Situation in Mittelfranken

Polizisten stehen vor fahnenschwenkenden Demonstranten bei einer Demonstration von Rechtsextremisten.
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(Anmerkung zu „Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK): Als PMK werden alle Straftaten bezeichnet und erfasst, die einen oder mehrere Straftatbestände der sogenannten klassischen Staatsschutzdelikte erfüllen, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann. Bei Straftaten, die auch in der Allgemeinkriminalität begangen werden können, erfolgt eine Würdigung der Gesamtumstände (siehe Bericht des Bundesamts für Verfassungsschutz 2022, Seite 24)

Das Polizeipräsidium Mittelfranken stellt in seinem Sicherheitsbericht Mittelfranken 2022 zum Deliktsbereich Politisch motivierte Kriminalität fest, dass in Mittelfranken 820 politisch motivierte Straftaten registriert wurden. Im Vergleich zum Vorjahr stellt dies einen Rückgang um 398 Fälle (32,7 %) dar. Von den 820 Straftaten sind 33 der Deliktsqualität der Gewaltstraftaten zuzuordnen (Vorjahr: 40 bzw. -17,5 %). Die Aufklärungsquote liegt mit 51,3 % unter dem Niveau des Vorjahres (53,9 %).

Im vorpandemischen Jahr 2019 wurden in Mittelfranken insgesamt 835 politisch motivierte Straftaten registriert, die Aufklärungsquote betrug hierbei 48,3 %.

© PP Mittelfranken

Im Deliktsbereich „PMK -rechts-“ wurden im Berichtszeitraum 2022 insgesamt 292 Straftaten und somit 23 weniger als im Vorjahr registriert (7,3 %). Elf dieser Straftaten sind als Gewaltstraftaten eingeordnet. Die Aufklärungsquote konnte auf 62,2 % gesteigert werden (Vorjahr 52,1 %).

Der deliktische Schwerpunkt liegt mit 170 Fällen bei den Propagandadelikten (z. B. öffentliches Zeigen und Rufen verbotener Parolen oder Schmieren von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen) und der Volksverhetzung in 54 Fällen. Bei den Gewaltdelikten handelt es sich ausschließlich um Körperverletzungsdelikte.

Eine zunehmende Gefahr besteht durch das frei im Netz und in Chatgruppen kursierende rechtsextremistische Gedankengut. Das Attentat auf den Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke und der terroristische Anschlag von Halle (Sachsen-Anhalt) im Jahr 2019 oder die Festnahme einer Rechtsextremistin aus dem Landkreis Nürnberger Land im Jahr 2020 zeigen nachdrücklich auf, dass innerhalb der rechtsextremistischen Szene auch virtuelle Radikalisierungsprozesse von Einzelpersonen, losgelöst von größeren Gruppierungen, stattfinden. Beleidigungen und Drohungen gegen Lokalpolitiker und Parlamentarier waren erneut in hohem Maße festzustellen.

Geistige Grundlage für derartige Prozesse sind sog. „Hasspostings“ in Foren, Chatgruppen und sozialen Netzwerken.

Eine substanzielle Beeinflussung oder systematische Unterwanderung der Anti-Corona-Protestformate durch extremistische Akteure konnte für Mittelfranken nicht belegt werden.

Die Flüchtlings- und Asylthematik hat im Jahr 2022 innerhalb der rechtsextremistischen Szene an Gewicht verloren. Die Fluchtbewegung im Kontext des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine hat zu keinem Anstieg der Fallzahlen im Phänomenbereich „Rechts“ geführt.

An weiteren Infos interessiert? Der Gesamtbericht des Polizeipräsidiums Mittelfranken 2022 kann hier nachgelesen werden.

Präventionsarbeit an Schulen

Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) führte im Jahr 2023 56 Workshops an Schulen im Regierungsbezirk Mittelfranken durch. Diese Veranstaltungen finden sowohl anlassbezogen als auch anlassunabhängig statt. 

Anlassbezogene Vorträge und Beratungen an Schulen erfolgen sowohl auf Anfragen von Seiten der Schulen als auch eigeninitiativ durch die BIGE, wenn diese Kenntnisse über Vorfälle mit Bezug zum Rechtsextremismus erhalten. Beispielhaft zeigt sich dies durch:

  • Zeigen des „Hitler Grußes“ oder Skandieren von „Heil Hitler“,
  • Öffentliches Zeigen verbotener rechtsextremistischer Symbole wie z. B. das Hakenkreuz,
  • Rechtsextremistische Schmierereien an Schulgebäuden oder am Mobiliar im Klassenzimmer,
  • rassistische, herabwürdigende oder beleidigende Äußerungen gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern oder auch Lehrkräften

Auch im digitalen Bereich finden derartige Aktionen z. B. in Form von Postings in Klassenchats (Darstellung Adolf Hitlers, verbotener Symbole wie z. B. des Hakenkreuzes oder antisemitische Darstellungen) oder auf Social Media statt. Auch gewaltverherrlichende Posts sind zu verzeichnen.

Die BIGE steht hierbei auch in engem Kontakt sowohl mit den jeweiligen Jugendbeamten der Polizei und den Kriminalpolizeiinspektionen als auch den jeweiligen Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz.

 

NPD-Aktivitäten Oktober/November 2022 in Mittelfranken

NPD-Aktivisten führten am 19. und 21. Oktober 2022 unter der Bezeichnung „Heimat!“ vor den Parteibüros von Bündnis/90 Die Grünen in Ansbach bzw. Nürnberg jeweils eine Aktion „Grün muss weg“ durch. Auch am 26. November 2022 nahmen erneut bis zu acht Aktivisten um den bayerischen NPD-Landesvorsitzenden an einer sich fortbewegenden Kundgebung zu den Themen Russland-Sanktionen, Energieversorgung, Inflation und Coronamaßnahmen in Ansbach teil. Die Aktivisten zeigten dort die gleichen Transparente wie auch am 21. Januar 2023 (siehe unten). Außerdem hatte am 7. Januar in Schwabach eine sich fortbewegende Kundgebung zu den Themen Frieden, Freiheit und Russland-Sanktionen mit etwa 47 Personen stattgefunden. Im Telegramkanal Heimat Bayern (@heimat_bayern) war am 07. Januar dazu berichtet worden, „In Schwabach demonstrieren heute wieder engagierte Bürger für Frieden, Freiheit und Selbstbestimmung und setzten ein Zeigen den Spalter, Kriegstreiber und Volksverräter.“ (vom Original übernommen) und zu einem späteren Zeitpunkt wurden auf Telegram Bilder veröffentlicht. Dabei waren die gleichen Transparente wie unter anderem am 26. November 2022 und am 21. Januar 2023 in Ansbach zu erkennen (Stand: 24. Januar 2023).

