landkreis Donau-Ries) der „3. Zukunftskongress Deutschland“ statt, welcher als Teil einer Veranstaltungsreihe dem Phänomenbereich der Reichsbürger und Selbstverwalter zugeordnet werden kann. Im Rahmen der dreitägigen Veranstaltung wurden in Form von Seminaren mehrere Vorträge mit Bezug zur Ideologie der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene gehalten.
Die angekündigten Referenten der Veranstaltung konnten bereits im Vorfeld der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter zugeordnet werden. Unter den Referenten war auch eine bayerische Person, welche in der Vergangenheit neben Rednertätigkeiten auch mit einem Holocaust-leugnenden Posting in den sozialen Medien aufgefallen war.
Am zweiten Veranstaltungstag, dem 18. November, kam es im Außenbereich der Veranstaltungsörtlichkeit zu einem tätlichen Angriff eines Teilnehmers auf einen anwesenden Medienvertreter. Nachdem der Täter nicht namentlich identifiziert werden konnte, entschied die polizeiliche Einsatzleitung vor Ort, die Teilnehmer der Veranstaltung einer Kontrolle zum Zwecke der Identitätsfeststellung zu unterziehen. Der Täter konnte daraufhin ausfindig gemacht werden. Gegen ihn läuft aktuell ein Verfahren wegen eines Körperverletzungsdelikts. Im Rahmen der Identitätsfeststellungsmaßnahmen konnte die Polizei insgesamt 71 Teilnehmerinnen und Teilnehmer feststellen. Im Zuge der polizeilichen Maßnahme wurden zudem zwei ausständige Haftbefehle gegen Kongressteilnehmer vollstreckt. Ein Haftbefehl konnte gegen die Zahlung einer noch ausstehenden Geldbuße abgewendet werden, der zweite Haftbefehl wurde vor Ort tatsächlich vollstreckt.
Ebenfalls fand am 18. November eine vom Bürgermeister der Gemeinde Wemding organisierte Gegendemonstration zur Reichsbürgerveranstaltung statt. Insgesamt fanden sich hier ca. 300 Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein und demonstrierten für Demokratie und Rechtstaatlichkeit. Im Rahmen dieser Kundgebung kam es zu keinen Zwischenfällen.
Für den „3. Zukunftskongress“ wurde über mehrere Wochen in einschlägigen Gruppen in den sozialen Medien mobilisiert. Auf die besagte Örtlichkeit in Wemding wurde in der Vergangenheit bereits häufiger von Seiten der Reichsbürgerszene als Veranstaltungsort zurückgegriffen. Dem „3. Zukunftskongress Deutschland“ vorangegangen waren die ersten beiden Kongresse in Thüringen. Mit 71 Teilnehmerinnen und Teilnehmern unterschritt man allerdings die Marke der Vorgängerveranstaltung deutlich.
Der „Zukunftskongress Deutschland“ ist eines der größten Treffen bzw. Seminare im Phänomenbereich Reichsbürger und Selbstverwalter. Bei solchen Veranstaltungen kommt es zur Vernetzung von Szeneangehörigen untereinander. Zudem dienen diese und ähnlich gelagerte Veranstaltungen auch immer der (An-)Werbung neuer Mitglieder für die Reichsbürgerbewegung. Durch reichsbürgertypische Inhalte der einzelnen Vorträge sollen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch ideologisch an die Reichsbürgerszene angebunden werden.
Veranstaltungen dieser Art werden in der Regel nicht von zusammenhängenden Reichsbürgergruppierungen organisiert, sondern entstehen über die Tätigkeit von herausgehobenen Einzelpersonen, die sich oftmals über die Organisation von entsprechenden Veranstaltungen profilieren und das Ziel verfolgen, mehr Popularität innerhalb der Szene zu gewinnen. Nicht zuletzt muss auch angenommen werden, dass über die Durchführung solcher Veranstaltungen auch monetäre Ziele verfolgt werden.
Aktionen der rechtsextremistischen Szene zum Volkstrauertag am 18. November
Das alljährlich von der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ (III. Weg) organisierte Heldengedenken in Wunsiedel fand in diesem Jahr nicht statt. Stattdessen führten Aktivisten der Partei am 18. November 2023 bundesweit regionale Aktionen zum „Heldengedenken“ durch. Im Rahmen dieser Aktionen wurden ideologisch aufgeladene Ansprachen zum Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege gehalten, Gedenkzeremonien mit Fackeln durchgeführt sowie Kerzen und Grablichter gezündet.
Unter dem Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ führte der III. Weg am 18. November 2023 auch an mehreren Orten in Bayern Gedenkveranstaltungen durch. In Ostbayern versammelten sich Aktivisten unter anderem an Kriegerdenkmälern in Furth im Wald und in Hofkirchen und hinterließen Kerzen und Blumenkränze. Ferner wurden am 18. November 2023, wie schon in den vorherigen Jahren geschehen, Devotionalien an einigen Kriegerdenkmälern im Regierungsbezirk Schwaben abgelegt.
Aktivisten und Sympathisanten der Jungen Alternative Bayern versuchten am Volkstrauertag und im Nachgang zur offiziellen staatlichen Gedenkveranstaltung, am Kriegerdenkmal im Hofgarten in München einen Kranz niederzulegen.
Die Aktionen zeigen, dass das Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege, verbrämt als sogenanntes „Heldengedenken“, für Rechtsextremisten unterschiedlichster Ausrichtung weiterhin von Bedeutung ist, auch wenn große öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen dieses Jahr nicht festzustellen waren.
Bundesweite Durchsuchungsaktion u.a. auch in Oberbayern in der Reichsbürger-Szene
Unter Führung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden am 23. November 2023 20 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet u. a. wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung durchsucht. Darunter befand sich auch je ein Objekt in Kempten und Rosenheim.
