© Screenshot: prolos.info (gesichert: 22.12.20)

Gewaltorientierte Szene

Die gewaltorientierte Szene lässt sich grundsätzlich in drei Strömung gliedern. Hierzu zählen die „klassischen“ Autonomen, die den weitaus größten Teil der Szene bilden. Als Weiterentwicklung der autonomen Szene können die Postautonomen gesehen werden. Die Anarchisten schließlich bilden die dritte Strömung. Sie sind nicht minder gewaltbereit als Autonome, begründen ihre Handlungen aber rein auf eine anarchistische Ideologie.

Die Aktionsformen gewaltbereiter Linksextremisten reichen von heimlich begangenen Straftaten, wie Brandstiftungen, bis zu Gewalttaten in Form von „Massenmilitanz“ bei Demonstrationen. Auch die Verletzung von Menschen wird immer wieder bewusst in Kauf genommen. 

Autonome sind – überwiegend junge – gewaltorientierte Linksextremisten. Sie bilden den weitaus größten Teil des gewaltorientierten linksextremistischen Personenpotenzials. Zur autonomen Szene zählen bundesweit rund 7.400 Personen, in Bayern etwa 720. Autonome haben kein einheitliches ideologisches Konzept, sie folgen vielmehr anarchistischen und anarcho-kommunistischen Vorstellungen.

Einig sind sich alle Autonomen in dem Ziel, den Staat und seine Einrichtungen – auch mit Gewalt – zu zerschlagen und eine „herrschaftsfreie Gesellschaft“ zu errichten. Sie rechtfertigen Gewalt als erforderliches Mittel gegen die „strukturelle Gewalt“ eines „Systems von Zwang, Ausbeutung und Unterdrückung“. Gewalttätige Handlungen verstehen sie als Akt individueller Selbstbefreiung von den Herrschaftsstrukturen. Dazu gehören Brandstiftungen, Sabotage, Hausbesetzungen und militante Aktionen bei Demonstrationen. Autonome versuchen, auch demokratische Protestbewegungen für ihren Kampf gegen den Staat zu mobilisieren.

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Logo der autonomen Szene in Rosenheim
© Screenshot: twitter.com/infogruppe_ro (gesichert: 22.12.20)

In Rosenheim und Umgebung ist eine linksextremistische autonome Szene entstanden, die unter verschiedenen Bezeichnungen auftritt und mit dem „Z – linkes Zentrum in Selbstverwaltung“ über einen Treffpunkt verfügt, an dem sie regelmäßig Veranstaltungen durchführen kann. Die besonders gut vernetzte Gruppe dieser Szene ist die Infogruppe Rosenheim. Sie bezeichnet sich selbst als „autonom, antifaschistisch, emanzipatorisch“.

Die Infogruppe pflegt überregionale Bündnisse zu anderen linksextremistischen Gruppen in Südbayern und Österreich.

Eine weitere Gruppe nennt sich AGIR – Demokratische Jugend. Der Gruppenname dürfte sich von dem kurdischen Wort für Feuer und Flamme, agir, ableiten. Die regional und überregional agierende Gruppe ist seit Ende 2015 bekannt. Bei Aktionen von AGIR konnten bisher 30 Personen mit Bezug zur Gruppe festgestellt werden. Dabei handelt es sich größtenteils um Jugendliche, zum Teil noch Schüler. Die Mitglieder pflegen Kontakte zur autonomen Szene und zu PKK-nahen Organisationen. AGIR betätigt sich insbesondere im „Kampf“ gegen die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes (PEGIDA).

Zentrale Themenfelder von AGIR sind darüber hinaus der Kampf gegen Kapitalismus, Militarismus und Imperialismus. In einem Internetaufruf von AGIR heißt es:

„Lasst uns die Kriegsmaschinerie auch in Deutschland aufhalten. Die Rüstungsproduktion angreifen. Lasst uns den deutschen Imperialismus bekämpfen, wo wir nur können, mit allen Mitteln, die notwendig sind.“

Neben der Solidarisierung mit Aktivisten weltweit unterstützt AGIR insbesondere den Kampf kurdischer Aktivisten in Syrien. Darüber hinaus treten Autonome aus Rosenheim unter den Bezeichnungen Contre la Tristesse, und Offenes antifaschistisches Plenum Rosenheim auf.