 

Aktionen der  rechtsextremistischen  Szene  zum  Volkstrauertag  am  13.  November 2022
 
Unter  dem  bereits  beim  Heldengedenken  in  Wunsiedel  proklamierten Motto „Tot sind nur jene, die vergessen werden“ führte auch der III. Weg am 13. November an mehreren Orten in  Bayern  Gedenken  durch.  In  Ostbayern  fanden  sich  Aktivisten  an  Kriegerdenkmälern  in Furth im Wald (Lkr. Cham), Hofkirchen (Lkr. Passau) und am Fuß des Dreisesselbergs (Lkr. Freyung-Grafenau) ein und hinterließen Kerzen und Blumenkränze. Ähnlich gelagerte Aktionen  fanden  auch  im  unterfränkischen  Hain  (Lkr.  Schweinfurt),  im  schwäbischen  Trauchgau (Lkr. Ostallgäu) und an verschiedenen Orten in Oberbayern und Mittelfranken statt.

 

Fränkische III. Weg-Stützpunkte führen gemeinsame Julfeier durch

Am 11. Dezember 2022 begingen die drei fränkischen Stützpunkte Oberfranken, Mainfranken und Nürnberg/Fürth der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) in Oberfranken ihre diesjährige Julfeier. Als Fest der Wintersonnwende nimmt die Julfeier im Zusammenhang mit der Bezugnahme auf germanisches Brauchtum im Rechtsextremismus einen wichtigen Platz ein. Wie in den letzten Jahren gestaltete der III. Weg die Feier erneut so, dass auch Familienangehörige einschließlich Kinder der Parteimitglieder, sowie deren Freundes- und Bekanntenkreis angesprochen wurden und so niedrigschwellig mit der neonazistischen Partei in Kontakt kamen. Zu den Programmpunkten zählten u. a. eine sogenannte „Sippenfeier“ mit „Speis und Trank“ sowie eine Zeremonie, bei der Verse und Singsprüche am Lagerfeuer aufgesagt wurden. Den Abschluss der Veranstaltung bildete eine Fackelwanderung. Mit der Veranstaltung will der III. Weg seine Anschlussfähigkeit insbesondere für Familien mit nationaler Gesinnung demonstrieren. Zudem bietet die Veranstaltung dem III. Weg eine Gelegenheit, Kinder, die sich bereits im Umfeld des III. Weg befinden, spielerisch mit rechtsextremistischem Gedankengut in Berührung zu bringen.

Bereits im historischen Nationalsozialismus ließ man die angeblich altgermanischen Sonnenwendfeiern wiederaufleben. Diese wurden als offizielle Gedenktage in die Symbolik von Volk, Blut und Boden integriert, insbesondere durch die SS. Zur Wintersonnenwende, der längsten Nacht des Jahres, feierten die Germanen das Jul als Opferfest für ihre Götter. Heutige Rechtsextremisten knüpfen bei ihrer Deutung des christlichen Weihnachtsfests als Julfest an die Ideologie und den Germanenkult der SS an. In dieser Tradition führen Angehörige der rechtsextremistischen Szene deutschlandweit Ende Dezember Veranstaltungen sowie interne Feiern durch.

 

Teilnahme von NPD-Mitgliedern an verschiedenen Demonstrationen in Ansbach

Am 21. Januar fand in Ansbach eine sich fortbewegende Kundgebung zu den Themen Frieden, Freiheit und Russland-Sanktionen mit etwa 75 Personen statt. Unter den Teilnehmenden befanden sich der bayerische NPD-Landesvorsitzende und bis zu sieben Personen, die zwei Transparente mit dem Begriff (Label) „Heimat!“ zeigten. Das unter anderem gezeigte Transparent „Gegen Armut und Verzweiflung – Jetzt auf die Straße! HEIMAT!“ vertreibt der NPD-Bundesverband im Internet über den „HEIMAT Shop“ mit Anschrift bei der NPD-Parteizentrale in Berlin. Das von den Personen ebenfalls mitgeführte Transparent „Kriegstreiber stoppen!“ war am 28. August 2021 bei einer NPD-Protestaktion in Ansbach gezeigt worden, damals allerdings noch mit einem NPD-Symbol. Bei allen drei Transparenten war der Bezug zur NPD für Dritte während der Kundgebung nicht offen erkennbar. In den Telegramkanälen Heimat Franken (@heimat_franken) und Heimat Bayern (@heimat_bayern) konnten am 24. Januar Kundgebungsbilder, u.a. mit den drei Transparenten, festgestellt werden.

Am 25. Februar nahmen Mitglieder der NPD an einer Demonstration in Ansbach zum Thema „Ansbach steht auf; Für Frieden, Freiheit und Menschenrechte; Gegen Waffenlieferungen“ teil. Dabei konnten mehrere der NPD zuzuordnende Plakate und Transparente festgestellt werden, wovon zwei Transparente den Demonstrationszug anführten.

 

Gepäcklauf III. Weg in Franken am 18. März 2023

Die neonazistische Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) veröffentlichte am 26. März einen Onlinebeitrag mit dem Titel „7 km, 20 kg, 52 Minuten: Jugendtag in Franken durchgeführt“, der auch Foto- und Videoelemente umfasste. Eigenen Angaben zufolge hatte der III. Weg-Stützpunkt Nürnberg-Fürth bereits am 18. März Angehörige der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ) und „Ältere“ zu einem „Treffen mit der körperlichen Leistungsgrenze“ aufgerufen.