Den Beschuldigten wird u. a. vorgeworfen, versucht zu haben, durch die gezielte (massenhafte) Kontaktaufnahme mit Behörden deren Kommunikationswege zu blockieren und damit rechtswidrig Einfluss auf deren Entscheidungen zu nehmen. Übergeordnetes Ziel der handelnden Personen war es, die Bundesrepublik Deutschland sowie ihre staatlichen Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln durch die beschriebene Vorgehensweise zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Die Gesprächspartner wurden beispielsweise mit Reichsbürgerthesen konfrontiert, der Begehung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen bezichtigt, beleidigt und teilweise mit dem Tode bedroht.
Weitere Informationen hierzu finden sich in der gemeinsamen Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord.
Beteiligung der Jungen Alternative und der Identitären Bewegung an einer Demonstraiton in Holzheim
Am 9. Dezember 2023 fand in Holzheim (Lkr. Dillingen) eine nicht-extremistische Demonstration gegen die geplante Unterbringung von Asylsuchenden statt. An der Versammlung beteiligten sich circa 150 Personen, darunter zahlreiche Angehörige der Identitären Bewegung (IB) Schwaben und der Jungen Alternative (JA) Schwaben. Diese waren teilweise weit über 100 Kilometer angereist. Die Mitglieder der beiden Gruppierungen zeigten unter anderem ein Banner mit der Aufschrift „Für Holzheim – Gegen das Asylheim“. Während der Auftaktkundgebung, die als offenes Mikrofon gestaltet wurde, richtete sich auch eine langjährige Führungsfigur der IB Schwaben aus Stuttgart an die Teilnehmenden.
Bereits im Vorfeld der Versammlung wurde in den einschlägigen Kanälen der IB und der JA gemeinsam für die Teilnahme mobilisiert. Für die IB wie auch für die JA ist die Agitation gegen die Unterbringung von Asylsuchenden in Deutschland ein Kernthema. Bereits am 9. Februar 2023 hatte die IB Schwaben in der Gemeinde Peutenhausen (Oberbayern) eine Aktion gegen eine Asylbewerberunterkunft durchgeführt.
Neben der gemeinsamen Beteiligung von JA- und IB-Angehörigen an dem lokalen Demonstrationsgeschehen ist insbesondere die offene gemeinsame Bewerbung der Teilnahme bemerkenswert. Auf den dafür genutzten Flyern ist sowohl das Logo der IB-Gruppierung Reconquista 21 (R21) als auch das Logo der JA Nordschwaben abgebildet. R21 war bis vor Kurzem unter der Bezeichnung „Wackre Schwaben“ aktiv. Die Namensänderung spiegelt durch die Verwendung des Begriffs „Reconquista“, welcher von der IB europaweit verbreitet wird, die Absicht wider, auf nationaler und internationaler Ebene einen höheren Widererkennungswert als Teil der IB zu erreichen. Zudem scheint man durch die Streichung der Bezugnahme auf Schwaben den eigenen Wirkungskreis ausweiten zu wollen. Obwohl die IB und die JA im Raum Schwaben traditionell eng verbunden sind, ist eine derart offene Kooperation ein Novum.
Aktion der Identitären Bewegung „Kasperle gegen Rechts“ in Augsburg
Am 3. Februar 2024 führte die Regionalgruppe der Identitäre Bewegung (IB) „Reconquista21“ eine Aktion unter dem Motto „Kasperle für Rechts“ in Augsburg durch. Die Aktion fand auf dem Augsburger Rathausplatz statt, auf dem gleichzeitig eine Großkundgebung mit dem Motto „Gemeinsam gegen Rechts – Für Demokratie und Vielfalt“ abgehalten wurde. Auf dem mitgebrachten ausklappbaren Holzaufsteller (mit einer ungefähren Größe von 2 Meter x 4 Meter) war „Kasperle gegen Rechts“ zu lesen. Im ausgeklappten Teil stand „Remigration heißt: Heimat, Sicherheit, Wohlstand“.
Die Aktion fügt sich aufgrund der Aufmachung in das bekannte Vorgehen der IB ein, obgleich Großveranstaltungen für Aktionen in der Vergangenheit nur selten genutzt wurden. Durch das zunächst der Kundgebung entsprechende Auftreten gelang es, in die anwesende Menschenmenge zu gelangen und mit der Aktion für ein großes Publikum sichtbar zu sein.
AfD-Veranstaltung in Meitingen mit Vernetzungsaktivitäten im Raum Schwaben
Am 3. August 2024 fand in der Gemeindehalle in Meitingen eine Veranstaltung des AfD-Ortsverbands Meitingen und Umgebung statt. Insgesamt nahmen an der Veranstaltung etwa 240 Personen teil. Im Nachgang konnten zu der Veranstaltung zahlreiche Beiträge und Bilder in diversen sozialen Netzwerken festgestellt werden.
Ausweislich der veröffentlichten Beiträge nahmen an der Veranstaltung zahlreiche Mitglieder der Jungen Alternative (JA) Bayern sowie weitere Akteure des rechtsextremistischen Vorfelds der Partei teil. Insbesondere konnten mehrere Aktivisten und Führungsfiguren der Regionalgruppierungen der Identitären Bewegung (IB) Reconquista 21 und Lederhosenrevolte festgestellt werden, welche vereinzelt blaue T-Shirts mit der Aufschrift „Identitäre Bewegung“ trugen und damit offen erkennbar als Mitglieder der IB auftraten. Überdies begrüßte die Vorsitzende des Ortsverbands im Rahmen ihres veröffentlichten Redebeitrags ausdrücklich „alle Mitglieder der Jungen Alternative“ und bedankte sich bei dem „patriotischen Vorfeld“ für die Teilnahme der vielen „wichtige[n] Akteure“.
Am 21. Juni 2024 veranstaltete der AfD-Ortsverband Meitingen und Umgebung seinen ersten Stammtisch in Meitingen unter der neuen Ortsvorsitzenden. Bereits an dieser Veranstaltung nahmen mehrere Aktivisten der IB teil.