Autonome aus Rosenheim treten auch unter den Bezeichnungen „Contre la Tristesse“ und „Offenes antifaschistisches Plenum Rosenheim“ (OAPR) auf. Das OAPR verhielt sich in der Vergangenheit gegenüber der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) besonders aggressiv. In sozialen Netzwerken rief das OAPR offen zur Gewalt gegen AfD-Politiker auf. Im Bundestagswahlkampf agitierte das OAPR gegen die AfD. Die Rosenheimer Szene zeigte bei ihren Demonstrationen Banner der „antifascist action!“ sowie der Kampagne „Nationalismus ist keine Alternative“. Auf Social-Media-Kanälen von OAPR und „Contre le Tristesse“ sind Bezüge zur linksextremistischen Szene in München ersichtlich.

Das OAPR verhielt sich in der Vergangenheit gegenüber der Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD) besonders aggressiv. In sozialen Netzwerken rief das OAPR offen zur Gewalt gegen AfD-Politiker auf. Am 23. April 2022  fand in Rosenheim das „Europäische Kommunalpolitische Forum“ der AfD statt. Bei der Gegenveranstaltung unter dem Motto „Gegen die Festung Europa und deren Nazis! Gegen Rassismus, Antifeminismus, Antisemitismus und die AfD! Für eine solidarische Gesellschaft“ wurden Rauchtöpfe gezündet. In den sozialen Medien wurde hierüber u. a. auch durch das OAPR selbst berichtet.

 

 

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Logo der Gruppe „Sozialrevolutionäre Aktion“ (SRA)
© Screenshot: sozialrevolutionaere-aktion.com (gesichert: 22.12.20)

In Regensburg gründete sich 2017 die autonome Gruppe Sozialrevolutionäre Aktion (SRA). Bei der SRA sind hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte für Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung zu erkennen: Die Gruppierung lehnt Staat, Staatsgewalt und Staatsvolk in ihrer Gesamtheit sowie die parlamentarisch-repräsentative Demokratie, die Volkssouveränität, das (Mehr-)Parteienprinzip und das Rechtsstaatsprinzip ab. In ihrem Selbstverständnis bekennt sich die SRA zudem zum Kommunismus:

„(…) Wir stehen in der Tradition der kämpfenden ArbeiterInnenklasse weltweit. Folgerichtig stehen wir deshalb für einen proletarischen Internationalismus ein. (…) Wir lehnen das kapitalistische Weltwirtschaftssystem in all seinen Ausprägungen entschieden ab. Wir sehen in diesem die Ursächlichkeit der derzeitigen Unterdrückung, Vertreibung, Entfremdung, Ausbeutung, Verelendung, Endmündigung sowie den weltweiten Dauerkriegszustand. (…) Dies gilt es zu erkennen und zu überwinden. (…)“
(Fehler aus dem Original übernommen)

Die SRA lehnt sämtliche Strukturen und die Herrschaft von Menschen über Menschen ab und vertritt somit anarchistisches Gedankengut:

„(…) radikales Denken heißt, den Ursachen auf den Grund zu gehen, deshalb lehnen wir vertikale und hierarchische Strukturen ab. (…)“

Die SRA befürwortet eine Überwindung der bestehenden Gesellschaftsverhältnisse durch Revolution. Zum Erreichen ihrer Ziele distanziert sich die Gruppe nicht von der Anwendung von Gewalt.

Am 31. Dezember 2021 behinderten SRA-Aktivisten in Regensburg einen Autokorso von Gegnern der der staatlichen Corona-Maßnahmen durch eine Sitzblockade. Die Polizei löste zur Gewährleistung des Versammlungsrechts die Sitzblockade auf.

Darüber hinaus schloss sich die SRA unter dem Motto „Internationale Solidarität gegen die globale Ausbeutung und Zerstörung unserer Lebensgrundlagen durch den Kapitalismus!“ zusammen mit anderen linksextremistischen Gruppierungen, u. a. dem Arbeiterbund für den Wiederaufbau der KPD, der SDAJ, der DKP, der alljährlichen „1.Mai-Kundgebung“ des DGB an. An der traditionellen Demonstration beteiligten sich in der Spitze ca. 370 Personen.

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Logo der Gruppe „Organisierte Autonomie“ (OA)
© Screenshot: redside.tk (gesichert: 22.12.20)

Die bereits 1993 gegründete OA ist ein Zusammenschluss eigenständiger autonomer Gruppen in Nürnberg, der sich als offenes Projekt versteht. Dabei spiegelt der Name den Widerspruch zwischen jeglicher Ablehnung von Strukturen einerseits und dem erforderlichen Mindestmaß an Organisation zur Zielerreichung andererseits wider. In ihrer Selbstdarstellung tritt die OA für eine kommunistische Gesellschaftsordnung ein, die im kontinuierlichen Kampf gegen die herrschende Ordnung erreicht werden soll.