Elf Läufer aus Franken und Oberbayern sollten sich an dem sieben Kilometer langen Rundlauf entlang des Main-Donau-Kanals beteiligt haben. Der Lauf sollte im „Feldanzug“ und mit 20 Kilogramm Marschgepäck innerhalb der vorgegebenen Zeit von 52 Minuten absolviert werden. Jugendliche hätten zunächst lediglich Unterstützungsaufgaben wahrnehmen sollen. Schlussendlich hätten sich aber „alle […] als Läufer gemeldet“. Zehn teils militärisch bekleidete Läufer erreichten mit ihrem Marschgepäck das Ziel.

Die „Nationalrevolutionäre Jugend“ (NRJ) ist die Jugendorganisation des III. Weg. Am 3. Dezember 2022 gründete sich in Schweinfurt der NRJ-Stützpunkt Franken. Der Stützpunkt soll nach Parteiangaben die Regierungsbezirke Unterfranken, Mittelfranken und Oberfranken umfassen. Aufgabe der NRJ ist die Nachwuchsarbeit des III. Weg. Mit einem speziell zugeschnittenen Programm sollen interessierte Jugendliche möglichst früh in die Parteiarbeit eingebunden und ideologisch indoktriniert werden. Die Spannweite der Veranstaltungen reicht dabei von Wanderungen über sogenannte „Wald- und Wiesentage“, Ausflüge und sportliche Aktivitäten bis hin zu Selbstverteidigungskursen, Nachhilfeunterricht, Schulungs-veranstaltungen und Flugblattverteilungen.

Die Rahmenbedingungen des vom III. Weg am 18. März initiierten Gepäcklaufs waren Anforderungen an Ausdauer- und Kraftkomponenten von Bundeswehrsoldaten vergleichbar.

 

Friedensdemo der AfD am 15. April 2023 in Nürnberg mit extremistischer Beteiligung  

Am 15. April fand am Jakobsplatz in Nürnberg eine Versammlung der AfD statt. Dabei konnte auch die Teilnahme von Aktivisten der Identitären Bewegung (IB) festgestellt werden, die innerhalb des Veranstaltungsgeländes der AfD ein Transparent mit dem Schriftzug „Globalisten Grenzen zeigen. Autarkie – Souveränität – Remigration“ mit sich führten.

Das Transparent ist aus der IB-Kampagne „Aktion Solidarität“ bekannt, mit der die IB im August 2022 in Erscheinung trat.

Schmierereien von Hakenkreuzen und SS-Runen an Häusern und Fahrzeugen in Schnelldorf, Lkrs. Ansbach am 5. August 2023

In den frühen Morgenstunden des 5. August wurden im Norden von Schnelldorf, Lkr. Ansbach, Schmierereien an vier Häusern und Beschädigungen an fünf Fahrzeugen festgestellt. Die Häuser wurden hierbei mit Hakenkreuzen, SS-Runen und die Zahl 88, mit grauer Farbe besprüht und der Schriftzug „Flüchtlinge drecks Pack“ angebracht. Die Fahrzeuge waren ebenso mit verfassungsfeindlichen Symbolen besprüht, teilweise wurde auch bei einigen Fahrzeugen Außenspiegel und Scheibenwischer beschädigt. Auch an einem Holzzaun wurden zwei aufgesprühte Hakenkreuze angebracht. Hinweise auf Täter liegen aktuell nicht vor (Stand: 23.08.2023). Ob hier ein Zusammenhang mit dem zeitgleich stattfindenden „Chameleon Festival“ (Elektro-Musik Festival) am Erlensee besteht, kann bis dato nicht gesagt werden.

 

Auffällige Hakenkreuzschmierereien in Nürnberg

Am 31. Oktober wurde die Polizei  auf einen auffälligen, rechtsextremen Schriftzug aufmerksam gemacht. Demnach schmierten unbekannte Täter über 35 Meter hinweg eine rechtsextreme Parole mit zwei Hakenkreuzen an die Steintribüne am Nürnberger Zeppelinfeld.

Am 04. November kam es zu einer erneuten Sachbeschädigung durch ähnliche Schmierereien. Diesmal handelte es sich am Rande des Zeppelinfeldes um ein großflächiges Hakenkreuz (1,9 m x 1,7 m) in schwarzer Farbe auf der Wand eines Gebäudes. Bereits Anfang November wurde an einer Wand im Bereich eines Discounters im Nürnberger Norden ein ca. 1,5 m x 1,5 m angebrachtes Hakenkreuz festgestellt.

 

Auch jenseits von organisierten Strukturen verbreiten Einzelpersonen – auch aus Mittelfranken – verfassungsfeindliche Propaganda im Internet. Dabei werden auf den unterschiedlichsten Plattformen – beispielsweise durch Memes, Hashtags und Kommentare – extremistische Botschaften geteilt und zum Hass aufgestachelt. Die Entwicklungen im digitalen Raum werden von den Sicherheitsbehörden laufend beobachtet. In enger Abstimmung zwischen Justiz, Polizei und Verfassungsschutz werden Hassbotschaften bzw. strafrechtlich relevante Inhalte konsequent verfolgt.

Rechtsextremistische Organisationen und Einzelpersonen setzen für ihre Propaganda digitale Medien und Formate als festen Bestandteil ihrer Kommunikationsstrategien ein. Das Internet ermöglicht ihnen den erleichterten Zugang zu einem heterogenen Empfängerkreis, der über die engere extremistische Anhängerszene hinausreicht.

Allerdings gehen insbesondere die im Internet aktiven Personen weit über das bekannte partei- und organisationsgebundene rechtsextremistische Spektrum hinaus. Das Personenpotenzial ist daher zahlenmäßigen Schwankungen unterworfen.

