Situation in Oberbayern und München
Inhaltsverzeichnis
- RECHTSEXTREMISMUS
- Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Oberbayern Nord und Süd und des Polizeipräsidium München zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
- Besondere Ereignisse und Aktivitäten
- Extremistische Agitation im Internet
- Extremistische Agitation durch Musikveranstaltungen
- Parteien und andere rechtsextremistische Strukturen in Oberbayern
- Der Dritte Weg (III. Weg)
- Die Heimat (vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)
- Junge Alternative für Deutschland Bayern (JA Bayern)
- Identitäre Bewegung (IB)
- REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
- VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
- LINKSEXTREMISMUS
RECHTSEXTREMISMUS
Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Oberbayern Nord und Süd und des Polizeipräsidium München zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26).
Sicherheitsreport 2023 - Polizeipräsidium München
Im Jahr 2023 wurden 683 (Vorjahr: 582) Straftaten aus dem Phänomenbereich der Politisch motivierten Kriminalität -rechts- erfasst, eine Zunahme um 17,4 % bzw. 101 Delikte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Bei den Gewaltdelikten wurde ein Anstieg um 14 Fälle registriert. Mitursächlich für diesen Anstieg dürften u. a. die Eskalation des Nahostkonflikts sowie die Bayerische Landtagswahl gewesen sein. Von den insgesamt 603 Fällen (Vorjahr: 414) aus dem Bereich der Hasskriminalität konnten dem Phänomenbereich der PMK -rechts- 377 Fälle (Vorjahr: 339) zugerechnet werden.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums München 2023 kann hier nachgelesen werden.
Sicherheitsbilanz 2023 - Polizeipräsidium Oberbayern Nord
Das Polizeipräsidium Oberbayern Nord konnte für das Jahr 2023 für den Bereich Politisch motivierte Kriminalität insgesamt 696 Fälle verzeichnen, was einen marginalen Rückgang um 9 Fälle (1 %) im Vergleich zum Vorjahr bedeutet. Für den Bereich Politisch motivierte Kriminalität -rechts- konnten 299 Fälle verzeichnet werden, davon 7 Körperverletzungen und 8 Sachbeschädigungen. Die übrigen Straftaten betrafen hauptsächlich sog. Propagandadelikte (198 Fälle), unter die überwiegend Hakenkreuzschmierereien und z. B. Volksverhetzung (67 Fälle), fallen.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord 2023 kann hier nachgelesen werden.
Sicherheitsbericht 2023 - Polizeipräsidium Oberbayern Süd
Im Jahr 2023 wurden im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd insgesamt 657 Straftaten für den Bereich der Politisch motivierten Kriminalität erfasst (Vorjahr: 578), ein Anstieg um 79 Fälle (13,7 %) im Vergleich zum Vorjahr. Für den Bereich PMK -rechts- konnten 244 Fälle verzeichnet werden (Vorjahr: 201), davon wurden 24 Verfahren als extremistisch eingestuft (Vorjahr: 52). Betreffend Reichsbürger konnten im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd für das Jahr 2023 insgesamt 842 Fälle verzeichnet werden (Vorjahr: 867). Der Anstieg der Fallzahlen im Bereich PMK -rechts- kann mit der Bayerischen Landtagswahl 2023 und den damit verbundenen Straftaten im Rahmen von Demonstrationen und Kundgebungen sowie Sachbeschädigungen von Wahlplakaten und Beleidigungsdelikten zum Nachteil des politischen Gegners erklärt werden.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd 2023 kann hier nachgelesen werden.
Besondere Ereignisse und Aktivitäten
Präventionsarbeit an Schulen
Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) führte im 1. Halbjahr 2024 (Stand: 28.06.2024) 123 Workshops an Schulen im Regierungsbezirk Oberbayern durch. Diese Veranstaltungen finden sowohl anlassbezogen als auch anlassunabhängig statt.
Anlassbezogene Vorträge und Beratungen an Schulen erfolgen sowohl auf Anfragen von Seiten der Schulen als auch eigeninitiativ durch die BIGE, wenn diese Kenntnisse über Vorfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erhält. Beispielhaft zeigt sich dies durch:
- Zeigen des „Hitler Grußes“ oder Skandieren von „Heil Hitler“,
- Öffentliches Zeigen verbotener rechtsextremistischer Symbole wie z. B. das Hakenkreuz,
- Rechtsextremistische Schmierereien an Schulgebäuden oder am Mobiliar im Klassenzimmer,
- rassistische, herabwürdigende oder beleidigende Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern oder auch Lehrkräften
Auch im digitalen Bereich finden derartige Aktionen z. B. in Form von Postings in Klassenchats (Darstellung Adolf Hitlers, verbotener Symbole wie z. B. des Hakenkreuzes oder antisemitische Darstellungen) oder auf Social Media statt. Auch gewaltverherrlichende Posts sind zu verzeichnen.
Die BIGE steht hierbei auch in engem Kontakt sowohl mit den jeweiligen Jugendbeamten der Polizei und den Kriminalpolizeiinspektionen als auch den jeweiligen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz.
Klebeaktionen der Identitären Bewegung (IB) an Bildungseinrichtungen
Klebeaktionen der IB an Bildungseinrichtungen konnten vermehrt festgestellt werden. So wurden am späten Abend des 12. Januar 2023 durch das Sicherheitspersonal der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) zahlreiche IB-Aufkleber entdeckt. Die Aufkleber wurden im gesamten öffentlich zugänglichen Bereich der Universität angebracht und wiesen u. a. islamfeindliche Inhalte auf. Bereits am 25. November 2022 war es an der LMU zu einer vergleichbaren Aktion gekommen. Damals wurden Aufkleber mit den IB Slogans „Do bin i dahoam do braucht’s koan Islam“, „Remigration statt Integration“, „Dem Asylwahn ein Ende“ und „Love Dirndl, hate Antifa“ festgestellt.
Banneraktion der Identitären Bewegung in Peutenhausen
Am 9. Februar 2023 führte die Identitäre Bewegung (IB) eine strafrechtlich relevante Propagandaaktion vor einer Asylunterkunft in Peutenhausen (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) durch. Hierzu stoppten sechst Aktivisten den Durchgangsverkehr vor der Einrichtung und entrollten ein 10 bis 15 Meter langes Banner mit der Aufschrift „Gefährderstandort“ auf der Fahrbahn. Flankiert wurde das Transparent durch zwei aufgestellte Rauchtöpfe, aus denen roter Rauch aufstieg.
Noch vor Eintreffen der Polizei entfernten sich die Aktivisten mit zwei Fahrzeugen von der Örtlichkeit. Unter den Beteiligten befand sich auch eine Führungsperson der bayerischen IB. Die weiteren Beteiligten stammten aus der Schweiz und sind eng mit der dort ansässigen neu-rechten Gruppierung „Junge Tat“ verbunden. Die erste Veröffentlichung der Aktion fand über den Instagramkanal „wackre_schwaben“ statt, welcher der IB Schwaben zugerechnet wird. Später folgten weitere Szeneveröffentlichungen im Internet. Von Seiten der IB wurde ergänzend angekündigt, dass mit weiteren „Besuchen“ zu rechnen sei. Der Vorfall wurde auch von der regionalen Presse thematisiert.
Das Ereignis in Peutenhausen fügt sich ein in eine Reihe vergleichbarer Aktionen der IB in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich allesamt gegen Migration sowie die Unterbringung geflüchteter Menschen in entsprechenden Sammelunterkünften richten.
Am 31.08.2023 führte die Polizei in diesem Zusammenhang eine Durchsuchungsaktion in Oberbayern, Schwaben und Baden-Württemberg durch. Darüber hinaus wurden auch Objekte in drei Schweizer Kantonen durchsucht. An allen Örtlichkeiten wurde umfangreiches Beweismaterial sichergestellt. Die Presseinformationen des Polizeipräsidium Oberbayern Nord dazu können hier nachgelesen werden.
Die IB verfolgt das politische Ziel des sog. Ethnopluralismus, der Angehörigen einer bestimmten Ethnie einen geographisch festen Raum zuordnet. Mit Aktionen wie in Peutenhausen fokussiert sich die IB auf eines ihrer zentralen Themenfelder, die Forderung nach einer sogenannten „Remigration“, um den von ihr geforderten Ethnopluralismus zu realisieren. Die IB reagiert mit ihren verstärkten Aktionen gegen Flüchtlingseinrichtungen auch auf die gestiegene Bedeutung des Themas Flucht und Migration in der öffentlichen Debatte. Sie will durch ihre Aktionen möglichst breite mediale Aufmerksamkeit erlangen, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen und den öffentlichen Diskurs in ihrem Sinne zu beeinflussen.
Die IB versucht, eine Ablehnung der in den Einrichtungen untergebrachten Menschen zu befördern, indem sie sie pauschal als „Gefährder“ verunglimpft. Zugleich soll den Anwohnern suggeriert werden, dass der demokratische Rechtsstaat keine geeigneten Antworten auf die aktuelle Flüchtlingskrise besitzt. Die Ankündigung weiterer Aktionen vergleichbarer Art im Begleittext des Postings bestärkt diesen Eindruck.
Infostand mit Kundgebung der Partei Der Dritte Weg (III. Weg) in Peutenhausen
Am 15. April 2023 führte der III. Weg unter den Slogans „Die wahre Krise ist das System!“ und „Deutsches Volk erwache!“ in Peutenhausen einen Infostand mit Kundgebung durch. Die Veranstaltung wurde von der Bevölkerung nur in geringem Maße angenommen. In Peutenhausen kamen ca. 10 bis 15 Personen zusammen, wovon die überwiegende Mehrheit dem III. Weg selbst zuzurechnen war.