Ihr Ziel ist es den „Klassenkampf von unten“ zu organisieren. Was die OA unter Antifaschismus versteht, wird in einer von ihr herausgegebenen Broschüre deutlich:

„Faschismus ist kein geschichtlicher Betriebsunfall, sondern ein gern genutztes Mittel der herrschenden, kapitalistischen Klasse zur Aufrechterhaltung ihres menschenverachtenden Systems.“

Die OA nutzt Treff- und Veranstaltungsörtlichkeiten im Nürnberger Stadtteil Gostenhof. Zu diesen gehört das Selbstverwaltete Kommunikationszentrum Nürnberg e. V. (KOMM e. V.), das Anlaufstelle für viele linksextremistische Gruppierungen ist. In Gostenhof veranstaltet die OA auch ihre jährliche „revolutionäre 1. Mai-Demonstration“ und das im Anschluss daran stattfindende „Internationalistische Straßenfest“.

Gentrifizierung, steigende Mietpreise und Energiekosten sowie der Russland-Ukraine-Krieg bildeten 2022 zentrale Themenfelder der Organisation. Bereits am 5. März beteiligte sich die OA an der Versammlung „Krieg in der Ukraine”, in der sie ihre Ideologie zum Ausdruck brachte. So zeigten Aktivisten u. a. ein Transparent mit der Aufschrift „Krieg dem imperialistischen Krieg! Für die soziale Revolution!”. Unter dem Slogan „N-Ergie und Co zur Kasse bitten!” kritisierten sie am 27. April 2022 die Preispolitik eines städtischen Energieversorgers und übergaben einer Stadträtin einen entsprechenden Forderungskatalog. Am 24. September 2022 protestierte die Gruppierung auf der Versammlung „Ihre Kriege nicht auf unserem Deckel! Keinen Cent mehr für Brot, Öl und Bier!” gegen hohe Miet- und Lebensmittelpreise. Am 1. Oktober 2022 beteiligten sie sich an einer Demonstration gegen steigende Heizkosten.

Die OA zählt regelmäßig zu den Hauptverantwortlichen der Demonstration „Revolutionärer 1. Mai“ in Nürnberg, an der sich nahezu sämtliche linksextremistische Organisationen beteiligen. Am 18. April 2022 war die OA auch im sogenannten „Antikapitalistischen Block“ der Ostermarsch-Veranstaltung vertreten, am 25. Juni 2022 nahm sie an den Protesten gegen den G7-Gipfel in München teil.

Gründung ca.1993
Sitz Nürnberg
Publikationen

barricada – zeitung für autonome politik und kultur

 

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Logo der „Revolutionär Organisierten Jugendaktion“ (ROJA)
© Screenshot: facebook.com/ROJAnbg (gesichert: 22.12.20)

Die 2009 gegründete ROJA ist eine autonome Jugendorganisation in Nürnberg. In ihrem Selbstverständnis beruft sie sich auf den Marxismus und fordert neben einem konsequenten Antikapitalismus auch Klassenkampf und Revolution:

„Bewusst sind wir auch der Tatsache, dass dieses menschenverachtende System, in dem eine kleine Minderheit sich an dem Elend aller anderer bereichert, nicht ohne den Klassenkampf aller Ausgebeuteten und Unterdrückten – und nicht ihrer StellvertreterInnen – gegen die AusbeuterInnen und UnterdrückerInnen abgeschafft werden kann.“

Ein zentrales Betätigungsfeld der ROJA ist der Antimilitarismus. Unter Slogans wie „Bundeswehr raus aus den Schulen!“ oder „Für die soziale Revolution weltweit!“ agitiert die ROJA gegen Informationsveranstaltungen der Bundeswehr.

Unter dem Motto „Krieg, Krise, Kapitalismus – Wir widersetzen uns[.] Kommt in den antikapitalistischen Block!” rief die ROJA am 24. Januar 2022 zur Teilnahme an der Demonstration gegen die Münchner Sicherheitskonferenz auf. Sie beteiligte sich sowohl an der Ostermarsch-Demonstration am 18. April 2022 als auch an der traditionellen Demonstration „Revolutionärer 1. Mai” in Nürnberg.