Insgesamt konnten im Raum Schwaben in den vergangenen Monaten mehrere Veranstaltungen der AfD sowie der JA Nordschwaben und der JA Schwaben festgestellt werden, die auf eine deutliche Intensivierung der Kooperationsbereitschaft und der personellen Überschneidungen zwischen AfD, JA und Akteuren des rechtsextremistischen Vorfelds der Partei hindeuten. Weitere Informationen können hier nachgelesen werden.
Vortrag von Martin SELLNER in Neu-Ulm
Am 18. Oktober 2024 fand in Neu-Ulm eine Veranstaltung des österreichischen Rechtsextremisten und zugleich der Führungsfigur der Identitären Bewegung, Martin SELLNER, mit ca. 30 Teilnehmenden statt. Auf der Veranstaltung trat auch der Vorsitzende der IB Deutschland als Referent auf. Darüber hinaus nahmen auch Mitglieder regionaler Ableger der Partei Alternative für Deutschland (AfD) teil. Der Veranstaltungsort war ein ehemaliges Vereinsheim einer Rockergruppierung und wurde vorab nicht öffentlich bekannt gegeben. SELLNER kam einem durch die Städte Ulm und Neu-Ulm verhängten Aufenthaltsverbot nicht nach, weshalb die örtliche Polizei die Veranstaltung auflöste. Im Nachgang veröffentlichte SELLNER auf seinem Telegram-Kanal Videos zum Polizeieinsatz sowie seinen dort gehaltenen Vortrag mit dem Thema „Das Geheimnis unserer Kraft“. Darin referiert er unter anderem über Erfolge der Neuen Rechten und der AfD in den ostdeutschen Bundesländern. In Bayern war SELLNER zuletzt am 4. August 2024 im Rahmen seiner Lesetour in Passau in Erscheinung getreten.
Vortragsabend der Jungen Alternative Nordschwaben in Gremheim
Am 26. Oktober 2024 veranstaltete die Junge Alternative (JA) Nordschwaben gemeinsam mit Vertreterinnen und Vertretern des AfD-Ortsverbands Meitingen und Umgebung einen Vortragsabend in Gremheim, Gemeinde Schwenningen, auf dem nach eigenen Angaben vor allem die Themen „Meinungs- und Versammlungsfreiheit“ im Mittelpunkt standen. Seitens der AfD nahmen, neben der Ortsvorsitzenden des AfD-Ortsverbands Meitingen und Umgebung, ein Landtagsabgeordneter und Vorsitzender der Jungen Alternative Bayern, sowie ein stellvertretender Landesvorsitzender der AfD Bayern teil. Die Veranstaltung reihte sich in eine Serie regelmäßig stattfindender Stammtische und Vortragsabende der Jungen Alternative Nordschwaben in Gremheim unter der Teilnahme von Vertreterinnen und Vertretern der AfD, vornehmlich aus dem Raum Augsburg, und Aktivisten der IB bzw. Personen mit Bezügen zur IB ein. Veranstaltungsort war eine Lokalität, in der am 13. Juli ein sogenanntes „Patriotentreffen“ stattfand, an welchem mehrere Personen mit rechtsextremistischem Hintergrund sowie Personen mit Bezügen zur AfD teilgenommen hatten. Die regelmäßigen Veranstaltungen der JA Nordschwaben dienen insbesondere dazu, die Vernetzungen der AfD mit Akteuren des rechtextremistischen Vorfelds der Partei zu intensivieren sowie die Zusammenarbeit zwischen JA, AfD und dem rechtsextremistischen Vorfeld im Raum Schwaben zu verstetigen.
Extremistische Agitation im Internet
Auch jenseits von organisierten Strukturen verbreiten Einzelpersonen – auch aus Schwaben – verfassungsfeindliche Propaganda im Internet. Dabei werden auf den unterschiedlichsten Plattformen – beispielsweise durch Memes, Hashtags und Kommentare – extremistische Botschaften geteilt und zum Hass aufgestachelt. Die Entwicklungen im digitalen Raum werden von den Sicherheitsbehörden laufend beobachtet. In enger Abstimmung zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz werden Hassbotschaften bzw. strafrechtlich relevante Inhalte konsequent verfolgt.
Rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen setzen für ihre Propaganda digitale Medien und Formate als festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategien ein. Das Internet ermöglicht ihnen den erleichterten Zugang zu einem heterogenen Empfängerkreis, der über die engere extremistische Anhängerszene hinausreicht.
Allerdings gehen insbesondere die im Internet aktiven Personen weit über das bekannte partei- und organisationsgebundene rechtsextremistische Spektrum hinaus. Das Personenpotenzial ist daher zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen.
Rechtsextremistische Akteure nutzen das Internet, um manipulative und extremistische Inhalte zu verbreiten. Sie wollen ein Klima von Misstrauen und Hass z. B. gegenüber Geflüchteten und Andersdenkenden, aber auch gegenüber etablierten Medien, staatlichen Einrichtungen und dem demokratischen Prozess schaffen. Soziale Medien bieten diesen Einzelpersonen niedrigschwellige Möglichkeiten, in virtuellen Räumen verfassungsfeindliche Propaganda zu betreiben, sich zu vernetzen und Aktionen zu planen, die im äußersten Fall zur Begehung von schweren Straftaten in der Realwelt, wie Angriffen gegen Repräsentanten des Staates und der Politik, führen können. Daher spielt das Internet auch bei Radikalisierungsprozessen, die von einer realweltlichen rechtsextremistischen Szene losgelöst sind, eine zentrale Rolle. Hierbei ist beispielsweise in der Gaming-Szene und der sog. Attentäter-Fanszene ein gewisses Radikalisierungspotenzial erkennbar. In der Gaming-Szene werden z. B. mittels eigens entwickelter Szene-Spiele rechtsextremistische Botschaften verbreitet. Bei der Attentäter-Fanszene handelt es sich um eine digitale Subkultur, die Amoktäter sowie ideologisch unterschiedlich motivierte Attentäter verehrt. Eine Anbindung an realweltliche rechtsextremistische Strukturen existiert in der Regel nicht.