Seit Jahresbeginn 2023 agitiert der III. Weg in Bayern im Rahmen einer Parteikampagne gegen die Unterbringung und Aufnahme von geflüchteten Menschen. Zunächst konzentrierten sich die Aktivitäten der Kampagne auf regelmäßige Veranstaltungen im ländlichen Raum Oberfrankens. Daneben kam es im oberbayerischen Peutenhausen in den vergangenen Monaten zu mehreren Aktionen des III. Weg und der der Identitären Bewegung zuzuordnenden „Wackren Schwaben“, die dort gegen die kommunale Unterbringung von geflüchteten Menschen agitierten. Auslöser der Aktionen waren mehrere strafrechtlich relevante Vorfälle mit Geflüchteten als (mutmaßliche) Täter vor Ort. In diesem Zusammenhang fand auch die Veranstaltung des III. Weg am 15. April 2023 in Peutenhausen statt. Die Partei verfolgt insbesondere im ländlichen Raum die Strategie, systematisch eine Missstimmung gegenüber geflüchteten Personen sowie deren Unterbringung zu erzeugen bzw. anzufachen. So schreibt der III. Weg auf seiner Homepage zur Veranstaltung in Peutenhausen: „Das Dorf Peutenhausen […] hat genug von kriminellen Ausländern!“
Banneraktion der Identitären Bewegung im Alten Botanischen Garten in München
Am 17. Mai 2023 führte die der IB zuzurechnende Regionalgruppe „Lederhosen Revolte“ eine Protestaktion im Alten Botanischen Garten in München durch, mit der Flüchtlingen pauschal kriminelle Neigungen zugeschrieben werden sollten. Hierzu entrollten die Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift „MÜNCHEN VERTEIDIGEN – VERGE-WALTIGER ABSCHIEBEN“ und entzündeten Pyrotechnik. An der Aktion beteiligten sich rund zehn Personen.
Im Nachgang veröffentlichte der Instagram-Kanal „lederhosen_revolte“ mehrere Bilder sowie ein Video der Aktion. Im Video fordern die Aktivisten „sichere Grenzen“, ein „Ende der unkontrollierten Masseneinwanderung“ sowie „Remigration insbesondere kriminelle[r] Asylanten“. Die Aktivisten kündigten an, dass mit ihrem „Widerstand“ gerechnet werden müsse, bis diese Forderungen erfüllt würden.
Die Aktion in München ist Teil einer Serie vergleichbarer Banneraktionen der IB in Deutschland, Österreich und der Schweiz, die sich mit der für die Gruppierung charakteristischen Forderung nach „Remigration“ gegen Flüchtlinge und Einwanderung im Allgemeinen richten. Nach den letztjährigen Banneraktionen am Friedensengel, auf der Reichenbachbrücke, im Werksviertel und auf dem Oktoberfest handelt es sich damit um die fünfte Aktion von Münchner IB-Aktivisten seit Anfang 2022. Drei dieser Aktionen wurden durch die Gruppierung „Lederhosen Revolte“ durchgeführt.
Mit der Banneraktion in München bezieht sich die IB erneut auf den von ihr mitgeprägten Kampfbegriff „Remigration“ als eines ihrer Kernthemen, dieses Mal unter dem Vorwand, München zu „verteidigen“ und vor „Vergewaltigern“ zu schützen. Die Gruppierung verfolgt dabei die ideologischen Konzepte „Ethnopluralismus“ und „Großer Austausch“. Diese gehen von einer vorgeblich vorherrschenden „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker aus, die durch eine Masseneinwanderung kulturfremder Einwanderer bedroht sei. Die IB begründete ihre Aktion explizit mit zwei Vorfällen im Nahbereich des Alten Botanischen Gartens vom Oktober 2022 und April 2023, weshalb man nun Abschiebungen der Vergewaltiger fordere. Unter Einheimischen sei der Park bereits als „Vergewaltigungspark“ bekannt. Dass die IB Vergewaltigungen aufgreift und – ohne dass es hierfür belastbare Informationen geben muss – Asylbewerber als Täter markiert, entspricht der rechtsextremistischen Praxis, Flüchtlingen pauschal eine Kriminalitätsneigung zuzuschreiben.
Rechtsextremistische Protest-Aktion gegen Drag-Queen-Lesung in München
Derzeit ist festzustellen, dass sich die rechtsextremistische Szene gegen die öffentliche Thematisierung sexueller und geschlechtlicher Vielfalt in Stellung bringt, insbesondere im Kontext von Kindertagesstätten und Schulen. Am 13. Juni 2023 veranstaltete der AfD-Kreisverband München-Ost als Reaktion auf eine Drag-Queen-Lesung in der Münchner Stadtbibliothek Bogenhausen eine Kundgebung unter dem Motto „Hände weg von unseren Kindern! Verbot von Genderpropaganda und anderen Perversionen!" Bereits im Vorfeld der Kundgebung hatte der AfD-Kreisverband mit einem Plakat mit der Aufschrift „Hände weg von unseren Kindern! Genderpropaganda verbieten!“ für die Teilnahme an der Versammlung geworben. Angehörige der queeren Community werden mit dieser Bildsprache als potenzielle Pädophile verunglimpft. Während das Plakat in einschlägigen Kanälen der rechtsextremistischen Jungen Alternative (JA), der Jugendorganisation der AfD, und der ebenfalls rechtsextremistischen Identitären Bewegung (IB) Verbreitung fand, sorgte es in weiten Teilen des bürgerlichen Spektrums für deutliche Gegenreaktionen.
Insgesamt nahmen ca. 100 Personen an der AfD-Versammlung und etwa 500, vorwiegend aus dem bürgerlichen Spektrum, an der Gegendemonstration vor Ort teil. Während der AfD-Versammlung traten 10 Personen mit Redebeiträgen auf, darunter mehrere Mitglieder der AfD. In den Redebeiträgen wurden schwerpunktmäßig eine Rückkehr zum traditionellen Familienbild, die Beendigung der sog. „Gender-Debatte“ sowie das Verbot einer vermeintlichen „Homopropaganda“ gefordert. In diesem Zusammenhang führte der Kreisvorsitzende der AfD München-Ost und Organisator der Versammlung aus, dass es der AfD um die Verhinderung von „Frühsexualisierung“ und „Genderpropaganda“ gehe. So würde, wenn es nach der AfD ginge, die Drag-Queen-Lesung in der Bibliothek nicht stattfinden und „diese perversen Freaks würden Konsequenzen tragen“. Bis die AfD Regierungsverantwortung habe, müsse die Partei weiterhin „Aufklärungsarbeit“ betreiben und die „Interessen der Bürger auf der Straße vertreten“. Einem weiteren Redner und Parteifunktionär zufolge sei es bei der Lesung um die „Akzeptanz pädophiler Begehrlichkeiten perverser Erwachsener“ gegangen. Diese „Gender-Ideologie und pädosexuelle Verstrickungen“ reichten bis in die „höchsten Kreise“ hinauf. Ähnlich äußerte sich eine eingeladene Vertreterin des AfD-Landesverbands Brandenburg. Ihrer Ansicht nach solle der Aktivismus der LGBTQIA+-Community Pädophilie verharmlosen und es solle normalisiert werden, Geschlechtsverkehr mit Minderjährigen zu haben. Ihr zufolge handle es sich dabei um einen „künstlich geschaffenen Weg durch Perverse, unsere Kinder zu missbrauchen“. Sie forderte, dass die Gesellschaft endlich anfangen solle, „unsere Kinder vor diesen gottlosen Bestien zu schützen“.
Insgesamt betrachtet gehen die wiederholten Diffamierungen und die pauschale Verächtlichmachung von Trans-personen als „Freaks“, „Perverse“ und „Pädophile“ weit über eine bloße Kritik an individuellen Lebensmodellen hinaus und richten sich, zusammen mit der Bekundung, dass diese Personen unter der AfD „Konsequenzen“ tragen würden, gegen die Menschenwürde der Betroffenen.
Am Rande der Veranstaltung versuchten zudem 7 Angehörige der IB sich Zutritt zum Veranstaltungsbereich der Lesung zu verschaffen und ein Banner zu entrollen. Die Störaktion wurde durch die Polizei verhindert und eine Anzeige wegen Hausfriedensbruch gestellt. Im Nachgang zur Veranstaltung berichtete die IB-Gruppierung „lederhosen_revolte“ in einem auf ihrem Instagram-Kanal veröffentlichten Video über ihre Beteiligung an der AfD-Veranstaltung und drohte dabei mit weiteren Aktionen gegen die LGBTQIA+-Community.
Banneraktion der Jungen Alternative (JA) zum sog. „Stolzmonat“ in München, Theresienwiese/Bavaria
Die Junge Alternative (JA) Bayern führte am 23. Juni 2023 mit ca. 10 Personen eine Banneraktion vor der Bavaria-Statue auf der Theresienwiese in München durch. Ein entsprechender Beitrag wurde am 24. Juni 2023 auf dem Telegram-Kanal der JA Bayern veröffentlicht.
Auf dem Banner sind neben dem Logo der JA die Worte „STOLZ STATT PRIDE“ zu sehen. Es handelt sich dabei um das gleiche Banner, das Mitglieder der JA bereits am 19. Juni 2023 auf dem Münchner Marienplatz präsentierten. Auch damals wurde die Aktion durch die JA Bayern in den Sozialen Medien verbreitet.