 

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Logo der autonomen Gruppe „Prolos“
© Screenshot: prolos.info (gesichert: 22.12.20)

Die Prolos sind eine 1980 gegründete autonome Gruppierung in Nürnberg. In ihrem Programm verortet sich die Gruppierung im Marxismus und lehnt den demokratisch verfassten Staat ab:

„Mit diesem Programm wollen wir erklären (...) warum wir der Ansicht sind, dass wir eine freie kommunistische Gesellschaft brauchen, in der die Produktionsmittel vergesellschaftet sind und die politische Planung von Produktion, Reproduktion, Leben, Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft in der Hand aller im Sinne basisdemokratischer Räte und Kommunen organisiert wird. Wir (...) hoffen, dass euch die (...) Texte anregen (...), den Kampf gegen das kapitalistische System aufzunehmen.“

Die Gruppierung setzte sich 2022 insbesondere mit den Ursachen des Russland-Ukraine-Krieges auseinander, pflegte Kontakte zu inländischen wie ausländischen Linksextremisten und befasste sich auch mit der Ideologie totalitärer Staaten und linksradikalen ausländischen Gruppierungen.

So nahm sie bereits am 5. März 2022 an einer Veranstaltung mit dem Titel „Krieg in der Ukraine” teil und beteiligte sich an der traditionellen „Revolutionärer 1. Mai”-Demonstration. Im Rahmen einer Vortragsveranstaltung berichteten Aktivisten der linksgerichteten kolumbianischen Gruppierung RASH Bogota (Red and Anarchist Skinheads) am 20. Mai 2022 über ihren antifaschistischen Kampf im Heimatland. Am 24. Juni 2022 befassten sich die „Prolos“ mit den Schriften des nordkoreanischen Diktators Kim Il-Sung und stellten Nordkorea als Opfer einer ihrer Ansicht nach imperialistischen, mörderischen USA dar. Am 22. Juli 2022 engagierten sich Angehörige der „Prolos” bei Protestveranstaltungen gegen die Rüstungsfirma Diehl mit dem Titel „Diehl entwaffnen – Kein Ehrenbürgertitel für Holocaustprofiteure” und „Gegen Krieg und Hochrüstung – Friedensverhandlungen statt Waffen”. Dabei entrollten Linksextremisten zwei Transparente von je 30 Meter Länge.

 

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In der autonomen Szene wird seit Längerem eine Organisations- und Militanzdebatte geführt. Seit Beginn der 1990er-Jahre wuchs die interne Kritik, die autonome Bewegung sei zu unorganisiert, um nachhaltig politische Veränderungen bewirken zu können. Im Zentrum der Debatte steht dabei die Frage, wie eine breitere gesellschaftliche Akzeptanz für die eigenen autonomen Positionen erreicht werden kann. Infolgedessen sind mehrere sog. postautonome Gruppierungen und Netzwerke entstanden, die die gesellschaftliche Isolation der Autonomen durchbrechen wollen.

In der Szene besonders prägend wirkt die Interventionistische Linke (IL). Sie war erstmals im Jahr 1999 bei den Protesten gegen die EU-Ratstagung und den Weltwirtschaftsgipfel in Köln aktiv und gründete sich 2005 als informelles bundesweit agierendes Netzwerk. Die IL verfolgt den strategischen Ansatz einer spektrenübergreifenden Mobilisierung unter ihrer Führung. Dabei versucht sie, alle linksextremistischen Strömungen – bis hin zu militanten Autonomen – zu integrieren.

Postautonome versuchen, ein Scharnier zwischen gewaltbereiten Linksextremisten und gemäßigten Kräften zu bilden. Die Vorsilbe „Post“ steht für die Infragestellung einiger grundlegender Merkmale, aber nicht für einen vollständigen Bruch mit dem gewaltorientierten autonomen Politikansatz. Um zwischen linksextremistischen und demokratischen Akteuren zu vermitteln, bedienen sich die Postautonomen des Begriffs des „zivilen Ungehorsams“. Vordergründig beteiligen sich Postautonome nicht an gewalttätigen Ausschreitungen, allerdings distanzieren sie sich auch nicht eindeutig vom Einsatz von Gewalt zur Durchsetzung politischer Ziele. Vereinbarungen über die zulässigen Formen des Protestes sind dabei oft reine Formelkompromisse, die der Auslegung breiten Raum lassen. Gewalttätige Eskalationen sind Teil der eigenen Planung und werden nach einer Risikoabwägung bewusst eingesetzt.

Postautonome engagieren sich z. B. in Mieter- und Stadtteilinitiativen, in der Flüchtlingshilfe, in antifaschistischen Gruppierungen und in der Antiglobalisierungsbewegung. Im Rahmen dieser Bündnisse wird verstärkt auf die Vermittlung theoretisch-marxistischer Inhalte nach außen geachtet. Der Antikapitalismus bildet einen ideologischen Schwerpunkt der IL.