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Extremistische Agitation durch Musikveranstaltungen
Rechtsextremistische Musik ist ein wesentliches Eintrittstor in die rechtsextremistische Szene.
So nutzen Szeneangehörige Musik, um Jugendliche mit rechtsextremistischem Gedankengut in Kontakt zu bringen. Oft wird weiterhin verkürzt von „Rechtsrock“ gesprochen, obwohl das Angebot an rechtsextremistischer Musik längst zahlreiche unterschiedliche Stile und Zielrichtungen umfasst, die von Skinheadmusik und Balladen über Vikingrock, Black Metal, Hatecore und Neofolk bis hin zu Rap und Techno reichen. Die Texte enthalten nationalistisches, fremdenfeindliches, antisemitisches und antidemokratisches Gedankengut.
Rechtsextremistische Musikveranstaltungen (Konzerte und Liederabende) im In- und Ausland ermöglichen es Szeneangehörigen zudem, neue Kontakte aufzubauen, sich szeneintern zu vernetzen oder Einkünfte zu generieren.
Im Bundesgebiet fanden seit 2019 keine Musikgroßveranstaltungen mehr statt. Als allgemeiner Trend lassen sich kleinere Veranstaltungen und Musikveranstaltungen im europäischen Ausland feststellen. Auch in Bayern überwiegt die Zahl der Musikveranstaltungen, die in kleinem Kreis und privaten Rahmen oft konspirativ durchgeführt werden.
Im März 2023 organisierte die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) eine interne Veranstaltung, bei der Live-Musik gespielt wurde. Eine weitere Musikveranstaltung soll im Juli in Südbayern stattgefunden haben.
Das strikte Vorgehen der bayerischen Sicherheitsbehörden führte bereits wiederholt dazu, dass Musikveranstaltungen in Bayern nicht stattfanden.
In Schwaben wurden im Jahr 2023 keine rechtsextremistischen Musikveranstaltungen bekannt.
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Parteien und andere rechtsextremistische Strukturen in Schwaben
Der Verfassungsschutz unterscheidet rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien:
- Parteien
- Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen
In diese Kategorie fallen alle Gruppen und Organisationen, welche einen gewissen Bindungs- und Organisationsgrad erkennen lassen. Hierzu zählen organisierte neonazistische Gruppierungen, rechtsextremistische Bands, kommunale Wählervereinigungen, Verlage und Vertriebsnetze, Bürgerinitiativen Vereine, kameradschaftliche Stammtischrunden und Gesprächszirkel. Vor allem finden sich hier organisierte Neonazis und die Identitäre Bewegung (IB).
- Weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial
Zu dieser Kategorie zählen organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten (Skinheads), rechtsextremistische Einzelpersonen und Internetaktivisten.
In Schwaben gibt es auch organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten sowie rechtsextremistische Einzelpersonen, die sich anlassbezogen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder privaten Treffen, zusammenfinden.
Der Dritte Weg (III. Weg)
Die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) verfügt in Deutschland über 700 Mitglieder, davon 155 in Bayern.
Die Partei vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus. Zahlreiche Mitglieder, Fördermitglieder und mit der Partei Sympathisierende stammen aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS).
Ausführliche Hintergrundinformationen zur Partei finden sie hier.
Die Parteistützpunkte des neonazistischen III. Weg berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten auf der Webseite der Partei. So werden bundesweite Kampagnen der Partei durch die einzelnen Parteigliederungen regional oder lokal durch eigene Aktionen umgesetzt, über die dann im Anschluss auf der Parteiseite berichtet wird.
Des Weiteren betreibt die Partei unter der Bezeichnung „Revolution auf Sendung“ ein Internetradioformat. Die Sendungen werden unregelmäßig auf der Webseite der Partei eingestellt und beinhalten Interviews, Musikbeiträge und Nachrichten der Partei. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um rechtsextremistische Aktivisten.
Da sich der III. Weg nicht nur als reine Partei, sondern ebenso als „Nationale Bewegung“ versteht, sollen durch regelmäßige Freizeitaktivitäten – wie etwa sportliche Aktivitäten, Wanderungen, Vorträge und Rechtsschulungen – Mitglieder, Sympathisanten und deren Familien eng an Partei und Stützpunkt gebunden werden.
Informationen über Aktivitäten des III. Weg in Schwaben können unter „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
Bis 2019 gliederte sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, Mitte und West. Am 28. September 2019 beschloss der III. Weg auf seinem Bundesparteitag eine Änderung seiner Satzung. Diese zielte auf eine Umstrukturierung der Gebietsverbände in Landesverbände ab.
Die Gründung des Landesverbands Bayern, der den bisherigen Gebietsverband Süd ersetzte, erfolgte am 25. Juli 2020.
Kreisverbände sind die kleinsten selbstständigen Einheiten der Partei.
Die Satzung ermöglicht es, in Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, sogenannte „Stützpunkte“ einzurichten. Zum Jahresende 2023 sind auf der Parteiwebseite 24 Stützpunkte genannt, davon 5 in Bayern. In Bayern befinden sich die 5 Parteistützpunkte „Mainfranken“, „Oberfranken“, „Nürnberg/Fürth“, „Ostbayern“ und „München/Oberbayern“.
Der Stützpunkt München/Oberbayern besteht seit 2014 und ist auch im bayerischen Allgäu aktiv. Am 6. April 2023 informierte der Stützpunkt München/Oberbayern auf der Parteiwebseite unter der Überschrift „Zigeuner-Clan in Olching: Asylflut stoppen!“ über eine Flugblattverteilung. Unter Verwendung antiziganistischer Stereotype wurde behauptet, dass „Zigeunerclans“ nicht bloß betteln, sondern auch Diebstähle begehen würden.
