Situation in Oberfranken

Polizisten stehen vor fahnenschwenkenden Demonstranten bei einer Demonstration von Rechtsextremisten.
© picture alliance / David Young/d

(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2022, Seite 24)

Das Polizeipräsidium Oberfranken stellt in seinem Sicherheitsbericht mit Kriminalstatistik 2022 zum Deliktsbereich Politisch motivierte Kriminalität (PMK) fest, dass die 241 Straftaten des Jahres 2022 exakt der Zahl des Jahres 2020 entsprechen. Im Jahr 2021 war sie auf 207 gesunken.

In den Großräumen Bamberg und Bayreuth blieben die Zahlen seit 2020 weitgehend stabil (BA: 69/66/65; BT: 69/63/64), während sie im Bereich Coburg (von 37 auf 52) und im Bereich Hof (von 41 auf 60) anstiegen. Aufgeklärt wurden 49 Prozent der Fälle.

Im Deliktsbereich „PMK -rechts-“ kam es zu fünf Gewaltdelikten, darunter drei Körperverletzungen und zwei Widerstandshandlungen gegen Vollstreckungsbeamte. All diese Fälle wurden aufgeklärt.

© PP Oberfranken

An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Oberfranken 2022 kann hier nachgelesen werden.

Präventionsarbeit an Schulen

Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) führte im Jahr 2023 89 Workshops an Schulen im Regierungsbezirk Oberfranken durch. Diese Veranstaltungen finden sowohl anlassbezogen als auch anlassunabhängig statt. 

Anlassbezogene Vorträge und Beratungen an Schulen erfolgen sowohl auf Anfragen von Seiten der Schulen als auch eigeninitiativ durch die BIGE, wenn diese Kenntnisse über Vorfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erhalten. Beispielhaft zeigt sich dies durch:

  • Zeigen des „Hitler Grußes“ oder Skandieren von „Heil Hitler“,
  • Öffentliches Zeigen verbotener rechtsextremistischer Symbole wie z. B. das Hakenkreuz,
  • Rechtsextremistische Schmierereien an Schulgebäuden oder am Mobiliar im Klassenzimmer,
  • rassistische, herabwürdigende oder beleidigende Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern oder auch Lehrkräften

Auch im digitalen Bereich finden derartige Aktionen z. B. in Form von Postings in Klassenchats (Darstellung Adolf Hitlers, verbotener Symbole wie z. B. des Hakenkreuzes oder antisemitische Darstellungen) oder auf Social Media statt. Auch gewaltverherrlichende Posts sind zu verzeichnen.

Die BIGE steht hierbei auch in engem Kontakt sowohl mit den jeweiligen Jugendbeamten der Polizei und den Kriminalpolizeiinspektionen als auch den jeweiligen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz.

 

Aktivitäten der Partei Der Dritte Weg (III. Weg) in Wunsiedel am 12. November 2022 zum jährlichen „Heldengedenken“

Mitglieder und Sympathisierende der Partei Der Dritte Weg (III. Weg) trafen sich am 12. November in Wunsiedel zum jährlichen „Heldengedenken“ der Partei unter dem Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“. An der Veranstaltung nahmen in der Spitze etwa 120 Personen aus der rechtsextremistischen Szene teil. Die Partei mobilisierte dazu bundesweit Mitglieder und Sympathisierende. Der Großteil der Teilnehmenden brachte die Zugehörigkeit zum III. Weg durch das Tragen entsprechender Kleidung und das Mitführen von Fahnen, auf denen sich das Logo und Aufschriften der Partei befanden, zum Ausdruck. Das Versammlungsgeschehen fand in einem Wohngebiet nördlich der Innenstadt statt und gliederte sich in eine Auftaktkundgebung sowie eine Abschlusskundgebung, wobei jeweils verschiedene Redner, u. a. der Parteivorsitzende, auftraten. Zwischen den Kundgebungen veranstaltete der III. Weg, wie in den Vorjahren, einen durch Handfackeln und Flaggen geprägten Demonstrationszug. An der Spitze trugen Parteiaktivisten einen Trauerkranz, ein Eichenkreuz mit Stahlhelm und Transparente. Die Transparente waren mit dem Veranstaltungsmotto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ sowie „Dein Heldengrab ist überall“ bedruckt. Begleitet wurde der Zug durch klassische Musik, die über Lautsprecher an einem Fahrzeug des III. Weg abgespielt wurde. Die Kundgebungen sowie der Zug durch die Straßen verliefen ohne Zwischenfälle und die Versammlung blieb größtenteils ohne Beachtung durch die Öffentlichkeit.

Das jährliche „Heldengedenken“ in Wunsiedel stellt für den III. Weg eine der wichtigsten Veranstaltungen im Jahr dar und ist aufgrund der regelmäßigen Durchführung als fest etablierter Termin der rechtsextremistischen Szene anzusehen. Mit einer Teilnehmerzahl von in der Spitze etwa 120 Personen ist im Vergleich zu früheren Jahren mit ca. 140 Teilnehmenden 2021, ca. 190 Teilnehmenden in 2019, ca. 250 Teilnehmenden in 2016 bzw. ca. 230 Teilnehmenden 2015 ein deutlicher Rückgang der mobilisierten Mitglieder und Sympathisierenden festzustellen. Der stetige Rückgang der Teilnehmenden über die letzten Jahre dürfte auch innerhalb der Partei mittlerweile mit Besorgnis gesehen werden. Selbst wenn die Veranstaltung nach außen hin als Erfolg verkauft wird, kann das nicht über das stetig sinkende Mobilisierungspotential der Veranstaltung hinwegtäuschen.