Rechtsextremistische Akteure nutzen das Internet, um manipulative und extremistische Inhalte zu verbreiten. Sie wollen ein Klima von Misstrauen und Hass z. B. gegenüber Geflüchteten und Andersdenkenden, aber auch gegenüber etablierten Medien, staatlichen Einrichtungen und dem demokratischen Prozess schaffen. Soziale Medien bieten diesen Einzelpersonen niedrigschwellige Möglichkeiten, in virtuellen Räumen verfassungsfeindliche Propaganda zu betreiben, sich zu vernetzen und Aktionen zu planen, die im äußersten Fall zur Begehung von schweren Straftaten in der Realwelt, wie Angriffen gegen Repräsentanten des Staates und der Politik, führen können. Daher spielt das Internet auch bei Radikalisierungsprozessen, die von einer realweltlichen rechtsextremistischen Szene losgelöst sind, eine zentrale Rolle.

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Rechtsextremistische Musik ist ein wesentliches Eintrittstor in die rechtsextremistische Szene.

So nutzen Szeneangehörige Musik, um Jugendliche mit rechtsextremistischem Gedankengut in Kontakt zu bringen. Oft wird weiterhin verkürzt von „Rechtsrock“ gesprochen, obwohl das Angebot an rechtsextremistischer Musik längst zahlreiche unterschiedliche Stile und Zielrichtungen umfasst, die von Skinheadmusik und Balladen über Vikingrock, Black Metal, Hatecore und Neofolk bis hin zu Rap und Techno reichen. Die Texte enthalten nationalistisches, fremdenfeindliches, antisemitisches und antidemokratisches Gedankengut.

Rechtsextremistische Musikveranstaltungen (Konzerte und Liederabende) im In- und Ausland ermöglichen es Szeneangehörigen zudem, neue Kontakte aufzubauen, sich szeneintern zu vernetzen oder Einkünfte zu generieren.

Im Hinblick auf rechtsextremistische Musik- und Konzertveranstaltungen ist im Bundesgebiet ein allgemeiner Trend zur Verbindung politischer Rednerveranstaltungen mit Musikveranstaltungen festzustellen. In Bayern überwiegt hingegen die Zahl der Musikveranstaltungen, die in kleinem Kreis und privatem Rahmen oft konspirativ durchgeführt werden.

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Für das Jahr 2022 wurden in Mittelfranken keine rechtsextremistischen Musikveranstaltungen bekannt.

Der Verfassungsschutz unterscheidet rechtsextremistische Gruppierungen, Parteien und Einzelpersonen in drei Kategorien:

  •  Parteien und parteinahe Strukturen
  •  Parteiungebundene Strukturen

In diese Kategorie fallen alle Gruppen und Organisationen, welche einen gewissen Bindungs- und Organisationsgrad erkennen lassen. Hierzu zählen organisierte neonazistische Gruppierungen, rechtsextremistische Bands, kommunale Wählervereinigungen, Verlage und Vertriebsnetze, Bürgerinitiativen, Vereine, kameradschaftliche Stammtischrunden und Gesprächszirkel. Vor allem finden sich hier organisierte Neonazis und die Identitäre Bewegung (IB).

  • Unstrukturiertes Personenpotential

Zu dieser Kategorie zählen organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtsextremisten (Skinheads), rechtsextremistische Einzelpersonen und Internetaktivisten.

In Mittelfranken gibt es auch organisationsungebundene subkulturell geprägte Rechtextremisten sowie rechtsextremistische Einzelpersonen, die sich anlassbezogen, zum Beispiel bei Demonstrationen oder privaten Treffen, zusammenfinden.

Die Partei Der Dritte Weg (III. Weg) verfügt in Deutschland über 650 Mitglieder, davon 150 in Bayern. Die Partei vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus. Zahlreiche Mitglieder, Fördermitglieder und mit der Partei Sympathisierende stammen aus dem Umfeld des 2014 verbotenen neonazistischen Netzwerks Freies Netz Süd (FNS).

Ausführliche Hintergrundinformationen zu der Partei finden sie hier

Die Parteistützpunkte des neonazistischen III. Weg berichten regelmäßig über ihre Aktivitäten auf der Webseite der Partei. So werden bundesweite Kampagnen der Partei durch die einzelnen Parteigliederungen regional oder lokal durch eigene Aktionen umgesetzt, über die dann im Anschluss auf der Parteiseite berichtet wird.

Des Weiteren betreibt die Partei unter der Bezeichnung „Revolution auf Sendung“ ein Internetradioformat. Die Sendungen werden unregelmäßig auf der Webseite der Partei eingestellt und beinhalten Interviews, Musikbeiträge und Nachrichten der Partei. Bei den Interviewpartnern handelt es sich um rechtsextremistische Aktivisten.

Da sich der III. Weg nicht nur als reine Partei, sondern ebenso als „Nationale Bewegung“ versteht, sollen durch regelmäßige Freizeitaktivitäten – wie etwa sportliche Aktivitäten, Wanderungen, Vorträge und Rechtsschulungen – Mitglieder, Sympathisierende und deren Familien eng an Partei und Stützpunkt gebunden werden.

Die Publikation „Fußball & Nationalismus“ des III. Weg, die Ende August auf szenetypischen Vertriebsseiten erschien, zeigt deutlich, dass Rechtsextremisten gewöhnliche Fanszenen als Aktions- und Rekrutierungsfeld ansehen.

Konkrete Kenntnisse für Mittelfranken können unter der Rubrik „Besondere Ereignisse und Aktivitäten“ nachgelesen werden.

© BaylfV

Bis 2019 gliederte sich die Partei in die Gebietsverbände Süd, Mitte und West. Am 28. September 2019 beschloss der III. Weg auf seinem Bundesparteitag eine Änderung seiner Satzung. Diese zielte auf eine Umstrukturierung der Gebietsverbände in Landesverbände ab.

Die Gründung des Landesverbands Bayern, der den bisherigen Gebietsverband Süd ersetzte, erfolgte am 25. Juli 2020.

Kreisverbände sind die kleinsten selbstständigen Einheiten der Partei.

Die Satzung ermöglicht es, in Gebieten, in denen keine Untergliederungen bestehen, sogenannte „Stützpunkte“ einzurichten. Im Jahr 2023 sind auf der Parteiwebseite 23 Stützpunkte genannt, davon 5 in Bayern. Die bayerischen Stützpunkte entsprechen weitgehend den geografischen Schwerpunkten des verbotenen neonazistischen Netzwerkes „Freies Netz Süd“ (FNS).