Im Januar 2023 kam es durch Aktivisten des III. Weg in Ober- und Unterfranken vermehrt zu Aktionen rund um das Thema „Anti-Asyl“. In diesem Zusammenhang erfolgte erneut eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen Kollektiv Zukunft schaffen – Heimat schützen (KZSHS).
Grundsätzlich ist der Internetauftritt jedes Stützpunkts mit der Parteiwebseite verlinkt, auf der regelmäßig regionale Berichte von Aktionen, wie beispielsweise Flyerverteilaktionen eingestellt werden.
Die Partei eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ihr erstes Partei- und Bürgerbüro in Bayern mit einem sog. „Bürgerfest“. Im Nachgang zu dieser Eröffnung kam es auch zur Gründung des Stützpunkts Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg.
Das Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt ist die 4. offizielle Anlaufstelle der Partei im Bundesgebiet und wird als Treff- und Versammlungsort für Rechtsextremisten genutzt.
Nach wie vor laufen Bestrebungen u. a. verschiedener Akteure der Zivilgesellschaft, um den Vermieter des Partei- und Bürgerbüros dazu zu bewegen, den bestehenden Mietvertrag nicht zu verlängern. Die Räumlichkeit wird seitens der Partei vorwiegend zur Durchführung interner Veranstaltungen genutzt. Die seitens der Verantwortlichen erhoffte Etablierung der Partei und der Anschluss an das bürgerliche Lager durch die Schaffung einer Anlaufstelle hat nach Sachlage nicht stattgefunden.
Die Heimat (vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)
Die Partei Die Heimat (vormals NPD) verfügt deutschlandweit über 3.000 Mitglieder und Fördermitglieder, davon 430 in Bayern (Stand 2023).
Die Partei wird als rechtsextremistisch bewertet. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte mit Urteil vom 17. Januar 2017 die Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele seitens der NPD. Das Gericht entschied jedoch gegen ein Verbot der Partei wegen fehlender Anhaltspunkte für Fähigkeit, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
Auf einem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 nannte sich die NPD in Die Heimat um.
Wie die meisten rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien ist auch Die Heimat im Internet aktiv und kann daher nicht nur durch Aktionen vor Ort, sondern ebenso online, u. a. durch Streaming-Angebote, ihre Ideologie auch in Schwaben verbreiten.
Die programmatischen Grundlagen der Partei Die Heimat beinhalten das NPD-Parteiprogramm „Arbeit – Familie – Vaterland“, das der damalige NPD-Bundesparteitag bereits im Juni 2010 in Bamberg beschlossen hatte. Die Landesverbände der Partei Die Heimat wurden zudem dazu aufgefordert, ihre bisherigen NPD-Landessatzungen bis spätestens 31. Dezember 2023 an die am 3. Juni beschlossenen Satzung der Partei anzupassen. Als eine der Partei zugehörige Vereinigung nennt die Satzung die Jungen Nationalisten (JN). Die JN waren bislang als Jugendorganisation der NPD bekannt.
In Bayern besteht ein Die Heimat-Landesverband mit einem Vorsitzenden, zwei stellvertretenden Landesvorsitzenden, einem Schatzmeister und fünf Beisitzern. Die personelle Zusammensetzung des bayerischen Die Heimat-Landesvorstands ist weitgehend mit dem damaligen bayerischen NPD-Landesvorstand identisch.
Am 21. Januar 2023 fand in Ansbach eine sich fortbewegende Kundgebung zu den Themen „Frieden, Freiheit und Russland-Sanktionen“ statt. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch der bayerische NPD-Landesvorsitzende und bis zu sieben weitere Personen, die bereits zwei Transparente mit dem neuen Parteilabel „Heimat!“ zeigten. Im Juni und Juli 2023 beteiligten sich Die Heimat-Mitglieder mit Transparenten an drei Kundgebungen in Ansbach.
In Aschaffenburg nahmen Die Heimat-Mitglieder aus Bayern und Hessen am 29. Mai und am 20. August 2023 an Kundgebungen einer Bürgerinitiative teil und zeigten dort Transparente mit der Aufschrift „Weg mit der Regierung!“ sowie „Volksfeinde anklagen – Politikerhaftung umsetzen“ und dem „DS“-Symbol der Zeitschrift „Deutsche Stimme“. An einer Kundgebung am 3. Oktober 2023 beteiligten sich erneut die Die Heimat-Aktivisten, darunter ein stellvertretender Bundesvorsitzender.
Am 12. September 2023 gab Die Heimat Bayern den Start einer Flugblattkampagne unter dem Motto „Deutschland braucht deutsche Kinder, keine FLÜCHTLINGE“ in Nürnberg bekannt.
Insgesamt ist festzustellen, dass die parteigebundene rechtsextremistische Szene seit Längerem stagniert. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die Partei mit ihrer Umbenennung in Die Heimat die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien.
Öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten der Partei in Bayern beschränken sich gegenwärtig auf Mittel- und Unterfranken. Es bestehen Facebook-Profile von Die Heimat für das Bundesland Bayern und die räumlichen Bereiche Ansbach, Franken sowie Untermain.
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Anfang Januar 2024 wurde bekannt, dass es von der Partei „Die Heimat“ eine neue Abspaltung gibt, die Partei „Nationaldemokratische Partei Deutschlands“ (NPD (2023)) mit Sitz in Hamburg. Auf der Internetseite www.npd-voran.de werden für Bayern Strukturen der NPD (2023) in Kronach und München genannt. Weitere Informationen zur Partei NPD (2023) können hier nachgelesen werden.