Mit der Werbung im Vorfeld zum hiesigen „Heldengedenken“ stellte der III. Weg die Versammlung als bedeutende Veranstaltung für seine „volkstreue Anhängerschaft“ dar, jedoch ohne das Gedenken direkt auf Rudolf Heß oder weitere Kriegsverbrecher zu beziehen. Dies ist jedoch nicht auf eine diesbezüglich fehlende ideologische Ausrichtung der Partei hinsichtlich des Nationalsozialismus, sondern vielmehr auf Auflagen des Landratsamts und die Vorbeugung des somit drohenden Verbots der Demonstration zurückzuführen. Gleichwohl lassen sich Anzeichen für einen indirekten Bezug auf den „Stellvertreter des Führers“ im Demonstrationszug ausmachen; so handelte es sich bei der Transparentaufschrift „Dein Heldengrab ist überall“ um ein Zitat aus dem Lied „Deine Asche Dein Grab“, welches Rudolf Heß gewidmet ist und von der rechtsextremistischen Band Stahlgewitter stammt. Aufgrund der mangelnden Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit, etwa durch Zuschauer aus dem bürgerlichen Spektrum, ist die Demonstration als eine überwiegend parteiinterne Veranstaltung zu deuten. Die Berichterstattung und die mediale Umsetzung des Heldengedenkens dürfte von der Partei als erfolgreiches Repräsentationsinstrument angesehen werden.

 

Fränkische III. Weg-Stützpunkte führen gemeinsame Julfeier durch

Am 11. Dezember begingen die drei fränkischen Stützpunkte Oberfranken, Mainfranken und Nürnberg/Fürth der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) in Oberfranken ihre diesjährige Julfeier. Als Fest der Wintersonnwende nimmt die Julfeier im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf germanisches Brauchtum im Rechtsextremismus einen wichtigen Platz ein. Wie in den letzten Jahren gestaltete der III. Weg die Feier erneut so, dass auch Familienangehörige einschließlich Kinder der Parteimitglieder, sowie deren Freundes- und Bekanntenkreis angesprochen wurden und so niedrigschwellig mit der neonazistischen Partei in Kontakt kamen. Zu den Programmpunkten zählten u.a. eine sogenannten „Sippenfeier“ mit „Speis und Trank“ sowie eine Zeremonie, bei der Verse und Singsprüche am Lagerfeuer aufgesagt wurden. Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Fackelwanderung. Mit der Veranstaltung will der III. Weg seine Anschlussfähigkeit insbesondere für Familien mit nationaler Gesinnung demonstrieren. Zudem bietet die Veranstaltung dem III. Weg eine Gelegenheit, Kinder, die sich bereits im Umfeld des III. Weg befinden, spielerisch mit rechtsextremistischem Gedankengut in Berührung zu bringen.

Bereits im historischen Nationalsozialismus ließ man die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wiederaufleben. Diese wurden als offizielle Gedenktage in die Symbolik von Volk, Blut und Boden integriert, insbesondere durch die SS. Zur Wintersonnenwende, der längsten Nacht des Jahres, feierten die Germanen das Jul als Opferfest für ihre Götter. Heutige Rechtsextremisten knüpfen bei ihrer Deutung des christlichen Weihnachtsfests als Julfest an die Ideologie und den Germanenkult der SS an. In dieser Tradition führen Angehörige der rechtsextremistischen Szene deutschlandweit Ende Dezember Veranstaltungen sowie interne Feiern durch.

 

Versuch der schweren Brandstiftung auf Synagoge in Neunkirchen a. Brand in der Silvesternacht 2022

Am 1. Januar 2023 stellten Passanten die Beschädigung einer Fensterscheibe an der Synagoge Ermreuth neben dem Eingang fest. Die sodann verständigte Polizei fand vor dem Gebäude Reste einer pyrotechnischen Rakete am Boden liegend vor, ebenso Scherben der geborstenen Scheibe. Die Tat wurde durch die Videoüberwachung der Synagoge aufgezeichnet, durch die auch der Täter ermittelt werden konnte. Die weiteren Ermittlungen wurden durch die Bayerische Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus (ZET) bei der Generalstaatsanwaltschaft München übernommen und Anklage gegen den Täter erhoben. Am 26. Mai wurde dieser zu einer Gefängnisstrafe zweieinhalb Jahren verurteilt. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

 

Aktionen der rechtsextremistischen Szene zur Asyl-Thematik

Im ersten Halbjahr lag ein Schwerpunkt des rechtsextremistischen Versammlungsgeschehens im oberfränkischen Landkreis Bamberg. Der rechtsextremistischen Szene gelang es bei ihren Aktionen jedoch nicht, dauerhaft weitere Personen für ihre Versammlungen zu mobilisieren.

Zunächst agitierten einzelne Akteure des „III. Weg“ in Zusammenarbeit mit der Gruppierung „Kollektiv Zukunft schaffen – Heimat schützen“ (KZSHS), die dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnen ist, gegen die Unterbringung von Flüchtlingen. Bereits Anfang Januar wurde ein Plakat des „III. Weg“ mit dem Slogan „Kriminelle Ausländer raus!“ an einer bezugsfertigen Asylbewerberunterkunft in Scheßlitz angebracht.

Beginnend am 13. und 14. Januar wurden zudem regelmäßig freitags in Breitengüßbach und samstags in Scheßlitz von einem damaligen oberfränkischen Funktionär des „III. Weg“ Demonstrationen organisiert und durchgeführt. Zudem trat ein KZSHS-Aktivist auf der Veranstaltung vom 13. Januar als Redner auf. In verschiedenen sozialen Medien und auf der parteieigenen Webseite wertete der „III. Weg“ die Veranstaltungen als großen Erfolg, da es gelungen sei, auch Personen außerhalb der eigenen Reihen anzusprechen.

Auch in einem am 18. Januar auf der „III. Weg“-Webseite veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Widerstand gegen Asylforderer in Scheßlitz“ schürt die Partei Angst vor Migranten und diffamiert Asylbewerber in einer gegen die Menschenwürde gerichteten Art und Weise. Analog zu den ersten beiden Veranstaltungen fanden auch am 20. und 21. Januar erneut jeweils eine Veranstaltung in Breitengüßbach und in Scheßlitz statt, die von derselben Person angemeldet worden waren. Im Vorfeld der Veranstaltungen mobilisierten sowohl der „III. Weg“ als auch KZSHS über die sozialen Medien. Allerdings sanken die Teilnehmerzahlen zu diesem Zeitpunkt bereits merklich. Am 21. Januar fand zudem am „III. Weg“-Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt ein Infostand unter dem Motto „Die wahre Krise ist das System“ mit 12 Aktivisten statt. Zudem führte der Aktivist analog zu Scheßlitz und Breitengüßbach auch eine Veranstaltung in Zapfendorf (Lkr. Bamberg) durch, die jedoch im Vergleich zu den vorherigen Veranstaltungen nur spärlich besucht war.