Auffällig ist die Art und Weise der Inszenierung der Banneraktion mit roten Rauchtöpfen. Ästhetisch erinnert die Aktion dadurch vielmehr an die Identitäre Bewegung (IB) als an die JA. Dies verstärkt den Eindruck, dass es neben zuletzt vermehrt festzustellenden personellen Überschneidungen zwischen JA Bayern und IB zunehmend auch zu einer inhaltlichen und in ihren Aktionsformen ähnlichen Agitation beider Organisationen kommt.
Durchsuchungen in Oberbayern, Mittelfranken und Unterfranken in Zusammenhang mit dem Verbot des Vereins „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V.“ durch das BMI
Mit Wirkung vom 27. September 2023 verbot das Bundesministerium des Innern und für Heimat den rechtsextremistischen Verein „Die Artgemeinschaft – Germanische Glaubens-Gemeinschaft wesensgemäßer Lebensgestaltung e. V.“ (AG-GGG) und sämtliche Teilorganisationen. Der Verein richtet sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung und – insbesondere aufgrund antisemitischer Inhalte – auch gegen den Gedanken der Völkerverständigung.
In Bayern fanden hierzu Durchsuchungen bei 8 Mitgliedern an insgesamt 5 Wohnobjekten in Oberbayern, Mittelfranken und Unterfranken statt. In 11 weiteren Bundesländern erfolgten ebenfalls Durchsuchungen. Bei der AG-GGG handelt es sich um eine bundesweit aktive neonazistische, neuheidnische und religiös-völkische Organisation. Die Verbote sind noch nicht rechtskräftig.
Weitere Informationen finden sich hier.
Reichsbürgergruppierung "Königreich Deutschland" (KRD) veranstaltet "Info-Seminar" und Wanderung im Raum Ingolstadt
Am 3. Oktober fand im Raum Beilngries (Landkreis Eichstätt) eine Wanderung von Angehörigen der Reichsbürger-Gruppierung „Königreich Deutschland“ (KRD) bzw. des Projekts „LEUCHT-TURM“ statt. Im Vorfeld wurde die Veranstaltung auf dem offen einsehbaren Telegram-Kanal von „LEUCHT-TURM“ (t.me/Mein_LEUCHTTURM) als sogenannte „LEUCHT-TURM Aktivität“ beworben.
KRD mit Sitz in Sachsen-Anhalt ist deutschlandweit aktiv, indem es z. B. verschiedene Seminare anbietet und unterschiedliche Produkte bewirbt.
Ebenfalls auf dem Telegram-Kanal beworben wurde eine bereits am 19. August im Raum Ingolstadt (laut Ankündigung „Radius 15 km um Oberdolling“) stattgefundene Vortragsveranstaltung unter dem Titel „Info-Seminar über deinen Gemeinwohlstaat Königreich Deutschland“. Der genaue Ort der Veranstaltung wurde nicht bekannt. Ein am 22. August veröffentlichter Beitrag zeigt jedoch ein Gruppenbild der Seminar-Teilnehmenden, die laut Beitrag am Folgetag des Seminars gemeinsam eine Wanderung durchführten.
Auch auf dem öffentlich einsehbaren Telegram-Kanal „KRD-Bayern (öffentl. Gruppe“), der nach eigenen Angaben „als Arbeitsgruppe für den Aufbau des KRD in Bayern“ dienen soll, werden die bayerischen „LEUCHT-TURM“-Seminare und -Aktivitäten beworben. Bei „LEUCHT-TURM“ handelt es sich um eine Art PR-Agentur des KRD aus Nordrhein-Westfalen. Ziel scheint der weitere Ausbau der Strukturen des selbsternannten „Königreichs“ zu sein.
Auf der Webseite werden, parallel zum eigenen Telegram-Kanal, „Seminare“ im gesamten deutschsprachigen Raum beworben, darunter bspw. auch das am 25. und 26. November 2023 im oberfränkischen Beilngries stattgefundene Seminar zum Thema „Systemausstieg“. Ebenfalls beworben wird ein weiteres Seminar zum Thema „Systemausstieg“ das für den 20. und 21. Januar 2024 im Landkreis Roth geplant ist. Online findet sich zudem ein eigener Podcast mit dem Namen „Ich bin in bester Verfassung“, der mit Stand vom 2. Oktober 21 Episoden aufweist.
Das selbsternannte „Königreich Deutschland“ wurde im Jahr 2012 von Peter FITZEK in Lutherstadt Wittenberg (Sachsen-Anhalt) gegründet. Seit dem Jahr 2012 tritt FITZEK als „Monarch“ bzw. „Oberster Souverän“ in Erscheinung und „regiert“ als „Peter I.“ über seinen Fantasiestaat. Diesen versucht er u. a. mit der Etablierung eigener Institutionen, wie etwa der Errichtung einer „Gesundheitskasse“ oder einer „Gemeinwohlkasse“ mit Leben zu füllen. Das KRD vertritt klassische Reichsbürger-Ideologien, u. a. wird behauptet, die Befugnisse und Rechtsgrundlagen der Bundesrepublik Deutschland würden für ihren Fantasiestaat und ihre Anhänger nicht gelten.
Seit 2019 dehnt FITZEK die Aktivitäten seiner Organisation auch auf andere Bundesländer aus.
Seit Ende 2022 können auch realweltliche Aktivitäten der Gruppierung in Bayern festgestellt werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass das KRD solche Veranstaltungen zur Gewinnung neuer Mitglieder – und damit auch neuer Spenderinnen und Spender – nutzen möchte. Ebenso wirbt das KRD um Unternehmen und lockt mit der vermeintlichen Aussicht auf ein „steuerfreies Wirtschaftssystem“. „Geringere Sozialabgaben“ sowie ein angebliches „autarkes und geschlossenes zinsfreies Geldsystem“ sollen Selbstständige motivieren, sich dem KRD anzuschließen.
Aktionen der rechtsextremistischen Szene zum Volkstrauertag am 18. November
Das alljährlich von der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ (III. Weg) organisierte Heldengedenken in Wunsiedel fand in diesem Jahr nicht statt. Stattdessen führten Aktivisten der Partei am 18. November 2023 bundesweit regionale Aktionen zum „Heldengedenken“ durch. Im Rahmen dieser Aktionen wurden ideologisch aufgeladene Ansprachen zum Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege gehalten, Gedenkzeremonien mit Fackeln durchgeführt sowie Kerzen und Grablichter gezündet.
Unter dem Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ führte der III. Weg am 18. November 2023 auch an mehreren Orten in Bayern Gedenkveranstaltungen durch. In Ostbayern versammelten sich Aktivisten unter anderem an Kriegerdenkmälern in Furth im Wald und in Hofkirchen und hinterließen Kerzen und Blumenkränze. Ferner wurden am 18. November 2023, wie schon in den vorherigen Jahren geschehen, Devotionalien an einigen Kriegerdenkmälern im Regierungsbezirk Schwaben abgelegt.
Aktivisten und Sympathisanten der Jungen Alternative Bayern versuchten am Volkstrauertag und im Nachgang zur offiziellen staatlichen Gedenkveranstaltung, am Kriegerdenkmal im Hofgarten in München einen Kranz niederzulegen.
Die Aktionen zeigen, dass das Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege, verbrämt als sogenanntes „Heldengedenken“, für Rechtsextremisten unterschiedlichster Ausrichtung weiterhin von Bedeutung ist, auch wenn große öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen dieses Jahr nicht festzustellen waren.
Grenzgänger-Kampagne der Partei der Dritte Weg (III. Weg)
Nachdem die rechtsextremistische Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) zum Jahresbeginn 2023 mit der Anti-Asyl-Kampagne in mehreren bayerischen Städten und Gemeinden aktiv war, schien die bereits in anderen Bundesländern beworbene und durchgeführte „Grenzgänger-Kampagne“ in Bayern angekommen zu sein. Unter dem Motto „Schütze deine Heimat, werde Grenzgänger – Kein zweites 2015“ führten III. Weg-Aktivisten im Bundesgebiet bereits Flugblattverteilungen und sogenannte „Streifen“ an den deutschen Außengrenzen durch. Diese Grenzgänge, welche von der Partei bereits im Jahr 2021 im ostdeutschen Raum organisiert wurden, verfolgten nach eigenen Angaben das Ziel, ein „zweites 2015“ zu verhindern.
In Bayern konnten einzelne Aktivitäten beobachtet werden. Parteiangaben zufolge führten Aktivisten aus Ostbayern am 18. November eine „Streife an der Grenze zum Sudentenland“ durch. Ferner wurden in Fürstenfeldbruck erste Flugblattverteilungsaktionen der neuen Kampagne durchgeführt.
Im Rahmen von rassistisch motivierten Streifen-Aktionen und Sicherheitsinitiativen schüren Rechtsextremisten Ängste vor Migranten und suggerieren, dass der Staat und seine Sicherheitsorgane nicht mehr in der Lage seien, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten. Sie inszenieren sich dabei als Mahner, Kümmerer und vor allem als vermeintliche Garanten von Schutz und Ordnung im öffentlichen Raum – wobei sich die angebliche Sorge der Extremisten allerdings allein auf die deutschen „Volksgenossen“ beschränkt. Auch nutzt der III. Weg solche Aktionen immer wieder, um in „Mainstream-Medien“ Aufmerksamkeit zu generieren und sich einer breiteren Öffentlichkeit bekannt zu machen.
Bundesweite Durchsuchungsaktion u.a. auch in Oberbayern in der Reichsbürger-Szene
Unter Führung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord wurden am 23. November 20 Wohnungen im gesamten Bundesgebiet u. a. wegen des Verdachts der mitgliedschaftlichen Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung durchsucht. Darunter befand sich auch je ein Objekt in Kempten und Rosenheim.