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Logo der postautonomen Gruppe „Interventionistische Linke“
© Screenshot: twitter.com/inter_linke (gesichert: 22.12.20)

Die IL wurde 2005 als bundesweites Netzwerk gegründet und im Oktober 2014 zu einer bundesweiten Organisation umformiert. Bundesweit werden der IL etwa 1.000 Mitglieder zugerechnet. In Bayern existieren Ortsgruppen in Aschaffenburg, München und Nürnberg.

Ideologisch orientiert sich die IL am Marxismus/Kommunismus. Sie versteht das bestehende Gesellschaftssystem als eine Zwei-Klassen-Gesellschaft, in der die herrschende Klasse (Kapitalisten) die Arbeiterklasse (Proletariat) ausbeutet und unterdrückt. Ziel der IL ist die Abschaffung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung und die Installation einer klassenlosen Gesellschaft. Dabei fokussiert sie sich nicht ausschließlich auf regionale Protestaktionen, sondern wirkt an der Vorbereitung überregionaler Aktionen mit.

Der Russland-Ukraine-Krieg bot der IL im besonderen Maße Gelegenheit, ihre Ideologie, Ziele und Aktionen in das Blickfeld der Öffentlichkeit zu rücken. Mit der Kampagne „Rheinmetall entwaffnen“ prangerte die Gruppierung das Regierungsprogramm „Sondervermögen Bundeswehr“ an, machte Rüstungsbetriebe für weltweite Kriege verantwortlich und warf den beteiligten Staaten imperialistisches Machtstreben vor. So brachte die IL Nürnberg u. a. auf dem diesjährigen Ostermarsch ihren Protest zum Ausdruck und entrollte auf der „Revolutionärer 1. Mai“-Demonstration gleichenorts ein Transparent mit der Aufschrift: „Aufrüstung stoppen! Gemeinsam für eine gerechte und befreite Gesellschaft“. Auf ihrer Webseite heißt es:

„Deutsche Waffen, deutsches Geld, morden mit in aller Welt (…) Innerhalb des kapitalistischen Systems kann kein Frieden existieren (…) Gegen alle imperialistischen Kriege!“

Am bundesweiten Aktionstag „Rheinmetall entwaffnen!“ am 10. Mai 2022 in Nürnberg nahmen auch Aktivisten der IL teil. Bei der Veranstaltung wurden Rüstungsunternehmen in Nürnberg besonders scharf kritisiert.

Nach entsprechender Mobilisierung durch die IL beteiligten sich zudem auch Nürnberger Linksextremisten vom 30. August bis 4. September 2022 an den Aktionentagen unter dem Motto „Rheinmetall entwaffnen“ in Kassel.

Die IL verfügt in Bayern über Ortsgruppen in Aschaffenburg und Nürnberg.

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Logo der postautonomen Gruppe „Antikapitalistische Linke München“ (AL-M)
© Screenshot: facebook.com/RotesMuenchen (gesichert: 22.12.20)

Die AL-M ist eine revolutionär-kommunistisch ausgerichtete postautonome Gruppierung. Sie verfolgt marxistisch-leninistische und trotzkistische Ideologieelementen mit dem Ziel, den demokratischen Verfassungsstaat zu beseitigen und durch ein kommunistisches System zu ersetzen:

„(...) Notwendig ist: die Revolution. (...) Die revolutionäre Theorie, um die Welt zu begreifen und sie zu verändern, ist der Marxismus. Die einzige Alternative zum heutigen Kapitalismus ist eine andere Gesellschaft: Der Kommunismus – dafür kämpfen wir.“

Die AL-M ist ein Bindeglied zwischen dem traditionell kommunistisch ausgerichteten Spektrum des Linksextremismus und der autonomen Szene. Die Internetseite der AL-M dient als Mobilisierungsplattform für das gesamte linksextremistische Spektrum in München. Dort wird nicht nur zu autonomen Gruppen wie Antifa-NT verlinkt, sondern auch zu linksextremistischen Parteien und Organisationen wie der Roten Hilfe e. V. und der SDAJ. Die Gruppierung ist bei mehreren Themen, die von Linksextremisten besetzt werden, aktiv, z. B. bei Aktionen zum Antimilitarismus.

Die AL-M war maßgeblich an der Organisation der Proteste gegen den G7-Gipfel beteiligt. So rief sie zur Bildung eines „antikapitalistischen Blocks“ auf und veröffentlichte unter dem Titel „Fight G7 – Den Imperialismus treffen wir hier!“ einen mehrseitigen Protest-Aufruf.