Der Veranstaltungsanmelder, der mittlerweile nicht mehr dem „III. Weg“ angehört, bewirbt die Kundgebungen nun über den neu erstellten Telegram-Kanal „Widerstand Oberfranken“. KZHS bewirbt die Versammlungen zum Teil auch weiterhin auf Telegram. Die Teilnehmerzahlen bewegen sich allerdings inzwischen im 1-stelligen Bereich.

In ähnlicher Weise griffen rechtsextremistische Aktivisten in Oberfranken in ihrer Online-Agitation ein Tötungsdelikt an einer Mitarbeiterin eines Blumenladens in Lichtenfels am 10. März auf. Die Polizei hatte im Zusammenhang mit der Tat erklärt, nach einem „Mann mit südländischem Aussehen“ zu suchen, der sich „kurz vor Ladenschluss im Ladenbereich aufgehalten“ haben soll. Obwohl die Tatbeteiligung der betreffenden Person unklar war, versuchten rechtsextremistische Akteure, die Tat als Beleg für die gesteigerte Bedrohungs- und Gefährdungslage für deutsche Bürger infolge des Zuzuges von Flüchtlingen darzustellen, welche der Staat billigend in Kauf nehme. So hieß es auf dem Telegram-Kanal „Widerstand Oberfranken“ bereits am 12. März:

„Tödlicher Raubüberfall in Lichtenfels […] Gesucht werden zwei Paare, davon ein „Mann“ mit dunkler Hautfarbe, vermutlich afrikanischer Krimineller. Die zunehmende Kriminalität von Neubürgern, Zuwanderern, Migranten, Flüchtlingen und sogenannten Facharbeitern schreit zum Himmel! Behörden offensichtlich machtlos.“

Neben der Gruppierung „Widerstand Oberfranken“ äußerte sich auch der „III. Weg“ auf dem Telegram-Kanal des Stützpunktes Oberfranken zu dem Mord und kommentierte hierzu in rassistischer Weise:

„Sollte sich der afrikanische Mann als Täter herausstellen, zeigen sich einmal mehr die fatalen Konsequenzen der nichtweißen Masseneinwanderung auf. Es sind schon lange keine „Einzelfälle“ mehr. Daher werdet aktiv, denn nur wir können dafür sorgen, dass man wieder in Frieden in diesem Land leben kann!“

KZSHS berichtete auf Telegram ebenfalls über beide Taten und warnte vor den mutmaßlichen Tatverdächtigen:

„In vielen Fällen haben Einwanderer aus arabischen/afrikanischen Ländern eine kürze [sic!]

Zündschnur und niedrigere Hemmschwelle, was Gewalt angeht, zusätzlich verstehen sie oft Deutsch und Englisch kaum und schlüpfen schnell in eine aggressive „Opferrolle“.“

Ziel dieser Agitation war es, mit ihrer rassistischen und fremdenfeindlichen Ideologie auch in Bevölkerungsteilen Anschluss zu finden, die hierfür normalerweise nicht empfänglich sind. Der „III. Weg“ veranstaltete verschiedene Infostände mit Kundgebungen. So fanden im April in Peutenhausen (Lkr. Neuburg-Schrobenhausen) sowie im niederbayerischen Deggendorf Aktionen statt, bei denen die Aktivisten u. a. die Abschiebung krimineller Ausländer forderten und die ihrer Ansicht nach verfehlte Asylpolitik der Bundesrepublik Deutschland kritisierten. Die Veranstaltungen stießen in der Bevölkerung auf nur wenig Resonanz. Die Infostände dienen der Partei eigenen Angaben zufolge als Gelegenheit, Bürgern die Positionen des „III. Weg“ näher zu bringen. Die Anwesenheit der bayerischen Landesvorsitzenden sowie des Vorsitzenden des Gebietsverbandes West, unterstreicht den Stellenwert, den der „III. Weg“ derartigen Veranstaltungsformaten beimisst.

Auch auf seiner Veranstaltung zum 1. Mai am Bürger- und Parteibüro in Schweinfurt agitierte der „III. Weg“ gegen die Aufnahme von Asylbewerbern. Die thematischen Schwerpunkte der Reden waren neben der Kritik am „System BRD“ und der Darstellung der „nationalrevolutionären“ Grundsätze der Partei insbesondere auch die dem „III. Weg“ zufolge verfehlte Asyl-und Migrationspolitik in der Bundesrepublik Deutschland.

 

Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über Beschlagnahme des Neonazi-Treffs in Oberprex 

Mit Bescheid vom 2. Juli 2014 stellte das Bayerische Innenministerium fest, dass das Freie Netz Süd (FNS) eine Ersatzorganisation der verbotenen Vereinigung „Fränkische Aktionsfront“ sei, verbot die Vereinigung und löste sie auf.

In diesem Zusammenhang wurde auch eine Immobilie in Oberprex bei Regnitzlosau (Lkr. Hof) beschlagnahmt, welche durch das FNS genutzt wurde. Die Immobilie gehörte bis zur Enteignung der Mutter einer Person, die mittlerweile als Funktionär beim III. Weg in Plauen (Sachsen) aktiv ist. Der hierzu andauernde, fast zehn Jahre lange Rechtsstreit fand nun vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ein Ende. Das Gericht urteilte, dass die erfolgte Beschlagnahme der Immobilie nicht rechtmäßig gewesen ist, bestätigte damit ein vorheriges Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs und wies die Revision des Freistaats Bayern zurück. Der Klägerin konnte in diesem Rechtsstreit kein vorsätzliches Handeln in Bezug auf die Überlassung der Immobilie an die Organisation zur Last gelegt werden.