Den Beschuldigten wird u. a. vorgeworfen, versucht zu haben, durch die gezielte (massenhafte) Kontaktaufnahme mit Behörden deren Kommunikationswege zu blockieren und damit rechtswidrig Einfluss auf deren Entscheidungen zu nehmen. Übergeordnetes Ziel der handelnden Personen war es, die Bundesrepublik Deutschland sowie ihre staatlichen Einrichtungen zu destabilisieren und rechtmäßiges staatliches Handeln durch die beschriebene Vorgehensweise zu verhindern oder zumindest zu erschweren. Die Gesprächspartner wurden beispielsweise mit Reichsbürgerthesen konfrontiert, der Begehung von Menschenrechts- und Kriegsverbrechen bezichtigt, beleidigt und teilweise mit dem Tode bedroht.
Weitere Informationen hierzu finden sich in der gemeinsamen Pressemitteilung der Generalstaatsanwaltschaft München und des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord.
Banneraktion der „Lederhosen Revolte“ am 8. Juni 2024 in München
Am 8. Juni führte die IB-Regionalgruppierung Lederhosen Revolte eine Banneraktion auf dem Münchner Königsplatz durch, auf dem parallel eine Großkundgebung unter dem Motto „Rechtsextremismus stoppen, Demokratie verteidigen“ mit ca. 5.000 Personen stattfand.
Während der Aktion hatten Aktivisten der Gruppierung unter Bezugnahme auf die Messerattacke eines afghanischen Staatsangehörigen in Mannheim, in deren Folge ein Polizeibeamter verstarb, während der Großkundgebung an einem Baugerüst am Gebäude der Staatlichen Antikensammlung ein Transparent mit der Aufschrift „Mannheim ist überall“ heruntergelassen und zwei Bengalos mit blauer Farbe gezündet. Auf dem Transparent war auch das Konterfei des Mannheimer Attentäters und das Lambda-Symbol abgebildet, das als Erkennungszeichen der IB gilt.
Die Teilnehmenden der Großkundgebung reagierten mit lauten Pfiffen und zum Teil mit ablehnenden Gesten auf die ihrerseits als Provokation empfundene Banneraktion. Auch die Veranstaltungsleitung der „Demo gegen Rechts“ unterbrach ihr Programm, um die Aktion zu kritisieren. Im Nachgang berichtete Lederhosen Revolte auf ihren Social-Media-Kanälen über die Aktion und bewertete diese dort als Erfolg.
So heißt es in einem Beitrag in Bezug auf die Demonstrierenden: „Es gibt keinen linken Safe Space: wir [sic!] holen sie zurück in die Realität.“
Banneraktion der „Lederhosen Revolte“ beim Fußball-EM-Auftaktspiel am 14. Juni 2024 in München
Am 14. Juni führte die der Identitären Bewegung (IB) zuzurechnende Regionalgruppierung Lederhosen Revolte im Vorfeld des Auftaktspiels der Fußball-Europameisterschaft eine weitere Banneraktion durch. Dabei hatten IB-Aktivisten auf dem Fußweg zwischen der U-Bahn-Station Fröttmaning und der Allianz Arena ein Banner mit der Aufschrift 365 Tage STOLZ gezeigt, wobei das Wort STOLZ in leicht abgewandelten Farben der deutschen Flagge dargestellt war.
Zahlreiche zeitgleich anwesende Fans und Gäste, die sich auf dem Weg zum Stadion befanden, nahmen die Aktion wahr. Da bei der Banneraktion bewusst auf eindeutige Erkennungsmerkmale von Lederhosen Revolte und IB verzichtet worden war, ist fraglich, ob die anwesenden Fans die Aktion der IB zuordnen konnten. Noch am selben Tag veröffentlichte Lederhosen Revolte unter dem Titel Live von der Allianz Arena: #Stolzmonat und EM-Anpfiff in München auf ihrem Instagram- und Telegram-Kanal sowie ihrem X-Profil Bilder der Aktion mit dem Kommentar: „Während sich andere nur beim Fußball trauen, sind wir das ganze Jahr stolz auf unser Land!“. Das Transparent mit der Aufschrift 365 Tage Stolz bezieht sich auf die sogenannte Stolzmonat-Kampagne der IB. Diese erstmals im Jahr 2023 lancierte Kampagne stellt eine Gegenaktion zu dem weltweit im Juni gefeierten Pride Month dar. Während User, die ihre Sympathie für die LGBTQIA+-Community zum Ausdruck bringen wollen, ihre Profilbilder in den sozialen Netzwerken häufig mit Regenbogenflaggen hinterlegen, riefen Rechtsextremisten dazu auf, stattdessen eine abgewandelte Deutschland-Flagge als Profilbild zu nutzen. Vorgeblich ging es der rechtsextremistischen Szene darum, damit ihren Nationalstolz öffentlichkeitswirksam zum Ausdruck zu bringen. Tatsächlich ist die Aktion jedoch als Ausfluss einer metapolitischen Social-Media-Strategie zu werten. Diese zielt darauf ab, ein Gegennarrativ zum Pride Month zu etablieren, um queere Menschen und deren Anliegen zu verhöhnen und sich selbst als Alternative mit den vermeintlich wichtigeren Themen in Szene zu setzen.
Dabei versuchen Rechtsextremisten den Begriff Nationalstolz als konsensfähige Alternative zu einer verkommenen Moderne in Stellung zu bringen und behaupten, sich auf diese Weise gegen eine angeblich übermächtige LGTBQIA+-Lobby zur Wehr zu setzen. Die Kampagne findet in der rechtsextremistischen Szene breiten Anklang.
"Lederhosen Revolte" Video "Blitzschnelle Einbürgerung am Flughafen!" veröffentlicht am 28. Juni 2024
Am 28. Juni veröffentlichte die der Identitären Bewegung (IB) zuzurechnende Regionalgruppierung Lederhosen Revolte auf ihrem Instagram-Kanal ein Video mit dem Titel „Blitzschnelle Einbürgerung am Flughafen!“. Das Video zeigt, wie drei Aktivisten und eine Aktivistin als Piloten verkleidet deutschen Reisepässen nachempfundene Dokumente verteilen, auf denen „Bananenrepublik Deutschland“ und „Reisespaß“ steht. Sie wenden sich dabei gezielt an vermeintlich nicht-deutsche Personen bzw. Menschen mit augenscheinlichem Migrationshintergrund.
Die Aktion ist als Protest gegen das Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts am 27. Juni zu werten, welches unter bestimmten Voraussetzungen eine schnellere Einbürgerung ermöglicht.
Die Kritik an der Reform des Staatsangehörigkeitsrechts oder auch eine ablehnende Haltung hierzu sind für sich genommen nicht verfassungsschutzrelevant. Allerdings fordert die IB im Zusammenhang mit ihrer Auslegung des Remigrations-Begriffs, dass auf lange Sicht auch deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund Deutschland verlassen sollen, wenn sie sich beispielsweise nicht assimilieren können oder wollen. Damit verknüpft die Remigrations-Forderung der IB ein ethnisch-kulturelles Volksverständnis mit einer politischen Zielsetzung in einer Art und Weise, die die rechtliche Gleichheit aller Staatsangehörigen in Frage stellt und so die Menschenwürde deutscher Staatsangehöriger mit Migrationshintergrund verletzt.
Die IB verfolgt dabei die ideologischen Konzepte „Ethnopluralismus“ und „Großer Austausch“. Diese gehen von einer vorgeblich vorherrschenden „ethnokulturellen Identität“ der europäischen Völker aus, die durch eine Masseneinwanderung kulturfremder Einwanderer bedroht sei. Diese Bedrohung werde ferner durch die schwachen Geburtenjahrgänge der „ethnokulturellen Europäer“ verstärkt. Ein maßgeblicher Indikator dieses „Großen Austauschs“ sei die, durch die Identitären ebenfalls bekämpfte, angebliche Islamisierung Europas.
Reichsbürgerszene - Aktivitäten von „Königreich Deutschland“ in Bayern im 1. Halbjahr 2024, insbesondere in Mittelfranken, Oberbayern und Oberpfalz
Seit der Corona-Pandemie beziehen sich die Aktivitäten von mitgliederstarken Gruppierungen innerhalb der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter vermehrt auf das Thema „Ausstieg aus den staatlichen Strukturen“. Das wachsende Interesse der Szene an einem ganzheitlichen System als Alternative zur Bundesrepublik Deutschland macht sich insbesondere das Königreich Deutschland (KRD) zu Nutze. Die Gruppierung bewirbt auf ihren öffentlich einsehbaren Internetpräsenzen und Social-Media-Kanälen regelmäßig auch Vortragsveranstaltungen zu den Themen „Systemausstieg“, „Betriebsgründung“ und „Staatsangehörigkeit“. Ferner wirbt die Gruppierung in eigenen kostenpflichtigen Seminaren – insbesondere für Selbstständige und Unternehmer – dafür, einen „steuerfreien und von der BRD unabhängigen Rechtekreis des Gemeinwohlstaates“ zur Verfügung zu stellen. „Geringere Sozialabgaben“ sowie ein angebliches „autarkes und geschlossenes zinsfreies Geldsystem“ sollen Selbstständige motivieren, sich dem KRD anzuschließen. Der KRD-Webseite zufolge befinden sich bundesweit mittlerweile knapp 700 Unternehmen im „Melderegister“ der Gruppierung, darunter auch im mittleren 2-stelligen Bereich Unternehmen aus Bayern. Dass insbesondere das KRD jedoch auch im Bereich der bayerischen Reichsbürger- und Selbstverwalterszene erheblichen Anklang findet, zeigt die im Vergleich zu den Vorjahren wachsende Anzahl an Veranstaltungen in Bayern.