In Mittelfranken unterhält die Partei seit dem 29. März 2014 einen eigenen Stützpunkt Nürnberg/Fürth.

In der Regel sind die Aktivisten auf den ersten Blick – etwa durch das Tragen einschlägiger Kleidung oder Banner – nicht als Angehörige rechtsextremistischer Gruppierungen erkennbar. Auf diese Weise versuchten sie – in der Regel erfolglos – auch bei Personengruppen Gehör zu finden, die sie bislang nicht durch offen rassistische und fremdenfeindliche Agitation erreichen konnten.

In ähnlicher Weise wollte der III. Weg die gesellschaftlichen Spannungen aufgrund der wirtschaftlichen Folgen des Ukraine-Kriegs wie Inflation und Energieknappheit für sich nutzen, doch erzeugten die diesbezüglichen Aktivitäten ebenfalls keine erkennbare gesellschaftliche Resonanz.

Im Januar 2023 kam es durch Aktivisten des III. Weg in Ober- und Unterfranken vermehrt zu Aktionen rund um das Thema „Anti-Asyl“. In diesem Zusammenhang erfolgte erneut eine Zusammenarbeit mit dem rechtsextremistischen Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS). Dabei wurden in Oberfranken eine Reihe von Protestkundgebungen gegen die Unterbringung von Flüchtlingen abgehalten. Ein damaliger Funktionär des III. Weg hetzte dabei in seinen Reden in aggressiver Art und Weise gegen Ausländer und den deutschen Staat.

Grundsätzlich ist der Internetauftritt jedes Stützpunktes der Partei mit der Parteiseite verlinkt auf der regelmäßig regionale Berichte von Aktionen, wie beispielsweise Flyerverteilaktionen, eingestellt werden.

Die Partei eröffnete am 29. Oktober 2022 in Schweinfurt ihr erstes Partei- und Bürgerbüro in Bayern mit einem sog. „Bürgerfest“. Im Nachgang zu dieser Eröffnung kam es auch zur Gründung des Stützpunktes Franken der Nationalrevolutionären Jugend (NRJ), der Parteijugend des III. Weg.

Das Kollektiv Zukunft Schaffen – Heimat Schützen (KZSHS) ist eine dem subkulturellen Rechtsextremismus zuzurechnende Gruppierung aus dem Raum Nordbayern mit ideologischer Nähe zum Neonazismus. Aktivitäten von KZSHS konnten sowohl realweltlich als auch virtuell erstmals in 2021 festgestellt werden.

Realweltlich trat die Gruppierung insbesondere mit der Durchführung von für die subkulturelle rechtsextremistische Szene typischen Freizeitaktivitäten, beispielsweise gemeinsame Wanderungen, in Erscheinung. Jedoch konnte auch die Teilnahme an dezidiert politischen Veranstaltungen, die gemeinsam mit anderen rechtsextremistischen Gruppierungen erfolgte, festgestellt werden. So traten am 1. Mai 2022 bei einer Kundgebung der rechtsextremistischen Neue Stärke Partei (NSP) in Erfurt ein Vertreter von KZSHS als Redner und andere Mitglieder als Teilnehmende auf. Über den Messengerdienst Telegram verbreitet KZSHS verfassungsfeindliche Agitation. In mehreren Beiträgen verherrlicht die Gruppierung die Zeit des Nationalsozialismus und Faschismus.

Darüber hinaus verbreitete KZSHS über Telegram auch zahlreiche Beiträge anderer rechtsextremistischer Gruppierungen. So teilte die Gruppierung neben mehreren Beiträgen der NPD ebenso vielfach Beiträge der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg). Mit ihrem Engagement unterstützt KZSHS nachdrücklich auch die von diesen Organisationen ausgehenden, auf die Beseitigung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung abzielenden Bestrebungen.

Erkenntnisse über Aktivitäten es KZSHS in Mittelfranken liegen nicht vor.

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Die Partei NPD bzw. Die Heimat verfügt deutschlandweit über 3.150 Mitglieder und Fördermitglieder, davon 450 in Bayern (Stand 2022).

Die Partei wird als rechtsextremistisch bewertet. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte die Verfolgung von verfassungsfeindlichen Zielen der NPD mit Urteil vom 17. Januar 2017, entschied aber gegen ein Verbot der Partei wegen fehlender Anhaltspunkte für eine erfolgreiche Durchsetzung ihrer verfassungsfeindlichen Ziele.

Auf einem Bundesparteitag am 3. Juni 2023 hat sich die NPD in Die Heimat umbenannt.

Wie die meisten rechtsextremistischen Gruppierungen und Parteien ist auch die NPD bzw. Die Heimat im Internet aktiv und kann daher nicht nur durch Aktionen vor Ort, sondern ebenso online, u. a. durch Streaming-Angebote, ihre Ideologie auch in Mittelfranken verbreiten.

Unter dem Namen „Heimat!“ führte die Partei am 19. und 21. Oktober 2022 vor den Parteibüros von Bündnis 90/Die Grünen in Ansbach bzw. in Nürnberg jeweils eine Aktion unter dem Titel „Grün muss weg“ durch. In Ansbach stellten die Teilnehmenden zwei Mülltonnen mit darin befindlichen Pappaufstellern des Bundeswirtschaftsministers und der Bundesaußenministerin auf, entrollten ein Transparent und entzündeten ein Bengalisches Feuer. Dabei riefen sie „Grün muss weg“.

In Nürnberg erfolgte ebenfalls das Aufstellen zweier Mülltonnen mit darin befindlichen Pappaufstellern, darüber hinaus wurden im Umfeld mehrere Plakate angebracht. Weiterhin betraten die beiden Teilnehmenden ungefragt und filmend die Räumlichkeiten des Parteibüros. Ein Aktivist, der auch Beisitzer im bayerischen Landesvorstand ist, sprach dabei mit einem Mikrofon eine der dort tätigen Personen an.