 

Gepäcklauf III. Weg in Franken am 18. März 2023

Die neonazistische Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) veröffentlichte am 26. März einen Onlinebeitrag mit dem Titel „7 km, 20 kg, 52 Minuten: Jugendtag in Franken durchgeführt“, der auch Foto- und Videoelemente umfasste. Eigenen Angaben zufolge hatte der III. Weg-Stützpunkt Nürnberg-Fürth bereits am 18. März Angehörige der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ) und „Ältere“ zu einem „Treffen mit der körperlichen Leistungsgrenze“ aufgerufen.

Elf Läufer aus Franken und Oberbayern sollten sich an dem sieben Kilometer langen Rundlauf entlang des Main-Donau-Kanals beteiligt haben. Der Lauf sollte im „Feldanzug“ und mit 20 Kilogramm Marschgepäck innerhalb der vorgegebenen Zeit von 52 Minuten absolviert werden. Jugendliche hätten zunächst lediglich Unterstützungsaufgaben wahrnehmen sollen. Schlussendlich hätten sich aber „alle […] als Läufer gemeldet“. Zehn teils militärisch bekleidete Läufer erreichten mit ihrem Marschgepäck das Ziel.

Die „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) ist die Jugendorganisation des III. Weg. Am 3. Dezember 2022 gründete sich in Schweinfurt der NRJ-Stützpunkt Franken. Der Stützpunkt soll nach Parteiangaben die Regierungsbezirke Unterfranken, Mittelfranken und Oberfranken umfassen. Aufgabe der NRJ ist die Nachwuchsarbeit des III. Weg. Mit einem speziell zugeschnittenen Programm sollen interessierte Jugendliche möglichst früh in die Parteiarbeit eingebunden und ideologisch indoktriniert werden. Die Spannweite der Veranstaltungen reicht dabei von Wanderungen über sogenannte „Wald- und Wiesentage“, Ausflüge und sportliche Aktivitäten bis hin zu Selbstverteidigungskursen, Nachhilfeunterricht, Schulungs-veranstaltungen und Flugblattverteilungen.

Die Rahmenbedingungen des vom III. Weg am 18. März initiierten Gepäcklaufs waren Anforderungen an Ausdauer- und Kraftkomponenten von Bundeswehrsoldaten vergleichbar.

 

Durchsuchungen in Neustadt bei Coburg aufgrund Hinweisen zu illegalem Waffenbesitz durch Mitglieder der Gruppierung „Sturm Neustadt“

Anfang Juli wurden von der Polizei die Wohnungen zweier Personen aus Neustadt bei Coburg durchsucht, nachdem diese auf einem Instagram-Kanal Bilder gepostet hatten, die sie mit Uniform und Waffen bei Übungen im Wald zeigen. Beide Personen gehören der Gruppierung Sturm Neustadt an.

Bei der Gruppierung Sturm Neustadt handelt es sich um einen rechtsextremistischen Personenzusammenschluss, der mehrere Mitglieder umfasst. Die Gründungsveranstaltung der Gruppierung fand in einem rechtsextremistischen Szenelokal in Thüringen statt. Auf ihrem Telegram-Kanal veröffentlichte die Gruppierung auch Bilder von der Veranstaltung.

Zwar stellten sich im Laufe der Durchsuchung die im Instagram-Post gezeigten Waffen lediglich als Softair-Gewehre heraus, doch wurden dabei auch indizierte CDs der rechtsextremistischen Bands Sturm 18, Skrewdriver und MPU festgestellt sowie weitere Gegenstände, die auf eine rechtsextremistische Ideologie hindeuten.

Weitere Informationen hierzu können in der gemeinsamen Presseerklärung des Polizeipräsidiums Oberfranken und der Staatsanwaltschaft Coburg nachgelesen werden.

 

Aktionen der rechtsextremistischen Szene zum Volkstrauertag am 18. November

Das alljährlich von der neonazistischen Kleinstpartei „Der Dritte Weg“ (III. Weg) organisierte Heldengedenken in Wunsiedel fand in diesem Jahr nicht statt. Stattdessen führten Aktivisten der Partei am 18. November 2023 bundesweit regionale Aktionen zum „Heldengedenken“ durch. Im Rahmen dieser Aktionen wurden ideologisch aufgeladene Ansprachen zum Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege gehalten, Gedenkzeremonien mit Fackeln durchgeführt sowie Kerzen und Grablichter gezündet.

Unter dem Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ führte der III. Weg am 18. November 2023 auch an mehreren Orten in Bayern Gedenkveranstaltungen durch. In Ostbayern versammelten sich Aktivisten unter anderem an Kriegerdenkmälern in Furth im Wald und in Hofkirchen und hinterließen Kerzen und Blumenkränze. Ferner wurden am 18. November 2023, wie schon in den vorherigen Jahren geschehen, Devotionalien an einigen Kriegerdenkmälern im Regierungsbezirk Schwaben abgelegt.

Aktivisten und Sympathisanten der Jungen Alternative Bayern versuchten am Volkstrauertag und im Nachgang zur offiziellen staatlichen Gedenkveranstaltung, am Kriegerdenkmal im Hofgarten in München einen Kranz niederzulegen.

Die Aktionen zeigen, dass das Gedenken an die deutschen Opfer der Weltkriege, verbrämt als sogenanntes „Heldengedenken“, für Rechtsextremisten unterschiedlichster Ausrichtung weiterhin von Bedeutung ist, auch wenn große öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen dieses Jahr nicht festzustellen waren.

 

Auch jenseits von organisierten Strukturen verbreiten Einzelpersonen – auch aus Oberfranken – verfassungsfeindliche Propaganda im Internet. Dabei werden auf den unterschiedlichsten Plattformen – beispielsweise durch Memes, Hashtags und Kommentare – extremistische Botschaften geteilt und zum Hass aufgestachelt. Die Entwicklungen im digitalen Raum werden von den Sicherheitsbehörden laufend beobachtet. In enger Abstimmung zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz werden Hassbotschaften bzw. strafrechtlich relevante Inhalte konsequent verfolgt.

Rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen setzen für ihre Propaganda digitale Medien und Formate als festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategien ein. Das Internet ermöglicht ihnen den erleichterten Zugang zu einem heterogenen Empfängerkreis, der über die engere extremistische Anhängerszene hinausreicht.