Junge Alternative für Deutschland Bayern (JA Bayern)
Die JA ist gemäß § 17a der Bundessatzung der Alternative für Deutschland (AfD) die offizielle Jugendorganisation der Partei. Die JA wurde im Juni 2013 gegründet und ist als eigenständiger Verein mit Sitz in Berlin konstituiert.
Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem Verwaltungsstreitverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Entscheidung vom 8. März 2022 die Zulässigkeit der Beobachtung der JA sowie die Berichterstattung durch das BfV bestätigt. Gegen diese Entscheidung legte die AfD Berufung beim Oberverwaltungsgericht Münster (OVG Münster) ein.
Das OVG Münster entschied im Mai 2024, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die AfD und JA als Verdachtsfall beobachten darf. Mit Urteil vom 13.05.2024 durch das OVG wurde die Berufung der AfD und der JA gegen die Urteile vom 8. März 2022 somit zurückgewiesen.
Bundesweit sind für die JA rund 2.000 Anhänger zu verzeichnen, in Bayern werden der Gruppierung etwa 350 Personen zugerechnet. Sitz der JA in Bayern ist laut Angaben auf der Homepage Greding.
Am 14. Und 15. Januar 2023 wählte der Landeskongress der „JA Bayern“ einen neuen Landesvorstand. Der neue bayerische JA-Landesvorsitzende ist auch Beisitzer im bayerischen AfD-Landesvorstand. Einzelne dem bayerischen JA-Landesvorstand angehörende Personen sind im Zusammenhang mit Bezügen zur rechtsextremistischen „Identitären Bewegung“ (IB) bekannt geworden.
Die Zusammensetzung des neuen bayerischen JA-Landesvorstandes wie auch Aktionen der „JA Bayern“ zeigen eine Entwicklung, die mit dem 11. Bundeskongress der JA am 15. Und 16. Oktober 2022 in Apolda (Thüringen) begonnen hat. Dort zeichnete sich eine engere und offenere Zusammenarbeit zwischen JA und IB ab.
Entsprechende Informationen zu Aktionen in Schwaben können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden. Am 07.04.2023 fand ein Karfreitags-Gedenkmarsch der JA Schwaben bei Mindelheim statt, um gefallenen Soldaten zu gedenken.
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Identitäre Bewegung (IB)
Die ursprünglich aus Frankreich stammende und inzwischen europaweit agierende Identitäre Bewegung (IB) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der eine mitunter subtile, auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs abzielende Beeinflussungsstrategie verfolgt.
Kennzeichnend für den Aktionismus der IB sind öffentliche Stör- und Transparentaktionen, die sie im Rahmen von Social-Media-Kampagnen inszenieren und verbreiten.
Die hierarchische Struktur der IB in Bayern, die sich zunächst nach vermeintlichen „Volksgrenzen“ gliederte, wurde mittlerweile zugunsten autonomer Gruppen aufgelöst. Hintergrund dieser Entwicklung ist eine Mitte 2021 initiierte Neuausrichtung der IB. Der Aufbau voneinander augenscheinlich unabhängiger Gruppierungen dient dazu, die IB langfristig flexibler zu gestalten, sowie vor staatlichen Maßnahmen, aber auch vor Repression und „Outings“ politischer Gegner zu schützen. Aus diesen Gründen wird auch weitestgehend auf die bekannte IB-Symbolik, wie beispielsweise das gelbe Lambda auf schwarzem Grund, verzichtet.
Derzeit sind in Bayern die der IB zuzurechnenden Gruppierungen „Reconquista21“ (vormals „Wackre Schwaben“) und „Lederhosen Revolte“ aktiv.
Öffentlichkeitswirksame Aktionen der IB in Bayern konzentrieren sich seit Jahresbeginn vor allem auf den Themenkomplex „Asyl und Migration“, der auch in der öffentlichen Debatte stark an Relevanz gewonnen hat.
Informationen zu Aktionen in Schwaben können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
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REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene als sicherheitsgefährdende Bestrebung. In kleinen Teilen der Szene finden sich auch ideologische Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus; insbesondere dort, wo sich Versatzstücke nationalsozialistischer, antisemitischer und revisionistischer Denkmuster wiederfinden.
Zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene in Bayern zählen u. a. folgende Gruppierungen:
Vaterländischer Hilfsdienst (VHD), Königreich Deutschland (KRD), Indigenes Volk Germaniten (IVG) und die seit dem 19. März 2020 verbotene Gruppierung Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt).
Auch in Schwaben sind vereinzelt Aktivitäten dieser Gruppierungen bekannt geworden.
In Bayern liegen zu rund 5359 Personen belastbare Hinweise bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene vor. In Schwaben beläuft sich die Zahl mit Stand 09/2024 auf 687 Personen (PP Schwaben Nord: 339, PP Schwaben Süd/West: 348).
In Bayern sind Angehörige der Szene in den Regierungsbezirken Unterfranken, Mittelfranken und Oberbayern überdurchschnittlich vertreten. Eine eindeutige Zuordnung von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene zur rechtsextremistischen Szene ist bislang nur in wenigen Fällen belegbar. Die Zahl der Reichsbürger in Bayern, die auch in rechtsextremistischen Zusammenhängen bekannt geworden sind, beläuft sich auf ca. 140 Personen.
Reichsbürger bewegen sich in einem für sie geschlossenen Weltbild. Der Glaube daran, dass deutsche Gesetze für sie keine Gültigkeit hätten, führt dazu, dass staatliche Maßnahmen als unrechtmäßig empfunden werden. Gewalttaten richten sich daher in aller Regel gegen staatliche Maßnahmen beziehungsweise gegen Vertreter des Staates. Solche Gewalttaten werden innerhalb der Szene in der Regel als Notwehr gegen den Staat gedeutet. Gewalttäter erfahren dementsprechend nach einschlägigen Vorfällen solidarisierenden Zuspruch. Bei Einzelpersonen, die ideologisch besonders gefestigt erscheinen, ist eine Häufung politisch motivierter Straftaten feststellbar, insbesondere Beleidigungs- und Nötigungsdelikte, in Einzelfällen auch Erpressungsdelikte. Darüber hinaus wurden innerhalb der Szene vermehrt reichsbürgertypische Musterschreiben verbreitet, die häufig als Reaktion auf Bußgeldbescheide an öffentliche Stellen adressiert werden. Diese erfüllen u. a. aufgrund der enthaltenen Schadensersatzforderungen die Straftatbestände der Erpressung, Nötigung und Bedrohung.