Im Anschluss wurde die Aktion auf Social-Media-Präsenzen und Webseiten der Partei sowie auf dem privaten Instagram- bzw. Facebook-Profil des erwähnten Aktivisten verbreitet. Darüber hinaus wurde ein beide Aktionen zeigendes, aufwendig produziertes Video auf einem der Partei zuzurechnenden YouTube-Kanal hochgeladen. Dieses ist mit Redebeiträgen des Aktivisten unterlegt.

Für den bayerischen Landesverband der Partei waren die beiden Aktionen die ersten öffentlichkeitswirksamen Auftritte unter dem später neu gewählten Parteinamen Die Heimat bzw. dem Label Heimat. Gleichzeitig werden mittlerweile auch entsprechend benannte Social-Media-Kanäle bespielt.

Insgesamt ist festzustellen, dass die parteigebundene rechtsextremistische Szene seit Längerem stagniert. Um Überalterung und Mitgliederschwund entgegenzuwirken, versucht die Partei mit ihrer Umbenennung in Die Heimat die mit dem alten Namen verknüpften negativen Assoziationen hinter sich zu lassen. Gleichzeitig bedient diese Namensgebung das rechtsextremistische Narrativ, wonach die Heimat des „deutschen Volkes“ und dieses selbst in ihrem traditionellen Bestand gefährdet seien.

Öffentlich wahrnehmbare Aktivitäten der Partei in Bayern beschränken sich gegenwärtig auf Mittel- und Unterfranken. Es bestehen Facebook-Profile der Heimat für das Bundesland Bayern und die räumlichen Bereiche Ansbach, Franken sowie Untermain.

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Die JA ist gemäß § 17a der Bundessatzung der Alternative für Deutschland (AfD) die offizielle Jugendorganisation der Partei. Die JA wurde im Juni 2013 gegründet und ist als eigenständiger Verein mit Sitz in Berlin konstituiert.

Das Verwaltungsgericht Köln hat in einem noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstreitverfahren der AfD gegen das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in der Entscheidung vom 8. März 2022 die Zulässigkeit der Beobachtung der JA sowie die Berichterstattung durch das BfV bestätigt. Die AfD hat gegen die Entscheidung des VG Köln Berufung eingelegt.

Bundesweit sind für die JA 1.600 Anhänger zu verzeichnen, in Bayern werden der Gruppierung etwa 70 Personen zugerechnet. Laut Facebook-Profil der JA Bayern ist diese in Bayern mit Sitz in Nürnberg vertreten.

Die JA Bayern weist keine flächendeckenden bayerischen Strukturen auf. Realweltliche Veranstaltungen der JA Bayern fanden 2022 insbesondere im Rahmen der Freizeitgestaltung statt.

Einem Instagram-Post zufolge besuchte Anfang November 2022 ein bayerischer JA-Funktionär, der zugleich Mitglied des JA-Bundesvorstands ist, mit zwei Aktivistinnen der Identitären Bewegung (IB) den Bayerischen Landtag.

Derartige öffentlichkeitswirksame Veranstaltungen sind 2022 in Mittelfranken nicht bekannt.

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Die ursprünglich aus Frankreich stammende und inzwischen europaweit agierende Identitäre Bewegung (IB) ist ein rechtsextremistischer Personenzusammenschluss, der eine mitunter subtile, auf den gesamtgesellschaftlichen Diskurs abzielende Beeinflussungsstrategie verfolgt.

Kennzeichnend für den Aktionismus der IB sind öffentliche Stör- und Transparentaktionen, die sie im Rahmen von Social-Media-Kampagnen inszenieren und verbreiten.

Die Identitäre Bewegung Deutschland (IBD) gliederte sich in Bayern nicht nach Regierungsbezirken, sondern nach vermeintlichen „Volksgrenzen“. Die Gliederung in die drei Gruppierungen Identitäre Bewegung Bayern (IB Bayern), Identitäre Bewegung Schwaben (IB Schwaben) und Identitäre Bewegung Franken (IB Franken) scheint in Bayern mittlerweile überholt, auch wenn einzelne Online-Profile weiterbestehen. Stattdessen löst sich die hierarchische Struktur der IB in Bayern infolge des Strategiewechsels zunehmend zugunsten augenscheinlich autonomer Regional- und Ortsgruppen auf. Diese Kleingruppen sollen die IB langfristig flexibler machen und vor staatlichen Maßnahmen, aber auch vor sogenannten „Outing Aktionen“, insbesondere durch den politischen Gegner, schützen.

Nach einem Rückgang in den letzten beiden Jahren nahm die Zahl öffentlicher Aktionen in Bayern 2022 wieder zu. Gleichzeitig bleibt das Aktivitätsniveau der IB nach wie vor eher niedrig. Die festgestellten Aktionen folgen dem beschriebenen Strategiewechsel, was sich insbesondere am Beispiel der Münchner Ortsgruppen Isar Legion und Lederhosen Revolte zeigt. In der Oberpfalz wird die Gruppierung Oberpfalz Revolte der IB zugerechnet. Auch hier führten Aktivisten eine Banneraktion am Rande des dortigen Christopher Street Days (CSD) durch und nahmen an mehreren Protestveranstaltungen teil.

Auch im Norden Bayerns wurde die IB wieder aktiv. Im September 2022 führte sie nahe des Ansbacher Hauptbahnhofs eine Banneraktion auf dem Dach eines Parkhauses durch. Dabei hielten vier vermummte Aktivisten ein Banner mit der Aufschrift „…und täglich grüßt der EINZELFALL“ und der Abbildung eines Murmeltiers mit einem blutigen Messer im Maul über die Brüstung des Parkhausdaches und warfen Flyer hinab. Im Nachgang wurde die Aktion mit einem Foto und einem entsprechenden Textbeitrag auf dem Instagram-Kanal „bollwerk.franken“ veröffentlicht. Unter dem Namen „Bollwerk Franken“ firmiert die dortige Regionalgruppe der IB. Ende Juni nahm sie mit einer Aktion in Zirndorf (Lkr. Fürth) an der „Stolzmonat“-Kampagne teil. Für diese, in den sozialen Medien beworbene, Gegenkampagne zum #Pridemonth wurden kettenbriefartig Aktionen und Aktionsaufrufe geteilt. Dabei wurden eigene Aktionen bekanntgegeben und zugleich weitere Personen „nominiert“, ähnliche Aktionen durchzuführen. In Abgrenzung zum #Pridemonth wurden bei den Aktionen die Farben Schwarz, Rot und Gold verwendet. Auf Instagram veröffentlichte „bollwerk.franken“ am 30. Juni ein Bild, auf dem Aktivisten eine Nationalfahne über die Brüstung des Vestner Turms hielten.