Allerdings gehen insbesondere die im Internet aktiven Personen weit über das bekannte partei- und organisationsgebundene rechtsextremistische Spektrum hinaus. Das Personenpotenzial ist daher zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen.

Rechtsextremistische Akteure nutzen das Internet, um manipulative und extremistische Inhalte zu verbreiten. Sie wollen ein Klima von Misstrauen und Hass z. B. gegenüber Geflüchteten und Andersdenkenden, aber auch gegenüber etablierten Medien, staatlichen Einrichtungen und dem demokratischen Prozess schaffen. Soziale Medien bieten diesen Einzelpersonen niedrigschwellige Möglichkeiten, in virtuellen Räumen verfassungsfeindliche Propaganda zu betreiben, sich zu vernetzen und Aktionen zu planen, die im äußersten Fall zur Begehung von schweren Straftaten in der Realwelt, wie Angriffen gegen Repräsentanten des Staates, der Politik sowie Aufnahmeeinrichtungen und deren Bewohner führen können. Daher spielt das Internet auch bei Radikalisierungsprozessen, die von einer realweltlichen rechtsextremistischen Szene losgelöst sind, eine zentrale Rolle.

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Rechtsextremistische Musik ist ein wesentliches Eintrittstor in die rechtsextremistische Szene.

So nutzen Szeneangehörige Musik, um Jugendliche mit rechtsextremistischem Gedankengut in Kontakt zu bringen. Oft wird weiterhin verkürzt von „Rechtsrock“ gesprochen, obwohl das Angebot an rechtsextremistischer Musik längst zahlreiche unterschiedliche Stile und Zielrichtungen umfasst, die von Skinheadmusik und Balladen über Vikingrock, Black Metal, Hatecore und Neofolk bis hin zu Rap und Techno reichen. Die Texte enthalten nationalistisches, fremdenfeindliches, antisemitisches und antidemokratisches Gedankengut.

Rechtsextremistische Musikveranstaltungen (Konzerte und Liederabende) im In- und Ausland ermöglichen es Szeneangehörigen zudem, neue Kontakte aufzubauen, sich szeneintern zu vernetzen oder Einkünfte zu generieren.

Im Hinblick auf rechtsextremistische Musik- und Konzertveranstaltungen ist im Bundesgebiet ein allgemeiner Trend zur Verbindung politischer Rednerveranstaltungen mit Musikveranstaltungen festzustellen. In Bayern überwiegt hingegen die Zahl der Musikveranstaltungen, die in kleinem Kreis und privatem Rahmen oft konspirativ durchgeführt werden.

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Im Jahr 2022 wurden keine Musikveranstaltungen in Oberfranken bekannt. Gleichzeitig sind dort weiter rechtsextremistische Bands wie Eskalation, MPU, Treueschwur und Burning Hate, teilweise gesamt oder mit einzelnen Bandmitgliedern, ansässig. Ein für das italienische Rechtsrockfestival „Ritorno a Camelot“ im September 2022 angekündigter Auftritt der bayerischen rechtsextremistischen Band Burning Hate konnte aufgrund einer Ausreiseuntersagung gegen die Bandmitglieder nicht stattfinden.

Der Verfassungsschutz unterscheidet rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien:

  •  Parteien und parteinahe Strukturen
  • Parteiungebundene Strukturen

In diese Kategorie fallen alle Gruppen und Organisationen, welche einen gewissen Bindungs- und Organisationsgrad erkennen lassen. Hierzu zählen organisierte neonazistische Gruppierungen, rechtsextremistische Bands, kommunale Wählervereinigungen, Verlage und Vertriebsnetze, Bürgerinitiativen, Vereine, kameradschaftliche Stammtischrunden und Gesprächszirkel. Vor allem finden sich hier organisierte Neonazis und die Identitäre Bewegung (IB).

  •  Unstrukturiertes Personenpotential

Zu dieser Kategorie zählen organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten (Skinheads), rechtsextremistische Einzelpersonen und Internetaktivisten.

In Oberfranken gibt es auch organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten sowie rechtsextremistische Einzelpersonen, die sich anlassbezogen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder privaten Treffen, zusammenfinden.

Die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) verfügt in Deutschland über 650 Mitglieder, davon 150 in Bayern.

Die Partei vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus. Zahlreiche Mitglieder, Fördermitglieder und mit der Partei Sympathisierende stammen aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS).

Ausführliche Hintergrundinformationen zu der Partei finden sie hier. 

Die Parteistützpunkte des neonazistischen III. Weg berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten auf der Webseite der Partei. So werden bundesweite Kampagnen der Partei durch die einzelnen Parteigliederungen regional oder lokal durch eigene Aktionen umgesetzt, über die dann im Anschluss auf der Parteiseite berichtet wird.

Des Weiteren betreibt die Partei unter der Bezeichnung „Revolution auf Sendung“ ein Internetradioformat. Die Sendungen werden unregelmäßig auf der Webseite der Partei eingestellt und beinhalten Interviews, Musikbeiträge und Nachrichten der Partei. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um rechtsextremistische Aktivisten.

Da sich der III. Weg nicht nur als reine Partei, sondern ebenso als „Nationale Bewegung“ versteht, sollen durch regelmäßige Freizeitaktivitäten – wie etwa sportliche Aktivitäten, Wanderungen, Vorträge und Rechtsschulungen – Mitglieder, Sympathisierende und deren Familien eng an Partei und Stützpunkt gebunden werden.

Die Publikation „Fußball & Nationalismus“ des III. Weg, die Ende August auf szenetypischen Vertriebsseiten erschien, zeigt deutlich, dass Rechtsextremisten gewöhnliche Fanszenen als Aktions- und Rekrutierungsfeld ansehen.

Konkrete Kenntnisse für Oberfranken können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.

© BaylfV

Bis 2019 gliederte sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, Mitte und West. Am 28. September 2019 beschloss der III. Weg auf seinem Bundesparteitag eine Änderung seiner Satzung. Diese zielte auf eine Umstrukturierung der Gebietsverbände in Landesverbände ab.