Im Jahr 2023 konzentrierten sich die Aktivitäten der Szene wieder vermehrt auf die Durchführung von Seminar- und Vortragsveranstaltungen sowie auf gemeinschaftliche Aktivitäten mit dem Ziel, die eigene Ideologie zu verbreiten und die Vernetzung innerhalb der Szene voranzutreiben. In den Vorträgen und Seminaren geht es u.a. um reichsbürgertypische Problemstellungen, z. B. die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die eigenen Kinder dem staatlichen Schulsystem zu entziehen. Bereits in der Vergangenheit hatten Szeneangehörige damit begonnen, vereinzelt sog. „alternativ Schulen“ zu gründen.
Auch zeigt eine Vielzahl von Sachverhalten die hohe Waffenaffinität bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene. Sie besitzen zum einen häufig erlaubnisfreie Waffen, die sie zur vermeintlichen Selbstverteidigung und zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen könnten. Zum anderen werden oft nicht nur legale, (noch) im Besitz befindliche Waffen festgestellt, sondern auch illegale Waffen bis hin zu ganzen Waffenarsenalen. Daher ist es erforderlich, den Waffenbesitz innerhalb der Szene weiterhin konsequent aufzudecken und zu unterbinden, aber auch den Besitz erlaubnisfreier Waffen im Blick zu behalten. Zur Eindämmung des Gefährdungspotenzials durch den Waffenbesitz von Reichsbürgern werden regelmäßig und systematisch waffenrechtliche Erlaubnisse überprüft und, wo möglich, entzogen. Jede waffenrechtliche Erlaubnis setzt eine waffenrechtliche Zuverlässigkeit voraus. Diese ist bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene aber regelmäßig zu verneinen, da die Nichtanerkennung des Staates und seiner Gesetze ein Kernbestandteil der Ideologie ist.
Straftaten von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene werden seit dem Jahr 2017 gesondert erfasst.
In 2023 wurden insgesamt 306 (Vorjahr: 699) extremistische Straftaten gezählt, darunter 73 Gewaltdelikte (Vorjahr: 197). Den Schwerpunkt bei den Gewaltdelikten bildeten mit 59 Taten erneut die Erpressungsdelikte (Vorjahr: 185). Die Zahl der Widerstandsdelikte sank auf 7 Taten. Mit 146 Taten stellten Nötigungs- und Bedrohungsdelikte erneut den Schwerpunkt der sonstigen 233 Straftaten dar (Vorjahr: 385). Einzelne Personen sind u. a. wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung sowie verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Staatsorganen aufgefallen.
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VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
Bestrebungen, die basierend auf einem von Verschwörungstheorien geprägten Staats- und Elitenhass in demokratiefeindlicher Weise darauf abzielen, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, ohne dabei die Wesensmerkmale extremistischer Bestrebungen eines anderen Phänomenbereichs, wie etwa des Rechtsextremismus, aufzuweisen, werden dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zugerechnet. Hierzu zählen auch Bestrebungen, die sich durch eine agitatorische Verächtlichmachung des Staates gegen das Demokratieprinzip richten, die durch ihre Demokratiefeindlichkeit angetrieben zu extremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten aufrufen oder sich unter Verkennung der Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz zugrundeliegenden Voraussetzungen auf ein vermeintliches Widerstandsrecht berufen und sich dabei gegen das Rechtsstaatsprinzip stellen.
Das Personenpotenzial im Phänomenbereich verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates liegt in Bayern derzeit im mittleren zweistelligen Bereich.
Personen, die in ihrem Aktivismus gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen nachdrücklich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt haben, führten diesen Aktivismus in den meisten Fällen auch im Jahr 2023 fort. Angetrieben durch den Glauben an diffuse Verschwörungstheorien versuchen sie auch in ihrem Umfeld einen Vertrauensverlust in den demokratischen Verfassungsstaat und dessen Repräsentanten herbeizuführen.
Mit dem Rückgang der realweltlichen Veranstaltungen und Aktivitäten der in ihrer Gesamtheit nicht extremistischen Corona-Protestszene verlagerte sich die Agitation der Delegitimierer-szene 2023 zunehmend in den virtuellen Raum. Dieser wurde mit seinen Echokammern und der Möglichkeit sich zu vernetzen für Viele zu einem Rückzugsort. Innerhalb der zumeist themen- oder anlassgebundenen Kanäle und Gruppen treffen Angehörige des Phänomenbereiches auch auf Personen, die zuvor noch nicht mit verfassungsschutzrelevanten Bestrebungen in Kontakt gekommen sind. So werden Hass, Hetze und Gewaltfantasien innerhalb der sozialen Medien verbreitet und können somit bei den jeweiligen Chatteilnehmern ein Klima der Unzufriedenheit und Angst erzeugen. Nicht selten kommt es dabei, angeheizt durch unmoderierte Chatverläufe, zu Radikalisierungsverläufen.
Aussagen von Szeneangehörigen richten sich zum Teil auch gegen die körperliche Unversehrtheit von Politikerinnen und Politikern. In zahlreichen Fällen wurde öffentlich konkret dazu aufgerufen, Straftaten zu begehen.
Es lassen sich in Bayern – und damit auch in Schwaben – derzeit keine festen Strukturen ausmachen. Feststellbar sind Vernetzungsbestrebungen vor allem im virtuellen Raum, dort überwiegend auf Kommunikationsplattformen wie Telegram.