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Reisepass Deutsches Reich der Reichsbürgerbewegung
© picture alliance / blickwinkel/M

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet die Reichsbürger- und Selbstverwalterszene als sicherheitsgefährdende Bestrebung. In kleinen Teilen der Szene finden sich auch ideologische Überschneidungen mit dem Rechtsextremismus; insbesondere dort, wo sich Versatzstücke nationalsozialistischer, antisemitischer und revisionistischer Denkmuster wiederfinden.

Zur Reichsbürgerbewegung in Bayern zählen u. a. folgende Gruppierungen:

Volksstaat Bayern (ehem. Bundesstaat Bayern), Staatenlos.info - Comedian e. V., Verfassungsgebende Versammlung, Vaterländischer Hilfsdienst (VHD), Königreich Deutschland und die seit dem 19. März 2020 verbotene Gruppierung Geeinte deutsche Völker und Stämme (GdVuSt). Auch in Mittelfranken sind vereinzelt Aktivitäten dieser Gruppierungen bekannt geworden.

© BIGE

In Bayern liegen zu rund 5505 Personen belastbare Hinweise bezüglich ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene vor. In Mittelfranken beläuft sich die Zahl mit Stand 06/2023 auf 593 Personen.

Reichsbürger bewegen sich in einem für sie geschlossenen Weltbild. Der Glaube daran, dass deutsche Gesetze für sie keine Gültigkeit hätten, führt dazu, dass staatliche Maßnahmen als unrechtmäßig empfunden werden. Gewalttaten richten sich daher in aller Regel gegen staatliche Maßnahmen beziehungsweise gegen Vertreter des Staates. Solche Gewalttaten werden innerhalb der Szene in der Regel als Notwehr gegen den Staat gedeutet. Gewalttäter erfahren dementsprechend nach einschlägigen Vorfällen solidarisierenden Zuspruch. Bei Einzelpersonen, die ideologisch besonders gefestigt erscheinen, ist eine Häufung politisch motivierter Straftaten feststellbar, insbesondere Beleidigungs- und Nötigungsdelikte, in Einzelfällen auch Erpressungsdelikte. Darüber hinaus wurden innerhalb der Szene vermehrt reichsbürgertypische Musterschreiben verbreitet, die häufig als Reaktion auf Bußgeldbescheide an öffentliche Stellen adressiert werden. Diese erfüllen u. a. aufgrund der enthaltenen Schadensersatzforderungen die Straftatbestände der Erpressung, Nötigung und Bedrohung.

Straftaten von Angehörigen der Reichsbürger- und Selbstverwalterszene werden seit dem Jahr 2017 gesondert erfasst.

Im Jahr 2022 wurden insgesamt 699 (Vorjahr: 425) extremistische Straftaten gezählt, darunter 197 Gewaltdelikte (Vorjahr: 122). Den Schwerpunkt bei den Gewaltdelikten bildeten mit 185 Taten erneut die Erpressungsdelikte (Vorjahr: 113). Die Zahl der Widerstandsdelikte stieg auf 12 Taten an (Vorjahr: 5). Mit 385 Taten stellten Nötigungs- und Bedrohungsdelikte erneut den Schwerpunkt der sonstigen 502 Straftaten dar (Vorjahr: 178 bzw. 303). Einzelne Personen sind u. a. wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Symbole, Volksverhetzung sowie verfassungsfeindlicher Verunglimpfung von Staatsorganen aufgefallen.

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© Jack Moreh / AdobeStock

Bestrebungen, die basierend auf einem von Verschwörungstheorien geprägten Staats- und Elitenhass in demokratiefeindlicher Weise darauf abzielen, wesentliche Verfassungsgrundsätze außer Geltung zu setzen oder die Funktionsfähigkeit des Staates erheblich zu beeinträchtigen, ohne dabei die Wesensmerkmale extremistischer Bestrebungen eines anderen Phänomenbereichs, wie etwa des Rechtsextremismus, aufzuweisen, werden dem Phänomenbereich der verfassungsschutzrelevanten Delegitimierung des Staates zugerechnet. Hierzu zählen auch Bestrebungen, die sich durch eine agitatorische Verächtlichmachung des Staates gegen das Demokratieprinzip richten, die durch ihre Demokratiefeindlichkeit angetrieben zu extremistisch motivierten Straf- und Gewalttaten aufrufen oder sich unter Verkennung der Art. 20 Abs. 4 Grundgesetz zugrundeliegenden Voraussetzungen auf ein vermeintliches Widerstandsrecht berufen und sich dabei gegen das Rechtsstaatsprinzip stellen.

Das Personenpotenzial im Phänomenbereich verfassungsschutzrelevante Delegitimierung des Staates liegt in Bayern derzeit im mittleren zweistelligen Bereich.

Bei Teilen des beobachteten Personenkreises war eine zunehmende Gewaltbereitschaft vorwiegend im Zusammenhang mit Protestveranstaltungen oder im virtuellen Raum zu verzeichnen.

Es lassen sich in Bayern – und damit auch in Mittelfranken – derzeit keine festen Strukturen ausmachen. Feststellbar sind Vernetzungsbestrebungen vor allem im virtuellen Raum, dort überwiegend auf Kommunikationsplattformen wie Telegram.