Die Gründung des Landesverbandes Bayern, der den bisherigen Gebietsverband Süd ersetzte, erfolgte am 25. Juli 2020.

Kreisverbände sind die kleinsten selbstständigen Einheiten der Partei.

Die Satzung ermöglicht es, in Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, sogenannte „Stützpunkte“ einzurichten. Im Jahr 2023 sind auf der Parteiwebseite 23 Stützpunkte genannt, davon 5 in Bayern. Die bayerischen Stützpunkte entsprechen weitgehend den geografischen Schwerpunkten des verbotenen neonazistischen Netzwerks „Freies Netz Süd“ (FNS).

In Oberfranken unterhält die Partei einen eigenen Stützpunkt, der seit 1. Februar 2015 existiert.

In der Regel sind die Aktivisten auf den ersten Blick – etwa durch das Tragen einschlägiger Kleidung oder Banner – nicht als Angehörige rechtsextremistischer Gruppierungen erkennbar. Auf diese Weise versuchten sie – in der Regel erfolglos – auch bei Personengruppen Gehör zu finden, die sie bislang nicht durch offen rassistische und fremdenfeindliche Agitation erreichen konnten.

In ähnlicher Weise wollte der III. Weg die gesellschaftlichen Spannungen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs wie Inflation und Energieknappheit für sich nutzen, doch erzeugten die diesbezüglichen Aktivitäten ebenfalls keine erkennbare gesellschaftliche Resonanz.

Im Januar 2023 kam es durch Aktivisten des III. Weg in Ober- und Unterfranken vermehrt zu Aktionen rund um das Thema „Anti-Asyl“. In diesem Zusammenhang erfolgte erneut eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS). Dabei wurden in Oberfranken eine Reihe von Protestkundgebungen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen abgehalten. Ein damaliger Funktionär des III. Weg hetzte dabei in seinen Reden in aggressiver Art und Weise gegen Ausländer und den deutschen Staat.

Grundsätzlich ist jeder Stützpunkt der Partei mit der Parteiseite verlinkt, auf der regelmäßig regionale Berichte von Aktionen, wie beispielsweise Flyerverteilaktionen eingestellt werden.

Die Partei eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ihr erstes Partei- und Bürgerbüro in Bayern mit einem sog. „Bürgerfest“. Im Nachgang zu dieser Eröffnung kam es auch zur Gründung des Stützpunktes Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg.

Das Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS) ist eine dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnende Gruppierung aus dem Raum Nordbayern mit ideologischer Nähe zum Neonazismus. Aktivitäten von KZSHS konnten sowohl realweltlich als auch virtuell erstmals in 2021 festgestellt werden.

Realweltlich trat die Gruppierung insbesondere mit der Durchführung von für die subkulturelle rechtsextremistische Szene typischen Freizeitaktivitäten, beispielsweise gemeinsame Wanderungen, in Erscheinung. Jedoch konnte auch die Teilnahme an dezidiert politischen Veranstaltungen, die gemeinsam mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen erfolgte, festgestellt werden. So traten am 1. Mai 2022 bei einer Kundgebung der rechtsextremistischen Neue Stärke Partei (NSP) in Erfurt ein Vertreter von KZSHS als Redner und andere Mitglieder als Teilnehmende auf. Über den Messengerdienst Telegram verbreitet KZSHS verfassungsfeindliche Agitation. In mehreren Beiträgen verherrlicht die Gruppierung die Zeit des Nationalsozialismus und Faschismus.

Darüber hinaus verbreitete KZSHS über Telegram auch zahlreiche Beiträge anderer rechtsextremistischer Gruppierungen. So teilte die Gruppierung neben mehreren Beiträgen der NPD ebenso vielfach Beiträge der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg). Mit ihrem Engagement unterstützt KZSHS nachdrücklich auch die von diesen Organisationen ausgehenden, auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielenden Bestrebungen.

In Oberfranken nahmen Angehörige von KZSHS bei Aktionen der rechtsextremistischen Szene zur Asyl-Thematik in Breitengüßbach und Scheßlitz teil. Details hierzu sind unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ genannt.

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Die Partei NPD bzw. Die Heimat verfügt deutschlandweit über 3.150 Mitglieder und Fördermitglieder, davon 450 in Bayern (Stand 2022).

Die Partei wird als rechtsextremistisch bewertet. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Verfolgung von verfassungsfeindlichen Zielen der NPD mit Urteil vom 17. Januar 2017, entschied aber gegen ein Verbot der Partei wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele.

Auf einem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 hat sich die NPD in Die Heimat umbenannt.

Wie die meisten rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien ist auch die NPD bzw. Die Heimat im Internet aktiv und kann daher nicht nur durch Aktionen vor Ort, sondern ebenso online, u. a. durch Streaming-Angebote, ihre Ideologie auch in Oberfranken verbreiten.

Unter dem Namen „Heimat!“ führte die Partei am 19. und 21. Oktober 2022 vor den Parteibüros von Bündnis 90/Die Grünen in Ansbach bzw. in Nürnberg jeweils eine Aktion unter dem Titel „Grün muss weg“ durch. In Ansbach stellten die Teilnehmenden zwei Mülltonnen mit darin befindlichen Pappaufstellern des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesaußenministerin auf, entrollten ein Transparent und entzündeten ein Bengalisches Feuer. Dabei riefen sie „Grün muss weg“.

In Nürnberg erfolgte ebenfalls das Aufstellen zweier Mülltonnen mit darin befindlichen Pappaufstellern, darüber hinaus wurden im Umfeld mehrere Plakate angebracht. Weiterhin betraten die beiden Teilnehmenden ungefragt und filmend die Räumlichkeiten des Parteibüros. Ein Aktivist, der auch Beisitzer im bayerischen Landesvorstand ist, sprach dabei mit einem Mikrofon eine der dort tätigen Personen an.

Im Anschluss wurde die Aktion auf Social-Media-Präsenzen und Webseiten der Partei sowie auf dem privaten Instagram- bzw. Facebook-Profil des erwähnten Aktivisten verbreitet. Darüber hinaus wurde ein beide Aktionen zeigendes, aufwendig produziertes Video auf einem der Partei zuzurechnenden YouTube-Kanal hochgeladen. Dieses ist mit Redebeiträgen des Aktivisten unterlegt.