Bereits seit einigen Jahren ist die AL-M in das Bündnis „Perspektive Kommunismus“ (PK) eingebunden. Diesem 2014 gegründeten, überregionalen Bündnis gehören weitere Gruppierungen aus Baden-Württemberg und Hamburg an. PK zielt darauf ab, sich zu einer „bundesweiten, aktionsorientierten und revolutionären, kommunistischen Organisation“ zu entwickeln. Das Bündnis ruft offen zur Militanz und Gewalt auf.

Darüber hinaus ist die AL-M an Aktionsgruppen wie dem „Antifaschistischen Stammtisch München“ (ASM), dem „Offenen Antikapitalistischen Klimatreffen München“ oder der Initiative „Zukunft erkämpfen“ in maßgeblicher Weise beteiligt. Der ASM ist der autonomen Antifa zuzurechnen und bezeichnet sich selbst als „offenes Treffen, zu dem alle eingeladen sind, die sich antifaschistisch engagieren wollen“. Das „Offene Antikapitalistische Klimatreffen München“ ist ein lockerer Zusammenschluss mit den Themenschwerpunkten „Klimawandel“ und „Kapitalismus“. Ziel ist ein Umbruch des herrschenden Wirtschaftssystems: Das Klimatreffen strebt eine „Demokratisierung“ der Wirtschaft hin zu einem sozialistischen System an. Neben dem Kernthema „Klimagerechtigkeit“ ist das Klimatreffen auch in anderen Themenbereichen, wie z. B. Antimilitarismus, Antikapitalismus und Antifaschismus, aktiv.

AL-M, ASM, „Zukunft erkämpfen“ und das „Offene Antikapitalistische Klimatreffen München“ nutzen den linksextremistischen Szenetreff „Barrio Olga Benario“ in München zur Planung und Vorbereitung von Aktionen sowie für ihre regelmäßigen Treffen.

Aus Aktivsten dieser verschiedenen Antifa-Gruppen im „Barrio Olga Benario“ bildete sich der  „Antifaschistische Aufbau München” der sich Ende 2021 mit 7 weiteren gewaltorientierten linksextremistischen Gruppierungen aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz zur „Antifaschistischen Aktion Süd“ (ASS) zusammenschloss. Dieses gewaltbereite Bündnis arbeitet an einer stärkeren Vernetzung linksextremistischer Akteure in Süddeutschland, um eine verbesserte überregionale Organisation der Szene zu erreichen. Der Gründungserklärung zufolge, soll der neue Zusammenschluss die Kräfte bündeln und Faschisten „sowie die allgemeine gesellschaftliche Rechtsentwicklung konsequent und nachhaltig bekämpfen“.

Durch das Bündnis sollen Handlungsspielräume erweitert und Einflussmöglichkeiten ausgebaut werden. Ziel dieser überregionalen Organisierung ist es, die existierenden Kräfte zu bündeln, um auf diese Weise die Schlagkraft im gewaltsam geführten Kampf gegen „Faschisten“ effektiv zu steigern. Langfristig strebt die AAS eine bundesweite Struktur an. Der aktuelle Zusammenschluss wird als erster Schritt in diese Richtung angesehen.

Im Juni 2022 schuf die AAS mit „antifa-Info.net” ein weiteres Internetportal, das mit seiner bundesweiten Ausrichtung auch über Süddeutschland hinaus Szeneangehörige ansprechen soll und für Veranstaltungen und Aktionen mobilisiert. So können sowohl die Mitgliedsorganisationen bzw. Ortsgruppen der AAS als auch andere Antifa-Organisationen das Portal nutzen, um über ihre Szeneaktivitäten zu informieren.

 

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Logo des Bündnisses „Perspektive Kommunismus“
© Screenshot: perspektive-kommunismus.org (gesichert: 22.12.20)

Bereits seit einigen Jahren ist die AL-M in das Bündnis Perspektive Kommunismus (PK) eingebunden. Diesem 2014 gegründeten, überregionalen Bündnis gehören noch weitere Gruppierungen aus Baden-Württemberg und Hamburg an. PK zielt darauf ab, sich zu einer „bundesweiten, aktionsorientierten und revolutionären, kommunistischen Organisation“ zu entwickeln. Nach einer Durchsuchungsaktion am 7. September 2020 gegen den Roten Aufbau Hamburg, welcher ebenfalls der PK angehört, organisierte die AL-M in München noch am selben Abend eine Solidaritätsaktion. Unter dem Motto „Repression im ganzen Land – Unsere Antwort: Widerstand; Solidarität mit dem Roten Aufbau Hamburg!“ posierten Mitglieder der AL-M mit einem Banner und besprühten großflächig eine Mauer mit „Roter Aufbau bleibt. Kampf eurer Klassenjustiz“.