Im Rahmen seiner Seminare und seiner „Aufklärungsarbeit“ auf verschiedenen Internetplattformen vermittelt das KRD seinen Anhängern wahrheitswidrig, dass ein Austritt aus der Bundesrepublik Deutschland möglich sei. Mit der Erlangung der KRD-Staatsangehörigkeit sei u. a. auch eine Befreiung von den in der Bundesrepublik Deutschland geltenden Bürgerpflichten, beispielsweise der Steuerpflicht, verbunden. Daneben dienen die von der Gruppierung organisierten Veranstaltungen auch dem Zweck, finanzielle Einnahmen zu generieren, die im Weiteren für den Kauf von Liegenschaften und der Ausweitung der Organisationsstruktur auf andere Bundesländer verwendet werden. So ist es dem KRD bereits gelungen, Immobilien in Sachsen und Thüringen zu erwerben.
In Bayern sind seit Ende 2022 vermehrt realweltliche Aktivitäten der Gruppierung zu verzeichnen. So führte das KRD beispielsweise neben den sog. „LEUCHT-TURM-Seminaren“ zu den Themen „Systemausstieg“, „Betriebsgründung“ und „Staatsangehörigkeit“ auch sog. „LEUCHT-TURM“-Aktivitäten, u. a. in Form gemeinsamer Wanderungen, durch. Bei „LEUCHT-TURM“ handelt es sich um eine Art PR-Agentur und Außenstelle des KRD, welche den weiteren Ausbau der Strukturen des selbsternannten Königreichs verfolgt.
Seinem Geschäftsmodell folgend organisierte das KRD in Bayern bereits im ersten Halbjahr 2024 deutlich mehr Veranstaltungen als in den Vorjahren. Die meist mehrtägigen Seminare können von Interessierten gegen Zahlung einer Anmeldegebühr besucht werden und gelten als „Voraussetzung für die Erlangung der Staatsangehörigkeit im Königreich Deutschland“ sowie für die Teilnahme an weiteren, ebenfalls kostenpflichtigen „Zusatzmodulen“, wie beispielsweise den sog. „Betriebsgründungsseminaren“.
In Bayern trat die Gruppierung zuletzt vermehrt in Mittelfranken, im nördlichen Oberbayern sowie in der Oberpfalz mit Veranstaltungen in Erscheinung.
Am 20. und 21. Januar fand im Nebenraum eines Hotels in Hilpoltstein (Landkreis Roth) eine Veranstaltung zum Thema „Systemausstieg“ statt. Weitere Seminare fanden laut Angaben des KRD beispielsweise am 24. Februar in Ingolstadt zum Thema „Basis & Aufbau“ und vom 4. bis 10. Mai zum Thema „Systemausstieg und Betriebsgründung“ in der Oberpfalz statt.
Auf dem Telegram-Kanal von „LEUCHT-TURM“ wird fortlaufend über bundesweite Aktivitäten des KRD informiert. So wurde mit einem Posting vom 26. März eine dreistündige Vernetzungs-Wanderung am 21. April in Haag i. Oberbayern (Landkreis Mühldorf) beworben. Weitere, ähnlich gelagerte Wanderungen fanden KRD-Angaben zufolge beispielsweise am 24. März in Windsbach (Landkreis Ansbach) und am 19. Mai in Maising (Landkreis Starnberg) statt. An weiteren Informationen interessiert? Diese finden sich in den Verfassungsschutzinformationen Bayern 1. Halbjahr 2024.
Reichsbürgerveranstaltung „Das große Treffen der 25+1 Bundesstaaten“ in München
Am 31. August 2024 fand auf dem Königsplatz in München ein Treffen der Initiative „25 + 1 Bundesstaaten“ statt. Hinter der Initiative „25 + 1 Bundesstaaten“ verbirgt sich ein loser Zusammenschluss von Personen aus der Reichsbürger-Szene, der sich auf die Zeit des Deutschen Kaiserreichs bezieht. Das Treffen stellt eine Veranstaltung der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter von bundesweiter Relevanz dar. Nach Magdeburg (19.8.23), Dresden (28.10.23) und Gera (6.4.24) war dies das erste „Bundesstaaten“-Treffen außerhalb der neuen Bundesländer. Laut vorliegenden Erkenntnissen handelt es sich um das größte jemals in Bayern stattgefundene Reichsbürger-Treffen. Den Veranstaltungsteilnehmern und -organisatoren ist es jedoch nicht erkennbar gelungen, neue Interessenten anzusprechen. Die Veranstaltung war eher als ein großes Gleichgesinnten-Treffen geplant. Man wollte unter sich bleiben und die eigene Ideologie zelebrieren. Weitere ähnliche Veranstaltungen sind laut Telegram bereits in Planung. Zum jetzigen Stand ist jedoch nicht davon auszugehen, dass zeitnah ein weiteres „Bundesstaaten-Treffen“ in Bayern stattfinden wird. Weitere Informationen können hier nachgelesen werden.
Extremistische Agitation im Internet
Auch jenseits von organisierten Strukturen verbreiten Einzelpersonen – auch aus Oberbayern – verfassungsfeindliche Propaganda im Internet. Dabei werden auf den unterschiedlichsten Plattformen – beispielsweise durch Memes, Hashtags und Kommentare – extremistische Botschaften geteilt und zum Hass aufgestachelt. Die Entwicklungen im digitalen Raum werden von den Sicherheitsbehörden laufend beobachtet. In enger Abstimmung zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz werden Hassbotschaften bzw. strafrechtlich relevante Inhalte konsequent verfolgt.
Rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen setzen für ihre Propaganda digitale Medien und Formate als festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategien ein. Das Internet ermöglicht ihnen den erleichterten Zugang zu einem heterogenen Empfängerkreis, der über die engere extremistische Anhängerszene hinausreicht.
Allerdings gehen insbesondere die im Internet aktiven Personen weit über das bekannte partei- und organisationsgebundene rechtsextremistische Spektrum hinaus. Das Personenpotenzial ist daher zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen.
Rechtsextremistische Akteure nutzen das Internet, um manipulative und extremistische Inhalte zu verbreiten. Sie wollen ein Klima von Misstrauen und Hass z. B. gegenüber Geflüchteten und Andersdenkenden, aber auch gegenüber etablierten Medien, staatlichen Einrichtungen und dem demokratischen Prozess schaffen. Soziale Medien bieten diesen Einzelpersonen niedrigschwellige Möglichkeiten, in virtuellen Räumen verfassungsfeindliche Propaganda zu betreiben, sich zu vernetzen und Aktionen zu planen, die im äußersten Fall zur Begehung von schweren Straftaten in der Realwelt, wie Angriffen gegen Repräsentanten des Staates und der Politik, führen können. Daher spielt das Internet auch bei Radikalisierungsprozessen, die von einer realweltlichen rechtsextremistischen Szene losgelöst sind, eine zentrale Rolle. Hierbei ist beispielsweise in der Gaming-Szene und der sog. Attentäter-Fanszene ein gewisses Radikalisierungspotenzial erkennbar. In der Gaming-Szene werden z. B. mittels eigens entwickelter Szene-Spiele rechtsextremistische Botschaften verbreitet. Bei der Attentäter-Fanszene handelt es sich um eine digitale Subkultur, die Amoktäter sowie ideologisch unterschiedlich motivierte Attentäter verehrt. Eine Anbindung an realweltliche rechtsextremistische Strukturen existiert in der Regel nicht.
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Extremistische Agitation durch Musikveranstaltungen
Rechtsextremistische Musik ist ein wesentliches Eintrittstor in die rechtsextremistische Szene.
So nutzen Szeneangehörige Musik, um Jugendliche mit rechtsextremistischem Gedankengut in Kontakt zu bringen. Oft wird weiterhin verkürzt von „Rechtsrock“ gesprochen, obwohl das Angebot an rechtsextremistischer Musik längst zahlreiche unterschiedliche Stile und Zielrichtungen umfasst, die von Skinheadmusik und Balladen über Vikingrock, Black Metal, Hatecore und Neofolk bis hin zu Rap und Techno reichen. Die Texte enthalten nationalistisches, fremdenfeindliches, antisemitisches und antidemokratisches Gedankengut.
Rechtsextremistische Musikveranstaltungen (Konzerte und Liederabende) im In- und Ausland ermöglichen es Szeneangehörigen zudem, neue Kontakte aufzubauen, sich szeneintern zu vernetzen oder Einkünfte zu generieren.
Im Bundesgebiet fanden seit 2019 keine Musikgroßveranstaltungen mehr statt. Als allgemeiner Trend lassen sich kleinere Veranstaltungen und Musikveranstaltungen im europäischen Ausland feststellen. Auch in Bayern überwiegt die Zahl der Musikveranstaltungen, die in kleinem Kreis und privaten Rahmen oft konspirativ durchgeführt werden.
Im März 2023 organisierte die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) eine interne Veranstaltung, bei der Live-Musik gespielt wurde. Eine weitere Musikveranstaltung soll im Juli in Südbayern stattgefunden haben.
Das strikte Vorgehen der bayerischen Sicherheitsbehörden führte bereits wiederholt dazu, dass Musikveranstaltungen in Bayern nicht stattfanden.
In Oberbayern wurden im Jahr 2023 keine rechtsextremistischen Musikveranstaltungen bekannt.
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Parteien und andere rechtsextremistische Strukturen in Oberbayern
Der Verfassungsschutz unterscheidet rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien:
- Parteien
- Parteiunabhängige bzw. parteiungebundene Strukturen
In diese Kategorie fallen alle Gruppen und Organisationen, welche einen gewissen Bindungs- und Organisationsgrad erkennen lassen. Hierzu zählen organisierte neonazistische Gruppierungen, rechtsextremistische Bands, kommunale Wählervereinigungen, Verlage und Vertriebsnetze, Bürgerinitiativen Vereine, kameradschaftliche Stammtischrunden und Gesprächszirkel. Vor allem finden sich hier organisierte Neonazis und die Identitäre Bewegung (IB).