Für den bayerischen Landesverband der Partei waren die beiden Aktionen die ersten öffentlichkeitswirksamen Auftritte unter dem später neu gewählten Parteinamen Die Heimat bzw. dem Label Heimat. Gleichzeitig werden mittlerweile auch entsprechend benannte Social-Media-Kanäle bespielt.

Insgesamt ist festzustellen, dass die parteigebundene rechtsextremistische Szene seit Längerem stagniert. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die Partei mit ihrer Umbenennung in Die Heimat die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien.

Öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten der Partei in Bayern beschränken sich gegenwärtig auf Mittel- und Unterfranken. Es bestehen Facebook-Profile der Heimat für das Bundesland Bayern und die räumlichen Bereiche Ansbach, Franken sowie Untermain.

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Die JA ist gemäß § 17a der Bundessatzung der Alternative für Deutschland (AfD) die offizielle Jugendorganisation der Partei. Die JA wurde im Juni 2013 gegründet und ist als eigenständiger Verein mit Sitz in Berlin konstituiert.

Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstreitverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Entscheidung vom 8. März 2022 die Zulässigkeit der Beobachtung der JA sowie die Berichterstattung durch das BfV bestätigt. Die AfD hat gegen die Entscheidung des VG Köln Berufung eingelegt.

Bundesweit sind für die JA 1.600 Anhänger zu verzeichnen, in Bayern werden der Gruppierung etwa 70 Personen zugerechnet. Laut Facebook-Profil der JA Bayern ist diese in Bayern mit Sitz in Nürnberg vertreten.

Die JA Bayern weist keine flächendeckenden bayerischen Strukturen auf. Realweltliche Veranstaltungen der JA Bayern fanden 2022 insbesondere im Rahmen der Freizeitgestaltung statt.

Einem Instagram-Post zufolge besuchte Anfang November 2022 ein bayerischer JA-Funktionär, der zugleich Mitglied des JA-Bundesvorstands ist, mit zwei Aktivistinnen der Identitären Bewegung (IB) den Bayerischen Landtag.

Derartige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen 2022 sind in Oberfranken nicht bekannt.

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Die ursprünglich aus Frankreich stammende und inzwischen europaweit agierende Identitäre Bewegung (IB) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der eine mitunter subtile, auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs abzielende Beeinflussungsstrategie verfolgt.

Kennzeichnend für den Aktionismus der IB sind öffentliche Stör- und Transparentaktionen, die sie im Rahmen von Social-Media-Kampagnen inszenieren und verbreiten.

Die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) gliederte sich in Bayern nicht nach Regierungsbezirken, sondern nach vermeintlichen „Volksgrenzen“. Die Gliederung in die drei Gruppierungen Identitäre Bewegung Bayern (IB Bayern), Identitäre Bewegung Schwaben (IB Schwaben) und Identitäre Bewegung Franken (IB Franken) scheint in Bayern mittlerweile überholt, auch wenn einzelne Online-Profile weiterbestehen. Stattdessen löst sich die hierarchische Struktur der IB in Bayern infolge des Strategiewechsels zunehmend zugunsten augenscheinlich autonomer Regional- und Ortsgruppen auf. Diese Kleingruppen sollen die IB langfristig flexibler machen und vor staatlichen Maßnahmen, aber auch vor sogenannten „Outing Aktionen“, insbesondere durch den politischen Gegner, schützen.

Nach einem Rückgang in den letzten beiden Jahren nahm die Zahl öffentlicher Aktionen in Bayern 2022 wieder zu. Gleichzeitig bleibt das Aktivitätsniveau der IB nach wie vor eher niedrig. Die festgestellten Aktionen folgen dem beschriebenen Strategiewechsel, was sich insbesondere am Beispiel der Münchner Ortsgruppen Isar Legion und Lederhosen Revolte zeigt. In der Oberpfalz wird die Gruppierung Oberpfalz Revolte der IB zugerechnet. Auch hier führten Aktivisten eine Banneraktion am Rande des dortigen Christopher Street Days (CSD) durch und nahmen an mehreren Protestveranstaltungen teil.

Auch im Norden Bayerns wurde die IB wieder aktiv. Im September 2022 führte sie nahe des Ansbacher Hauptbahnhofs eine Banneraktion auf dem Dach eines Parkhauses durch. Dabei hielten vier vermummte Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift „…und täglich grüßt der EINZELFALL“ und der Abbildung eines Murmeltiers mit einem blutigen Messer im Maul über die Brüstung des Parkhausdaches und warfen Flyer hinab. Im Nachgang wurde die Aktion mit einem Foto und einem entsprechenden Textbeitrag auf dem Instagram-Kanal „bollwerk.franken“ veröffentlicht.

In Oberfranken wurden 2022 keine Aktionen bekannt.

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Reisepass Deutsches Reich der Reichsbürgerbewegung
© picture alliance / blickwinkel/M

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger - und Selbstverwalterszene als sicherheitsgefährdende Bestrebung. In kleinen Teilen der Szene finden sich auch ideologische Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus; insbesondere dort, wo sich Versatzstücke nationalsozialistischer, antisemitischer und revisionistischer Denkmuster wiederfinden.

Zur Reichsbürgerbewegung in Bayern zählen u. a. folgende Gruppierungen:

Volksstaat Bayern (ehem. Bundesstaat Bayern), Staatenlos.info - Comedian e. V., Verfassungsgebende Versammlung, Vaterländischer Hilfsdienst (VHD), Königreich Deutschland und die seit dem 19. März 2020 verbotene Gruppierung Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt).

Auch in Oberfranken sind vereinzelt Aktivitäten dieser Gruppierungen bekannt geworden.

© BIGE

In Bayern liegen zu rund 5505 Personen belastbare Hinweise bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene vor. In Oberfranken beläuft sich die Zahl mit Stand 06/2023 auf 659 Personen.

Im Zuständigkeitsbereich des Polizeipräsidiums Oberfranken konnten bis Ende 2022 597 Personen tatsächlich als der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene zugehörig eingestuft werden.