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Logo der postautonomen Gruppe „antifa-nt“
© Screenshot: facebook.com/antifamuc (gesichert: 22.12.20)

Die seit 2006 bekannte Gruppe Antifa-NT vertritt einen postautonomen Antifaschismus, der darauf abzielt, die bestehende Gesellschaftsordnung durch eine klassenlose Gesellschaft zu ersetzen. Sie pflegt bundesweite Kontakte zu anderen autonomen und postautonomen Gruppierungen und trat im Herbst 2015 dem linksextremistischen „… ums Ganze!“-Bündnis bei, in dem sich gewaltorientierte linksextremistische Gruppen aus Deutschland und Österreich organisieren.

Antifa-NT nutzt die Räumlichkeiten des Kafe Marat, das Teil eines selbstverwalteten Kulturzentrums ist. Das Kafe Marat dient Linksextremisten, insbesondere Autonomen, als Treffpunkt, logistisches Zentrum und Informationsbörse. Daneben nutzen auch andere nicht-extremistische kulturelle und gesellschaftliche Gruppen das Kafe Marat für Treffen und Veranstaltungen.

„Antifa-NT“ beteiligt sich an der bundesweiten Protestmitmachkampagne „Nationalismus ist keine Alternative“ (NIKA). NIKA ist eine linksextremistische Kampagne, die sich gegen einen vermeintlichen Rechtsruck in der Gesellschaft richtet. Die Kampagne soll dazu beitragen, die linksextremistische Szene stärker zu vernetzen und zu organisieren. „Antifa-NT“ beteiligt sich auch immer wieder an breiten gesellschaftlichen Bündnissen. Gerade bürgerliche Themen und Versammlungen werden von „Antifa-NT“ aufgegriffen und genutzt, um für ihre extremistischen Positionen zu werben.

 

 

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Graffiti Symbol Anarchie A
© BIGE

Anarchismus ist eine Sammelbezeichnung für politische Auffassungen und Bestrebungen, die auf die Abschaffung jeglicher Herrschaft von Menschen über Menschen abzielen. Allen anarchistischen Strömungen ist die Forderung gemein, den Staat als Herrschaftsinstitution abschaffen zu wollen – und zwar unabhängig von einer demokratischen oder diktatorischen Ausrichtung. Häufig schließt eine solche Auffassung einen grundsätzlichen Antiinstitutionalismus ein. Anarchisten sehen Bürokratien, Kirchen, Parteien, Parlamente und Vereine als Einrichtungen, die einem freiwilligen Zusammenschluss von emanzipierten und mündigen Menschen entgegenstehen.

Anarchisten lehnen Hierarchien und Unterordnung grundsätzlich ab. Deshalb können sie sich auch selbst in der Regel nur schlecht organisieren und bilden lediglich lose strukturierte Gruppierungen. Anarchisten bevorzugen stattdessen „Spontis“, spontane Aktionen kleinerer Gruppen oder Einzelpersonen, die aus Streiks, Besetzungen, aber auch aus gezielten Anschlägen auf den politischen Gegner bestehen können. Gewalt als Mittel der Revolution ist auch im Anarchismus ein viel diskutiertes Thema, wird jedoch von der Mehrzahl der Aktivisten zumindest als legitimes Mittel akzeptiert.

Wie eine Gesellschaft „nach“ der Revolution aussehen kann, ist auch in der anarchistischen Szene umstritten. Der anarchistische Idealzustand, eine Gesellschaft auf Basis von Selbstverwaltung und freien Übereinkünften, führt in letzter Konsequenz jedoch unweigerlich in ein System von Gewalt- und Willkürherrschaft, in dem der Starke sich gegen den Schwachen durchsetzt und sich schlussendlich über diesen erhebt.

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Logo der „Anarchistischen Bibliothek Frevel“
© Screenshot: frevel.noblogs.org (gesichert: 22.12.20)

In München besteht seit 2016 eine Gruppe von Anarchisten, die durch publizistische Aktivitäten und das Betreiben einer Bibliothek die anarchistische Ideologie verbreiten wollen. Sie eröffneten im Sommer 2016 in München die Anarchistische Bibliothek Frevel. Die Bibliothek will den „Zugang zu den Gedanken und Kämpfen anderer Revoltierender“ ermöglichen.

Die anarchistische Gruppe billigt Straf- und Gewalttaten als Mittel zur Zerstörung der bestehenden Ordnung. So lag in ihrer Bibliothek die anarchistische Straßenzeitung „Fernweh“ aus, die linksextremistische Straftaten positiv bewertet. Die im Mai 2020 erschienene 33. Ausgabe war die bislang letzte. Seit Frühjahr 2020 wird auch der Internetauftritt der Bibliothek nicht mehr gepflegt. Das „aktuelle Programm“ liege, laut Webseite, zum Mitnehmen an der Bibliothek aus.