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Gelbes Transparent "Islam nein Danke"
© BIGE

Islamfeindliche Agitation ist nicht auf den Bereich des Rechtsextremismus beschränkt. Auch jenseits der rechtsextremistischen, vornehmlich auf Rassismus begründeten Islamfeindlichkeit gibt es Gruppierungen und Einzelpersonen, die Menschen muslimischen Glaubens die im Grundgesetz verankerte Religionsfreiheit nicht zugestehen wollen. Sie setzen den Islam als Weltreligion gleich mit Islamismus und islamistischem Terrorismus und stellen die Religion des Islam als faschistische Ideologie dar, von der eine erhebliche Gefahr für unsere Gesellschaft ausgehe. Bei der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit fehlen die für den Rechtsextremismus typischen Ideologieelemente wie autoritäres Staatsverständnis, Antisemitismus, Rassismus oder die Ideologie der Volksgemeinschaft.

Das Internet wird von verfassungsschutzrelevanten islamfeindlichen Gruppierungen intensiv genutzt, um islamfeindliche Inhalte zu verbreiten. Dabei können insbesondere anonyme oder pseudonymisierte Beiträge auf Webseiten und Blogs nicht automatisch den Betreibern zugerechnet werden. Auch die Nutzung sozialer Netzwerke und die Verbreitung von Videomaterial über Plattformen wie YouTube spielt für diese Szene eine wichtige Rolle.


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Bild von einer Versammlung im Rahmen der Sicherheitskonferenz 2019, Banner werden von Demonstranten getragen, es steigt roter Rauch aus der Mitte auf
© BayLfV

Ziel der linksextremistischen Szene ist es, die durch das Grundgesetz vorgegebene Staats- und Gesellschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen und – je nach ideologisch-politischer Orientierung – durch eine sozialistische, kommunistische oder eine „herrschaftsfreie“ Gesellschaft zu ersetzen. Die linksextremistischen Vorstellungen richten sich insbesondere gegen durch das Grundgesetz garantierte Grundrechte, die parlamentarische Demokratie, die Gewaltenteilung, die Volkssouveränität, das Rechtsstaatsprinzip und den Pluralismus.

Die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland wird als „kapitalistisches System“ und als Wurzel des Faschismus diffamiert und soll abgeschafft werden. In der linksextremistischen Szene bilden Autonome den weitaus größten Teil des gewaltbereiten Personenpotenzials.

Autonome haben zwar keine einheitliche Ideologie, Ziel aller Autonomen ist es aber, den Staat und seine Einrichtungen zu zerschlagen. Neben Sachbeschädigungen wenden Autonome auch Gewalt gegen Personen – vor allem gegen tatsächliche oder vermeintliche Angehörige der rechtsextremistischen Szene und Polizeikräfte – an, um ihre Vorstellungen durchzusetzen. Die Szene besetzt dabei auch Themen, die an sich nicht extremistisch sind. Ihr Ziel ist es dabei aber in erster Linie, ihre linksextremistischen politischen Positionen zu verbreiten. Hierzu werden vor allem aktuelle, gesellschaftlich relevante Themen wie Klima- und Umweltschutz oder Migration aufgegriffen. So werden seit Beginn des Russland-Ukraine-Kriegs die politischen und gesellschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland thematisiert und der Kontakt zu bürgerlich-demokratischen Organisationen gesucht, um die Akzeptanz der eigenen antidemokratischen Standpunkte zu erhöhen.

Die bayerische linksextremistische Szene erkennt in der Klimabewegung ein immenses Potenzial. Außer bei einzelnen eigenen Aktionen ist es ihr jedoch nicht gelungen, dieses Themenfeld für sich zu nutzen. An Aktionen von Klimaschützern sind Linksextremisten nur vereinzelt beteiligt.

In Bayern unterhält die linksextremistisch beeinflusste Klimakampagne „Ende Gelände“ Ortsgruppen in Augsburg, Bamberg, Erlangen, München, Nürnberg, Passau, Regensburg und Würzburg.

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Neben Unterfranken (Aschaffenburg) verfügt die Interventionistische Linke (IL) über eine Ortsgruppe in Nürnberg.

Die IL wurde 2005 als bundesweites Netzwerk mit dem Ziel einer verbindlichen Organisation gegründet. Mit der Veröffentlichung des „Zwischenstandpapiers“ im Oktober 2014 wurde die IL zu einer bundesweiten Organisation umgeformt. Ideologisch orientiert sich die IL am Marxismus/Kommunismus. Sie versteht das bestehende Gesellschaftssystem als eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der die herrschende Klasse (Kapitalisten) die Arbeiterklasse (Proletariat) ausbeutet und unterdrückt.

Ziel der IL ist die Abschaffung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung und die Installation einer klassenlosen Gesellschaft. Dabei fokussiert sie sich nicht ausschließlich auf regionale Protestaktionen, sondern wirkt auch an der Vorbereitung überregionaler Aktionen mit.

Die IL arbeitet bundesweit in bürgerlichen Kampagnen und Bündnissen mit und versucht, dort sukzessive linksextremistische Themen und Ansichten zu etablieren. Dabei fungiert sie als „Scharnier“ zwischen gewaltbereiten und nicht gewaltbereiten linksextremistischen Akteuren sowie nicht extremistischen Kampagnen und Bündnissen. So ist die IL beispielsweise maßgeblich in viele Aktivitäten der bundesweiten Kampagne „Ende Gelände“ involviert.

Der Russland-Ukraine-Krieg bot der IL im besonderen Maße Gelegenheit, ihre Ideologie, Ziele und Aktionen in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Mit der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“ prangerte die Gruppierung das Regierungsprogramm „Sondervermögen Bundeswehr“ an, machte Rüstungsbetriebe für weltweite Kriege verantwortlich und warf den beteiligten Staaten imperialistisches Machtstreben vor. So brachte die IL Nürnberg u. a. auf dem diesjährigen Ostermarsch ihren Protest zum Ausdruck und entrollte auf der „Revolutionärer 1. Mai“-Demonstration gleichenorts ein Transparent mit der Aufschrift: „Aufrüstung stoppen! Gemeinsam für eine gerechte und befreite Gesellschaft“.

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