„Heldengedenken“ in Wunsiedel: Rechts- und Linksextremisten mobilisieren

Rund 200 Rechtsextremisten aus unterschiedlichen Bundesländern folgten dem Aufruf der neonazistischen Kleinstpartei Der Dritte Weg (III. Weg) zum „Heldengedenken“ am Volkstrauertag in Wunsiedel. Neben einem breiten zivilgesellschaftlichen Protest mobilisierte auch die linksextremistische Szene gegen den alljährlichen Aufmarsch der Neonazis.

Die Fichtelgebirgsstadt Wunsiedel hat in der rechtsextremistischen Szene traditionell eine große Bedeutung, befand sich doch dort bis 2011 das Grab von Rudolf Heß. Der „Stellvertreter des Führers“ nahm sich 1987 in Kriegsverbrecherhaft in Berlin-Spandau das Leben. Seinen Höhepunkt hatte das sogenannte Heldengedenken“ im Jahr 2004, als mehr als 7.000 Rechtsextremisten durch die oberfränkische Kleinstadt zogen.

Seit ihrer Gründung im Jahr 2013 beteiligte sich die neonazistische Kleinstpartei III. Weg an vorderster Stelle am alljährlichen Aufzug unter dem Motto „Tote sind nur jene, die vergessen werden!“ Mit Fahnen, Parolen, Fackeln, Musik und Trommelschlägen zogen in diesem Jahr knapp 200 meist einheitlich in Parteikluft gekleidete Aktivisten durch die Stadt. Als Redner traten der III. Weg-Parteivorsitzende Klaus Armstroff sowie der mehrfach wegen Volksverhetzung und anderer Delikte verurteilte Thomas „Steiner“ Wulff auf.

Neben dem von Kirche, Kommunalpolitik und Zivilgesellschaft organisierten bürgerlichen Protest „Wunsiedel ist bunt“ zogen auch knapp 250 zum Teil gewaltbereite Linksextremisten durch die Stadt. An der Demonstration unter dem Motto „Nicht lange fackeln – Nazitraditionen sabotieren, blockieren, angreifen“ beteiligten sich Linksextremisten aus ganz Bayern. Mit Bannersprüchen wie „Krieg den deutschen Zuständen – Das Schweigen durchbrechen“ kritisierten die Linksextremisten deutlich den ihrer Meinung nach zu geringen Widerstand gegen den Gedenkmarsch. Größere Zwischenfälle gab es keine, ein Aufeinandertreffen der beiden Lager konnte die Polizei verhindern.

Aus Sicht der Sicherheitsbehörden ist das seit Jahren durchgeführte „Heldengedenken“ eine der wichtigsten Veranstaltungen der Partei III. Weg. Ziele sind vor allem die Erzeugung öffentlichkeitswirksamer Bilder und die Pflege der Parteiideologie. Zudem zeigt sie die weiterhin ungebrochene Anziehungskraft von Heß innerhalb des rechtsextremistischen Milieus. Der unter dem Deckmantel des Antifaschismus stattfindende linksextremistische Gegenprotest richtet sich laut Sicherheitsbehörden nur vordergründig gegen rechtsextremistische Kräfte. Vielmehr steht der Kampf gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik und deren „kapitalistisch-faschistisches System“ im Fokus.