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VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Menschen muslimischen Glaubens die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für den Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft.
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LINKSEXTREMISMUS
Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Schwaben Nord und Süd/West zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26).
Sicherheitsbericht 2023 – Polizeipräsidium Schwaben Nord
Im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität -links- wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Schwaben Nord insgesamt 19 Straftaten registriert. Im Vorjahresvergleich (15 Delikte) war ein Anstieg der Fallzahlen um 4 Straftaten bzw. 26,7 % zu verzeichnen.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Schwaben Nord kann hier nachgelesen werden.
Jahresbericht 2023 – Polizeipräsidium Schwaben Süd/West
Das Niveau der Delikte der Politisch motivierten Kriminalität -links- bleibt auf dem des Vorjahres. Die Zahl der Vorgänge ist identisch und betrug in beiden Jahren 19 Fälle. Damit entfallen rund 3,7 % der Gesamtzahl aller PMK-Delikte auf linksmotivierte Straftaten. Gewaltdelikte konnten keine verzeichnet werden.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West kann hier nachgelesen werden.
Linksextremismus in Schwaben
Ziel der linksextremistischen Szene ist es, die durch das Grundgesetz vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und – je nach ideologisch-politischer Orientierung – durch eine sozialistische, kommunistische oder eine „herrschaftsfreie“ Gesellschaft zu ersetzen. Die linksextremistischen Vorstellungen richten sich insbesondere gegen durch das Grundgesetz garantierte Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip und den Pluralismus.
Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wird als „kapitalistisches System“ und als Wurzel des Faschismus diffamiert und soll abgeschafft werden. In der linksextremistischen Szene bilden Autonome den weitaus größten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials.
Autonome haben zwar keine einheitliche Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen. Neben Sachbeschädigungen wenden Autonome auch Gewalt gegen Personen – vor allem gegen tatsächliche oder vermeintliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene und Polizeikräfte – an, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Die Szene besetzt dabei auch Themen, die an sich nicht extremistisch sind. Ihr Ziel ist es dabei aber in erster Linie, ihre linksextremistischen politischen Positionen zu verbreiten. Hierzu werden vor allem aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen wie Klima- und Umweltschutz oder Migration aufgegriffen. Aus ihrem antiimperialistischen Weltbild entwickelt sich bei Angehörigen der linksextremistischen Szene häufig auch ein Antizionismus – die Ablehnung des Staates Israel und dessen Innen- und Außenpolitik.
So werden seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland thematisiert und der Kontakt zu bürgerlich-demokratischen Organisationen gesucht, um die Akzeptanz der eigenen antidemokratischen Standpunkte zu erhöhen.
Die derzeit existierenden linksextremistischen Gruppen bilden daher zu einer Vielzahl von Themen (z. B. Antifaschismus, Klima, Feminismus, Flüchtlingshilfe) Untergruppierungen, die sich in den sozialen Medien präsentieren und für ihre jeweiligen Anliegen werben. Vordergründig handelt es sich dabei um unabhängig voneinander agierende Gruppen, die aber im Hintergrund von einem kleinen linksextremistischen Aktivistenstamm bzw. entsprechenden Kerngruppen angeleitet werden. Aktuell zeichnet sich die linksextremistische autonome Szene durch folgende Aspekte aus:
- unverbindliche Strukturen mit niedrigschwelligen Angeboten
- geringer ideologischer Anspruch
- Fokussierung auf spezifische Themenfelder
- kurzfristige Bildung neuer Gruppen
- kleinteilige Gruppen mit häufig wechselnden Persone
- informelle Hierarchien gepaart mit der Möglichkeit für neue Interessierte, sich schnell einzubringen
- Aktions- und Erlebnisorientierung
- starke Präsenz in den sozialen Medien
- Vernetzung mit anderen gleichgesinnten Gruppen.
Aktuell engagieren sich auch einige lokale linksextremistische Gruppen in Bayern verstärkt im Bereich Klima- und Umweltschutz. Bei der linksextremistischen Klimaschutzkampagne „Ende Gelände“ nehmen Szeneangehörige eine tragende Rolle ein.
In Bayern unterhält die linksextremistisch beeinflusste Klimakampagne „Ende Gelände“ Ortsgruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg. Die Kampagne setzt sich aus verschiedenen Organisationen des demokratischen sowie des linksextremistischen Spektrums zusammen. Ein maßgeblicher Akteur des Bündnisses ist die Gruppierung Interventionistische Linke (IL). Sie übernimmt innerhalb der Kampagne eine strategisch führende Position und fungiert als koordinierendes sowie aktionsinitiierendes Bindeglied zwischen demokratischen und linksextremistischen Organisationen.
Angehörige der linksextremistischen Szene verüben immer häufiger konspirativ geplante Straftaten wie Brandanschläge, zu denen im Nachgang auf einschlägigen Internetportalen anonyme Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlich werden. Anschlagsziele sind vor allem Unternehmen der Rüstungsindustrie und die Deutsche Bahn AG, die ihm Rahmen linksextremistischer „Anti-Militarismus“-Kampagnen im Fokus gewaltbereiter Szeneakteure stehen.
Linksextremistische Agitation und Übergriffe richten sich vermehrt auch gegen Einzelpersonen, die z. B. aufgrund von Äußerungen, Berufszugehörigkeit oder der Teilnahme an einer Veranstaltung gezielt angegriffen werden. Auch Presseangehörige stehen im Fokus linksextremistischer Gewalttäter, ebenso wie Personen, die sich von der Szene losgesagt haben.
Auch in Augsburg hat sich ein „antikapitalistisches Klimatreffen“ gegründet. Die Gruppierung beteiligte sich etwa am 15. September an einer Demonstration für Klimaschutz und zeigte dabei Transparente mit der Forderung „System change not climate change“.
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