- Weitgehend unstrukturiertes rechtsextremistisches Personenpotenzial
Zu dieser Kategorie zählen organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten (Skinheads), rechtsextremistische Einzelpersonen und Internetaktivisten.
In Oberbayern gibt es auch organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten sowie rechtsextremistische Einzelpersonen, die sich anlassbezogen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder privaten Treffen, zusammenfinden.
Der Dritte Weg (III. Weg)
Die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) verfügt in Deutschland über 700 Mitglieder, davon 155 in Bayern.
Die Partei vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus. Zahlreiche Mitglieder, Fördermitglieder und mit der Partei Sympathisierende stammen aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS).
Ausführliche Hintergrundinformationen zur Partei finden sie hier.
Die Parteistützpunkte des neonazistischen III. Weg berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten auf der Webseite der Partei. So werden bundesweite Kampagnen der Partei durch die einzelnen Parteigliederungen regional oder lokal durch eigene Aktionen umgesetzt, über die dann im Anschluss auf der Parteiseite berichtet wird.
Des Weiteren betreibt die Partei unter der Bezeichnung „Revolution auf Sendung“ ein Internetradioformat. Die Sendungen werden unregelmäßig auf der Webseite der Partei eingestellt und beinhalten Interviews, Musikbeiträge und Nachrichten der Partei. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um rechtsextremistische Aktivisten.
Da sich der III. Weg nicht nur als reine Partei, sondern ebenso als „Nationale Bewegung“ versteht, sollen durch regelmäßige Freizeitaktivitäten – wie etwa sportliche Aktivitäten, Wanderungen, Vorträge und Rechtsschulungen – Mitglieder, Sympathisanten und deren Familien eng an Partei und Stützpunkt gebunden werden.
Informationen über Aktivitäten des III. Weg in Oberbayern können unter „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
Bis 2019 gliederte sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, Mitte und West. Am 28. September 2019 beschloss der III. Weg auf seinem Bundesparteitag eine Änderung seiner Satzung. Diese zielte auf eine Umstrukturierung der Gebietsverbände in Landesverbände ab.
Die Gründung des Landesverbands Bayern, der den bisherigen Gebietsverband Süd ersetzte, erfolgte am 25. Juli 2020.
Kreisverbände sind die kleinsten selbstständigen Einheiten der Partei.
Die Satzung ermöglicht es, in Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, sogenannte „Stützpunkte“ einzurichten. Zum Jahresende 2023 sind auf der Parteiwebseite 24 Stützpunkte genannt, davon 5 in Bayern. In Bayern befinden sich die 5 Parteistützpunkte „Mainfranken“, „Oberfranken“, „Nürnberg/Fürth“, „Ostbayern“ und „München/Oberbayern“.
Der Stützpunkt München/Oberbayern besteht seit 2014 und ist auch im bayerischen Allgäu aktiv. Am 6. April 2023 informierte der Stützpunkt München/Oberbayern auf der Parteiwebseite unter der Überschrift „Zigeuner-Clan in Olching: Asylflut stoppen!“ über eine Flugblattverteilung. Unter Verwendung antiziganistischer Stereotype wurde behauptet, dass „Zigeunerclans“ nicht bloß betteln, sondern auch Diebstähle begehen würden.
Im Januar 2023 kam es durch Aktivisten des III. Weg in Ober- und Unterfranken vermehrt zu Aktionen rund um das Thema „Anti-Asyl“. In diesem Zusammenhang erfolgte erneut eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen Kollektiv Zukunft schaffen – Heimat schützen (KZSHS).
Grundsätzlich ist der Internetauftritt jedes Stützpunkts mit der Parteiwebseite verlinkt, auf der regelmäßig regionale Berichte von Aktionen, wie beispielsweise Flyerverteilaktionen eingestellt werden.
Die Partei eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ihr erstes Partei- und Bürgerbüro in Bayern mit einem sog. „Bürgerfest“. Im Nachgang zu dieser Eröffnung kam es auch zur Gründung des Stützpunkts Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg.
Das Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt ist die 4. offizielle Anlaufstelle der Partei im Bundesgebiet und wird als Treff- und Versammlungsort für Rechtsextremisten genutzt.
Nach wie vor laufen Bestrebungen u. a. verschiedener Akteure der Zivilgesellschaft, um den Vermieter des Partei- und Bürgerbüros dazu zu bewegen, den bestehenden Mietvertrag nicht zu verlängern. Die Räumlichkeit wird seitens der Partei vorwiegend zur Durchführung interner Veranstaltungen genutzt. Die seitens der Verantwortlichen erhoffte Etablierung der Partei und der Anschluss an das bürgerliche Lager durch die Schaffung einer Anlaufstelle hat nach Sachlage nicht stattgefunden.
Die Heimat (vormals Nationaldemokratische Partei Deutschlands, NPD)
Die Partei Die Heimat (vormals NPD) verfügt deutschlandweit über 3.000 Mitglieder und Fördermitglieder, davon 430 in Bayern (Stand 2023).
Die Partei wird als rechtsextremistisch bewertet. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte mit Urteil vom 17. Januar 2017 die Verfolgung verfassungsfeindlicher Ziele seitens der NPD. Das Gericht entschied jedoch gegen ein Verbot der Partei wegen fehlender Anhaltspunkte für Fähigkeit, ihre verfassungsfeindlichen Ziele durchzusetzen.
Auf einem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 nannte sich die NPD in Die Heimat um.
Wie die meisten rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien ist auch Die Heimat im Internet aktiv und kann daher nicht nur durch Aktionen vor Ort, sondern ebenso online, u. a. durch Streaming-Angebote, ihre Ideologie auch in Oberbayern verbreiten.
Die programmatischen Grundlagen der Partei Die Heimat beinhalten das NPD-Parteiprogramm „Arbeit – Familie – Vaterland“, das der damalige NPD-Bundesparteitag bereits im Juni 2010 in Bamberg beschlossen hatte. Die Landesverbände der Partei Die Heimat wurden zudem dazu aufgefordert, ihre bisherigen NPD-Landessatzungen bis spätestens 31. Dezember 2023 an die am 3. Juni beschlossenen Satzung der Partei anzupassen. Als eine der Partei zugehörige Vereinigung nennt die Satzung die Jungen Nationalisten (JN). Die JN waren bislang als Jugendorganisation der NPD bekannt.
In Bayern besteht ein Die Heimat-Landesverband mit einem Vorsitzenden, zwei stellvertretenden Landesvorsitzenden, einem Schatzmeister und fünf Beisitzern. Die personelle Zusammensetzung des bayerischen Die Heimat-Landesvorstands ist weitgehend mit dem damaligen bayerischen NPD-Landesvorstand identisch.
Am 21. Januar 2023 fand in Ansbach eine sich fortbewegende Kundgebung zu den Themen „Frieden, Freiheit und Russland-Sanktionen“ statt. Unter den Teilnehmenden befanden sich auch der bayerische NPD-Landesvorsitzende und bis zu sieben weitere Personen, die bereits zwei Transparente mit dem neuen Parteilabel „Heimat!“ zeigten. Im Juni und Juli 2023 beteiligten sich Die Heimat-Mitglieder mit Transparenten an drei Kundgebungen in Ansbach.
In Aschaffenburg nahmen Die Heimat-Mitglieder aus Bayern und Hessen am 29. Mai und am 20. August 2023 an Kundgebungen einer Bürgerinitiative teil und zeigten dort Transparente mit der Aufschrift „Weg mit der Regierung!“ sowie „Volksfeinde anklagen – Politikerhaftung umsetzen“ und dem „DS“-Symbol der Zeitschrift „Deutsche Stimme“. An einer Kundgebung am 3. Oktober 2023 beteiligten sich erneut die Die Heimat-Aktivisten, darunter ein stellvertretender Bundesvorsitzender.
Am 12. September 2023 gab Die Heimat Bayern den Start einer Flugblattkampagne unter dem Motto „Deutschland braucht deutsche Kinder, keine FLÜCHTLINGE“ in Nürnberg bekannt.
Insgesamt ist festzustellen, dass die parteigebundene rechtsextremistische Szene seit Längerem stagniert. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die Partei mit ihrer Umbenennung in Die Heimat die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien.
Öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten der Partei in Bayern beschränken sich gegenwärtig auf Mittel- und Unterfranken. Es bestehen Facebook-Profile von Die Heimat für das Bundesland Bayern und die räumlichen Bereiche Ansbach, Franken sowie Untermain.
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Junge Alternative für Deutschland Bayern (JA Bayern)
Die JA ist gemäß § 17a der Bundessatzung der Alternative für Deutschland (AfD) die offizielle Jugendorganisation der Partei. Die JA wurde im Juni 2013 gegründet und ist als eigenständiger Verein mit Sitz in Berlin konstituiert.
Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstreitverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Entscheidung vom 8. März 2022 die Zulässigkeit der Beobachtung der JA sowie die Berichterstattung durch das BfV bestätigt. Die AfD hat gegen die Entscheidung des VG Köln Berufung eingelegt.
Bundesweit sind für die JA 1.600 Anhänger zu verzeichnen, in Bayern werden der Gruppierung etwa 70 Personen zugerechnet. Laut Facebook-Profil der JA Bayern ist diese in Bayern mit Sitz in Nürnberg vertreten.