Reichsbürger bewegen sich in einem für sie geschlossenen Weltbild. Der Glaube daran, dass deutsche Gesetze für sie keine Gültigkeit hätten, führt dazu, dass staatliche Maßnahmen als unrechtmäßig empfunden werden. Gewalttaten richten sich daher in aller Regel gegen staatliche Maßnahmen beziehungsweise gegen Vertreter des Staates. Solche Gewalttaten werden innerhalb der Szene in der Regel als Notwehr gegen den Staat gedeutet. Gewalttäter erfahren dementsprechend nach einschlägigen Vorfällen solidarisierenden Zuspruch. Bei Einzelpersonen, die ideologisch besonders gefestigt erscheinen, ist eine Häufung politisch motivierter Straftaten feststellbar, insbesondere Beleidigungs- und Nötigungsdelikte, in Einzelfällen auch Erpressungsdelikte. Darüber hinaus wurden innerhalb der Szene vermehrt reichsbürgertypische Musterschreiben verbreitet, die häufig als Reaktion auf Bußgeldbescheide an öffentliche Stellen adressiert werden. Diese erfüllen u. a. aufgrund der enthaltenen Schadensersatzforderungen die Straftatbestände der Erpressung, Nötigung und Bedrohung.

Straftaten von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene werden seit dem Jahr 2017 gesondert erfasst.

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 699 (Vorjahr: 425) extremistische Straftaten gezählt, darunter 197 Gewaltdelikte (Vorjahr: 122). Den Schwerpunkt bei den Gewaltdelikten bildeten mit 185 Taten erneut die Erpressungsdelikte (Vorjahr: 113). Die Zahl der Widerstandsdelikte stieg auf 12 Taten an (Vorjahr: 5). Mit 385 Taten stellten Nötigungs- und Bedrohungsdelikte erneut den Schwerpunkt der sonstigen 502 Straftaten dar (Vorjahr: 178 bzw. 303). Einzelne Personen sind u. a. wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung sowie verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Staatsorganen aufgefallen.

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© Jack Moreh / AdobeStock

Bestrebungen, die basierend auf einem von Verschwörungstheorien geprägten Staats- und Elitenhass in demokratiefeindlicher Weise darauf abzielen, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, ohne dabei die Wesensmerkmale extremistischer Bestrebungen eines anderen Phänomenbereichs, wie etwa des Rechtsextremismus, aufzuweisen, werden dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zugerechnet. Hierzu zählen auch Bestrebungen, die sich durch eine agitatorische Verächtlichmachung des Staates gegen das Demokratieprinzip richten, die durch ihre Demokratiefeindlichkeit angetrieben zu extremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten aufrufen oder sich unter Verkennung der Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz zugrundeliegenden Voraussetzungen auf ein vermeintliches Widerstandsrecht berufen und sich dabei gegen das Rechtsstaatsprinzip stellen.

Das Personenpotenzial im Phänomenbereich verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates liegt in Bayern derzeit im mittleren zweistelligen Bereich.

Bei Teilen des beobachteten Personenkreises war eine zunehmende Gewaltbereitschaft vorwiegend im Zusammenhang mit Protestveranstaltungen oder im virtuellen Raum zu verzeichnen.

Es lassen sich in Bayern – und damit auch in Oberfranken – derzeit keine festen Strukturen ausmachen. Feststellbar sind Vernetzungsbestrebungen vor allem im virtuellen Raum, dort überwiegend auf Kommunikationsplattformen wie Telegram.


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Gelbes Transparent "Islam nein Danke"
© BIGE

Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Menschen muslimischen Glaubens die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für den Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft.

Das Internet wird von verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Gruppierungen intensiv genutzt, um islamfeindliche Inhalte zu verbreiten. Dabei können insbesondere anonyme oder pseudoanonymisierte Beiträge auf Webseiten und Blogs nicht automatisch den Betreibern zugerechnet werden. Auch die Nutzung sozialer Netzwerke und die Verbreitung von Videomaterial über Plattformen wie YouTube spielt für diese Szene eine wichtige Rolle.

In Oberfranken wurden 2022 keine derartigen Aktionen bekannt.


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Bild von einer Versammlung im Rahmen der Sicherheitskonferenz 2019, Banner werden von Demonstranten getragen, es steigt roter Rauch aus der Mitte auf
© BayLfV

Ziel der linksextremistischen Szene ist es, die durch das Grundgesetz vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und – je nach ideologisch-politischer Orientierung – durch eine sozialistische, kommunistische oder eine „herrschaftsfreie“ Gesellschaft zu ersetzen. Die linksextremistischen Vorstellungen richten sich insbesondere gegen durch das Grundgesetz garantierte Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip und den Pluralismus.

Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wird als „kapitalistisches System“ und als Wurzel des Faschismus diffamiert und soll abgeschafft werden. In der linksextremistischen Szene bilden Autonome den weitaus größten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials.

Autonome haben zwar keine einheitliche Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen. Neben Sachbeschädigungen wenden Autonome auch Gewalt gegen Personen – vor allem gegen tatsächliche oder vermeintliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene und Polizeikräfte – an, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Die Szene besetzt dabei auch Themen, die an sich nicht extremistisch sind. Ihr Ziel ist es dabei aber in erster Linie, ihre linksextremistischen politischen Positionen zu verbreiten. Hierzu werden vor allem aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen wie Klima- und Umweltschutz oder Migration aufgegriffen. So werden seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland thematisiert und der Kontakt zu bürgerlich-demokratischen Organisationen gesucht, um die Akzeptanz der eigenen antidemokratischen Standpunkte zu erhöhen.

Die bayerische linksextremistische Szene erkennt in der Klimabewegung ein immenses Potenzial. Außer bei einzelnen eigenen Aktionen ist es ihr jedoch nicht gelungen, dieses Themenfeld für sich zu nutzen. An Aktionen von Klimaschützern sind Linksextremisten nur vereinzelt beteiligt.

In Bayern unterhält die linksextremistisch beeinflusste Klimakampagne „Ende Gelände“ Ortsgruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg.

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