Die anarchistische Gruppe billigte Straf- und Gewalttaten als Mittel zur Zerstörung der bestehenden Ordnung. So lag in ihrer Bibliothek die „Anarchistische Straßenzeitung Fernweh“ aus, die linksextremistische Straftaten positiv bewertet. Die im Mai 2020 erschienene 33. Ausgabe war die bislang letzte.

Auf ihrer Webseite gab die Bibliothek für den 19. November 2022 die Schließung ihrer Räumlichkeiten bekannt. Die Schließung steht mutmaßlich im Zusammenhang mit Durchsuchungsmaßnahmen im April 2022 gegen Personen aus dem Umfeld der Bibliothek wegen des Verdachtes der Gründung einer kriminellen Vereinigung. Die Personen sind der Beteiligung an der Herausgabe der linksextremistischen Publikation „Zündlumpen” verdächtig. In dieser wurde wiederholt zu Angriffen auf Polizeibeamte oder zu Brandanschlägen auf Infrastruktureinrichtungen aufgefordert. Die Polizei stellte in diesem Zusammenhang umfangreiches Beweismaterial wie Druckmaschinen, Computer und Speichermedien sicher.

Bundesweit solidarisierten sich mehrere linkextremistische Gruppierungen mit den von den Maßnahmen betroffenen Personen. Im Internet wurden Solidaritätsbekundungen aus Berlin, Hamburg und Leipzig veröffentlicht. Auch der Münchner Szenetreffpunkt „Barrio Olga Benario“ äußerte sich zu den Durchsuchungsmaßnahmen:

„Wir erklären uns solidarisch mit den Betroffenen und dem Frevel: Lassen wir uns nicht vereinzeln: Gemeinsam gegen ihre Repression und für linke (Frei-)Räume!“

 

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Logo der „Auf der Suche“
© Screenshot: http://aufdersuche.blogsport.de (gesichert: 22.12.20)

Die 2014 gegründete Gruppe ADS versteht sich als eine anarchistische Gruppierung. Die Nürnberger Organisation ist Mitglied der „Föderation deutschsprachiger Anarchist_innen“. Das Feindbild aller, im Detail unterschiedlich ausgerichteter, anarchistischer Strömungen ist der Staat. Er gilt im anarchistischen Denken als repressive Zwangsinstanz, die zugunsten einer herrschaftsfreien Gesellschaft aufgelöst und zerschlagen werden müsse. ADS lehnt aus dieser Ideologie heraus fundamentale Prinzipien der freiheitlichen demokratischen Grundordnung, insbesondere Parlamentarismus und Volkssouveränität sowie das Mehrparteienprinzip ab:

„Stellvertreter*innenmodelle und die Bildung von Parteien – wie in ausbeuterischen Wirtschaftssystemen und im Parlamentarismus üblich – lehnen wir ab, da diese im Widerspruch zu unseren Vorstellungen einer herrschaftsfreien Gesellschaft stehen. (…) Wir streben keine Übernahme, sondern die Abschaffung der politischen Herrschaft an.“

Am 30. Januar 2021 nahmen Mitglieder von AdS an einer Versammlung in Nürnberg teil. Hintergrund war der Berufungsprozess gegen zwei Linksextremisten vor dem LG Nürnberg-Fürth am 2. Februar. Bei den Angeklagten handelte es sich um zwei Rädelsführer der Auseinandersetzungen rund um den Nürnberger Jamnitzerplatz, bei denen im Sommer 2019 Polizeikräfte bedroht wurden. An der Versammlung nahmen circa 220 Personen teil. Darunter befanden sich auch Angehörige und Sympathisanten der linksextremistischen Gruppierungen „Organisierte Autonomie“ (OA), „Prolos“, „Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend“ (SDAJ) und die „Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands“ (MLPD). AdS engagiert sich hauptsächlich im Nürnberger Szenetreff „Projekt 31“. Hier organisiert die Gruppe regelmäßig Veranstaltungen zu den Themen Anarchismus und Selbstverwaltung.

Der Mietvertrag für den Szenetreff lief Anfang 2021 aus, die Räumlichkeiten wurden aber zunächst weitergenutzt. Gegen eine Räumungsklage demonstrierten am 8. Oktober 2021 mehrere Hundert linksextremistische Szeneangehörige unter dem Motto
„Kultur braucht Freiräume – Projekt 31 erhalten 2.0“.

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