Die JA Bayern weist keine flächendeckenden bayerischen Strukturen auf. Realweltliche Veranstaltungen der JA Bayern fanden 2022 insbesondere im Rahmen der Freizeitgestaltung statt.
Die JA Bayern veranstaltete im September 2022 die dritten sogenannten „Jugend-Aktionstage“ in der Region Berchtesgaden sowie diverse Wanderungen, wie etwa im März 2022 zum Schloss Neuschwanstein. Darüber hinaus fand im April 2022 ein Hallenfußballturnier in Nürnberg statt. Zudem veranstaltete die JA im Dezember 2022 in München eine Weihnachtsfeier.
Einem Instagram-Post zufolge besuchte Anfang November 2022 ein bayerischer JA-Funktionär, der zugleich Mitglied des JA-Bundesvorstandes ist, mit zwei Aktivistinnen der Identitären Bewegung (IB) den Bayerischen Landtag.
Entsprechende Informationen zu Aktionen in Oberbayern können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
Die Junge Alternative Bayern führt seit mehreren Jahren einmal jährlich so genannte Patriotische Aktionstage im Landkreis Berchtesgadener Land durch. Dabei stehen Freizeitaktivitäten wie Lagerfeuer, Rafting und Wettkämpfe sowie auch Vorträge und Workshops zur politischen Bildung auf dem Programm, um den „freiheitlich-patriotischen Gemeinschaftsgeist zu stärken“. Es handelt sich dabei um überregionale Zusammenkünfte, die neben körperlicher Ertüchtigung vor allem dazu dienen sollen, einen regelmäßigen politisch-ideologischen Austausch und eine bessere Vernetzung der Teilnehmer untereinander sicherzustellen.
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Identitäre Bewegung (IB)
Die ursprünglich aus Frankreich stammende und inzwischen europaweit agierende Identitäre Bewegung (IB) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der eine mitunter subtile, auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs abzielende Beeinflussungsstrategie verfolgt.
Kennzeichnend für den Aktionismus der IB sind öffentliche Stör- und Transparentaktionen, die sie im Rahmen von Social-Media-Kampagnen inszenieren und verbreiten.
Die IBD gliederte sich in Bayern nicht nach Regierungsbezirken, sondern nach vermeintlichen „Volksgrenzen“. Die Gliederung in die drei Gruppierungen Identitäre Bewegung Bayern (IB Bayern), Identitäre Bewegung Schwaben (IB Schwaben) und Identitäre Bewegung Franken (IB Franken) scheint in Bayern mittlerweile überholt, auch wenn einzelne Online-Profile weiterbestehen. Stattdessen löst sich die hierarchische Struktur der IB in Bayern infolge des Strategiewechsels zunehmend zugunsten augenscheinlich autonomer Regional- und Ortsgruppen auf. Diese Kleingruppen sollen die IB langfristig flexibler machen und vor staatlichen Maßnahmen, aber auch vor sogenannten „Outing Aktionen“, insbesondere durch den politischen Gegner, schützen.
Nach einem Rückgang in den letzten beiden Jahren nahm die Zahl öffentlicher Aktionen in Bayern 2022 wieder zu. Gleichzeitig bleibt das Aktivitätsniveau der IB nach wie vor eher niedrig. Die festgestellten Aktionen folgen dem beschriebenen Strategiewechsel, was sich insbesondere am Beispiel der Münchner Ortsgruppen Isar Legion und Lederhosen Revolte zeigt.
Entsprechende Informationen zu Aktionen in Oberbayern können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.
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REICHSBÜRGER UND SELBSTVERWALTER
Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene als sicherheitsgefährdende Bestrebung. In kleinen Teilen der Szene finden sich auch ideologische Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus; insbesondere dort, wo sich Versatzstücke nationalsozialistischer, antisemitischer und revisionistischer Denkmuster wiederfinden.
Zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene in Bayern zählen u. a. folgende Gruppierungen:
Vaterländischer Hilfsdienst (VHD), Königreich Deutschland (KRD), Indigenes Volk Germaniten (IVG) und die seit dem 19. März 2020 verbotene Gruppierung Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt).
Auch in Oberbayern sind vereinzelt Aktivitäten dieser Gruppierungen bekannt geworden.
In Bayern liegen zu rund 5314 Personen belastbare Hinweise bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürger- und Selbstverwalterszene vor. In Oberbayern beläuft sich die Zahl mit Stand 06/2024 auf 1709 Personen (PP München: 422, PP Oberbayern Nord: 435, PP Oberbayern Süd: 852).
In Bayern sind Angehörige der Szene in den Regierungsbezirken Unterfranken, Mittelfranken und Oberbayern überdurchschnittlich vertreten. Eine eindeutige Zuordnung von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene zur rechtsextremistischen Szene ist bislang nur in wenigen Fällen belegbar. Die Zahl der Reichsbürger in Bayern, die auch in rechtsextremistischen Zusammenhängen bekannt geworden sind, beläuft sich auf ca. 140 Personen.
Reichsbürger bewegen sich in einem für sie geschlossenen Weltbild. Der Glaube daran, dass deutsche Gesetze für sie keine Gültigkeit hätten, führt dazu, dass staatliche Maßnahmen als unrechtmäßig empfunden werden. Gewalttaten richten sich daher in aller Regel gegen staatliche Maßnahmen beziehungsweise gegen Vertreter des Staates. Solche Gewalttaten werden innerhalb der Szene in der Regel als Notwehr gegen den Staat gedeutet. Gewalttäter erfahren dementsprechend nach einschlägigen Vorfällen solidarisierenden Zuspruch. Bei Einzelpersonen, die ideologisch besonders gefestigt erscheinen, ist eine Häufung politisch motivierter Straftaten feststellbar, insbesondere Beleidigungs- und Nötigungsdelikte, in Einzelfällen auch Erpressungsdelikte. Darüber hinaus wurden innerhalb der Szene vermehrt reichsbürgertypische Musterschreiben verbreitet, die häufig als Reaktion auf Bußgeldbescheide an öffentliche Stellen adressiert werden. Diese erfüllen u. a. aufgrund der enthaltenen Schadensersatzforderungen die Straftatbestände der Erpressung, Nötigung und Bedrohung.
Im Jahr 2023 konzentrierten sich die Aktivitäten der Szene wieder vermehrt auf die Durchführung von Seminar- und Vortragsveranstaltungen sowie auf gemeinschaftliche Aktivitäten mit dem Ziel, die eigene Ideologie zu verbreiten und die Vernetzung innerhalb der Szene voranzutreiben. In den Vorträgen und Seminaren geht es u.a. um reichsbürgertypische Problemstellungen, z. B. die Frage, welche Möglichkeiten bestehen, die eigenen Kinder dem staatlichen Schulsystem zu entziehen. Bereits in der Vergangenheit hatten Szeneangehörige damit begonnen, vereinzelt sog. „alternativ Schulen“ zu gründen.
Auch zeigt eine Vielzahl von Sachverhalten die hohe Waffenaffinität bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene. Sie besitzen zum einen häufig erlaubnisfreie Waffen, die sie zur vermeintlichen Selbstverteidigung und zur Durchsetzung ihrer Ziele einsetzen könnten. Zum anderen werden oft nicht nur legale, (noch) im Besitz befindliche Waffen festgestellt, sondern auch illegale Waffen bis hin zu ganzen Waffenarsenalen. Daher ist es erforderlich, den Waffenbesitz innerhalb der Szene weiterhin konsequent aufzudecken und zu unterbinden, aber auch den Besitz erlaubnisfreier Waffen im Blick zu behalten. Zur Eindämmung des Gefährdungspotenzials durch den Waffenbesitz von Reichsbürgern werden regelmäßig und systematisch waffenrechtliche Erlaubnisse überprüft und, wo möglich, entzogen. Jede waffenrechtliche Erlaubnis setzt eine waffenrechtliche Zuverlässigkeit voraus. Diese ist bei Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene aber regelmäßig zu verneinen, da die Nichtanerkennung des Staates und seiner Gesetze ein Kernbestandteil der Ideologie ist.
Straftaten von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene werden seit dem Jahr 2017 gesondert erfasst.
In 2023 wurden insgesamt 306 (Vorjahr: 699) extremistische Straftaten gezählt, darunter 73 Gewaltdelikte (Vorjahr: 197). Den Schwerpunkt bei den Gewaltdelikten bildeten mit 59 Taten erneut die Erpressungsdelikte (Vorjahr: 185). Die Zahl der Widerstandsdelikte sank auf 7 Taten. Mit 146 Taten stellten Nötigungs- und Bedrohungsdelikte erneut den Schwerpunkt der sonstigen 233 Straftaten dar (Vorjahr: 385). Einzelne Personen sind u. a. wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung sowie verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Staatsorganen aufgefallen.
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VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE DELEGITIMIERUNG DES STAATES
Bestrebungen, die basierend auf einem von Verschwörungstheorien geprägten Staats- und Elitenhass in demokratiefeindlicher Weise darauf abzielen, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, ohne dabei die Wesensmerkmale extremistischer Bestrebungen eines anderen Phänomenbereichs, wie etwa des Rechtsextremismus, aufzuweisen, werden dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zugerechnet. Hierzu zählen auch Bestrebungen, die sich durch eine agitatorische Verächtlichmachung des Staates gegen das Demokratieprinzip richten, die durch ihre Demokratiefeindlichkeit angetrieben zu extremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten aufrufen oder sich unter Verkennung der Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz zugrundeliegenden Voraussetzungen auf ein vermeintliches Widerstandsrecht berufen und sich dabei gegen das Rechtsstaatsprinzip stellen.
Das Personenpotenzial im Phänomenbereich verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates liegt in Bayern derzeit im mittleren zweistelligen Bereich.
Personen, die in ihrem Aktivismus gegen die staatlichen Corona-Schutzmaßnahmen nachdrücklich verfassungsfeindliche Ziele verfolgt haben, führten diesen Aktivismus in den meisten Fällen auch im Jahr 2023 fort. Angetrieben durch den Glauben an diffuse Verschwörungstheorien versuchen sie auch in ihrem Umfeld einen Vertrauensverlust in den demokratischen Verfassungsstaat und dessen Repräsentanten herbeizuführen.
Mit dem Rückgang der realweltlichen Veranstaltungen und Aktivitäten der in ihrer Gesamtheit nicht extremistischen Corona-Protestszene verlagerte sich die Agitation der Delegitimierer-szene 2023 zunehmend in den virtuellen Raum. Dieser wurde mit seinen Echokammern und der Möglichkeit sich zu vernetzen für Viele zu einem Rückzugsort. Innerhalb der zumeist themen- oder anlassgebundenen Kanäle und Gruppen treffen Angehörige des Phänomenbereiches auch auf Personen, die zuvor noch nicht mit verfassungsschutzrelevanten Bestrebungen in Kontakt gekommen sind. So werden Hass, Hetze und Gewaltfantasien innerhalb der sozialen Medien verbreitet und können somit bei den jeweiligen Chatteilnehmern ein Klima der Unzufriedenheit und Angst erzeugen. Nicht selten kommt es dabei, angeheizt durch unmoderierte Chatverläufe, zu Radikalisierungsverläufen.
Aussagen von Szeneangehörigen richten sich zum Teil auch gegen die körperliche Unversehrtheit von Politikerinnen und Politikern. In zahlreichen Fällen wurde öffentlich konkret dazu aufgerufen, Straftaten zu begehen.
Es lassen sich in Bayern – und damit auch in Oberbayern – derzeit keine festen Strukturen ausmachen. Feststellbar sind Vernetzungsbestrebungen vor allem im virtuellen Raum, dort überwiegend auf Kommunikationsplattformen wie Telegram.
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VERFASSUNGSSCHUTZRELEVANTE ISLAMFEINDLICHKEIT
Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Menschen muslimischen Glaubens die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für den Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft.
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LINKSEXTREMISMUS
Sicherheitsberichte der Polizeipräsidien Oberbayern Nord und Süd und des Polizeipräsidium München zur Politisch motivierten Kriminalität (PMK)
(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2023, Seite 26).
Sicherheitsreport 2023 - Polizeipräsidium München
Im Bereich des Polizeipräsidiums München sank im Jahr 2023 die Gesamtzahl der Straftaten aus dem Bereich der PMK -links- mit 287 erfassten Delikten um 9,7 % bzw. 31 Delikte gegenüber dem Vorjahr (318). Sachbeschädigungen waren die häufigsten Delikte, hier konnten insgesamt 162 Fälle verzeichnet werden (Vorjahr: 208). Im Bereich der Nötigungen/Bedrohungen konnte ein Anstieg um 31,3 % festgestellt werden. Propagandadelikte und Volksverhetzungen konnten mit 7 (Vorjahr: 1) bzw. 4 (Vorjahr: 2) verzeichnet werden. Die registrierte Zahl der Gewaltdelikte im Bereich PMK -links- stieg mit 41 Fällen im Vergleich zum Vorjahr (30) um 36,7 % bzw. 11 Delikte. Unter den 41 Gewaltdelikten befanden sich 24 Branddelikte (Vorjahr: 4) und 9 Körperverletzungsdelikte (Vorjahr: 13), davon 5 gefährliche Körperverletzungen. Die Anzahl der registrierten Widerstandshandlungen belief sich auf 6 Fälle (Vorjahr: 13). Im Bereich der Hasskriminalität können von insgesamt 603 Fällen (Vorjahr: 414) dem Phänomenbereich der PMK -links- 10 Fälle (Vorjahr: 18) zugerechnet werden.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums München 2023 kann hier nachgelesen werden.
Sicherheitsbilanz 2023 - Polizeipräsidium Oberbayern Nord
Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord konnten zur Politisch motivierten Kriminalität -links- (PMK -links-) 41 (Vorjahr: 39) Fälle verzeichnet werden, 28 Fälle betrafen hierbei Sachbeschädigungen.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord 2023 kann hier nachgelesen werden.
Sicherheitsbericht 2023 - Polizeipräsidium Oberbayern Süd
Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd konnten für den Bereich PMK -links- 83 Fälle verzeichnet werden (Vorjahr: 41), davon wurden 45 Sachverhalte als extremistisch eingestuft (Vorjahr: 18). Dieser Anstieg der Fallzahlen im Bereich PMK -links- kann mit der Bayerischen Landtagswahl 2023 und den damit verbundenen Straftaten im Rahmen von Demonstrationen und Kundgebungen sowie Sachbeschädigungen von Wahlplakaten und Beleidigungsdelikten zum Nachteil des politischen Gegners erklärt werden.
An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd 2023 kann hier nachgelesen werden.
Linksextremismus in Oberbayern
Ziel der linksextremistischen Szene ist es, die durch das Grundgesetz vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und – je nach ideologisch-politischer Orientierung – durch eine sozialistische, kommunistische oder eine „herrschaftsfreie“ Gesellschaft zu ersetzen. Die linksextremistischen Vorstellungen richten sich insbesondere gegen durch das Grundgesetz garantierte Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip und den Pluralismus.
Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wird als „kapitalistisches System“ und als Wurzel des Faschismus diffamiert und soll abgeschafft werden. In der linksextremistischen Szene bilden Autonome den weitaus größten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials.
Autonome haben zwar keine einheitliche Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen. Neben Sachbeschädigungen wenden Autonome auch Gewalt gegen Personen – vor allem gegen tatsächliche oder vermeintliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene und Polizeikräfte – an, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Die Szene besetzt dabei auch Themen, die an sich nicht extremistisch sind. Ihr Ziel ist es dabei aber in erster Linie, ihre linksextremistischen politischen Positionen zu verbreiten. Hierzu werden vor allem aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen wie Klima- und Umweltschutz oder Migration aufgegriffen. Aus ihrem antiimperialistischen Weltbild entwickelt sich bei Angehörigen der linksextremistischen Szene häufig auch ein Antizionismus – die Ablehnung des Staates Israel und dessen Innen- und Außenpolitik.
So werden seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland thematisiert und der Kontakt zu bürgerlich-demokratischen Organisationen gesucht, um die Akzeptanz der eigenen antidemokratischen Standpunkte zu erhöhen.
Die derzeit existierenden linksextremistischen Gruppen bilden daher zu einer Vielzahl von Themen (z. B. Antifaschismus, Klima, Feminismus, Flüchtlingshilfe) Untergruppierungen, die sich in den sozialen Medien präsentieren und für ihre jeweiligen Anliegen werben. Vordergründig handelt es sich dabei um unabhängig voneinander agierende Gruppen, die aber im Hintergrund von einem kleinen linksextremistischen Aktivistenstamm bzw. entsprechenden Kerngruppen angeleitet werden. Aktuell zeichnet sich die linksextremistische autonome Szene durch folgende Aspekte aus:
- unverbindliche Strukturen mit niedrigschwelligen Angeboten
- geringer ideologischer Anspruch
- Fokussierung auf spezifische Themenfelder
- kurzfristige Bildung neuer Gruppen
- kleinteilige Gruppen mit häufig wechselnden Personen
- informelle Hierarchien gepaart mit der Möglichkeit für neue Interessierte, sich schnell einzubringen
- Aktions- und Erlebnisorientierung
- starke Präsenz in den sozialen Medien
- Vernetzung mit anderen gleichgesinnten Gruppen.
Aktuell engagieren sich auch einige lokale linksextremistische Gruppen in Bayern verstärkt im Bereich Klima- und Umweltschutz. Bei der linksextremistischen Klimaschutzkampagne „Ende Gelände“ nehmen Szeneangehörige eine tragende Rolle ein.
In Bayern unterhält die linksextremistisch beeinflusste Klimakampagne „Ende Gelände“ Ortsgruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg. Die Kampagne setzt sich aus verschiedenen Organisationen des demokratischen sowie des linksextremistischen Spektrums zusammen. Ein maßgeblicher Akteur des Bündnisses ist die Gruppierung Interventionistische Linke (IL). Sie übernimmt innerhalb der Kampagne eine strategisch führende Position und fungiert als koordinierendes sowie aktionsinitiierendes Bindeglied zwischen demokratischen und linksextremistischen Organisationen.
Angehörige der linksextremistischen Szene verüben immer häufiger konspirativ geplante Straftaten wie Brandanschläge, zu denen im Nachgang auf einschlägigen Internetportalen anonyme Selbstbezichtigungsschreiben veröffentlich werden. Anschlagsziele sind vor allem Unternehmen der Rüstungsindustrie und die Deutsche Bahn AG, die ihm Rahmen linksextremistischer „Anti-Militarismus“-Kampagnen im Fokus gewaltbereiter Szeneakteure stehen.
Linksextremistische Agitation und Übergriffe richten sich vermehrt auch gegen Einzelpersonen, die z. B. aufgrund von Äußerungen, Berufszugehörigkeit oder der Teilnahme an einer Veranstaltung gezielt angegriffen werden. Auch Presseangehörige stehen im Fokus linksextremistischer Gewalttäter, ebenso wie Personen, die sich von der Szene losgesagt haben.
In München versuchen diverse Gruppierungen im Umfeld der autonomen Antifaschistischen Linken München, z. B. das Antikapitalistische Klimatreffen München, sich aktiv in die Proteste für den Klimaschutz einzubringen.
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