„Heldengedenken“: Aktionen der rechtsextremistischen Szene in Bayern

Auch in diesem Jahr interpretierten Rechtsextremisten den Volkstrauertag für ihre völkische Ideologie um.  

Ihr jährliches und für dieses Jahr für den 14. November geplantes „Heldengedenken“  in Wunsiedel hatte die rechtsextremistische Kleinstpartei III. Weg aufgrund der coronabedingten Verschärfung der Versammlungsauflagen abgesagt. Stattdessen fanden am 15. November 2020 bundesweit kleinere Aktionen statt: Zumeist auf Friedhöfen oder Weltkriegsdenkmälern  wurden Reden und brennende Fackeln gehalten sowie Kerzen und Grablichter abgelegt. Laut Parteihomepage versammelten sich Aktivisten der fünf bayerischen Stützpunkte an folgenden Orten, „um den Helden der vergangenen Kriege zu gedenken“.

In Oberbayern kamen Parteiaktivisten an Örtlichkeiten in Ebersberg, Elkofen (Lks. Ebersberg) sowie im Münchener Stadtbezirk Berg am Laim zusammen. In Niederbayern wurde eine Gedenkaktion in Teisnach (Lks. Regen) durchgeführt. In der Oberpfalz gab es Aktionen in Amberg, Cham, Furth im Wald und Schwandorf. In Oberfranken versammelte man sich in Coburg, Lichtenfels, Forchheim, Thonberg (Lks. Kronach) und Weilersbach (Lks. Forchheim). Ebenso wurden in Nürnberg Denkmäler besucht.

Darüberhinaus wurden in Schwaben, wo der III. Weg keinen Parteistützpunkt unterhält, wurden am 15. November 2020 an verschiedenen Stellen Devotionalien platziert. Aufgrund der Ähnlichkeit zu Tafeln aus den vergangenen Jahren, kann davon ausgegangen werden, dass es sich hier um eine Aktion der Skinhead-Vereinigung Voice of Anger handelte.

Der Volkstrauertag ist in Deutschland seit 1952 ein staatlicher Gedenktag und fällt jährlich auf den vorletzten Sonntag vor dem ersten Advent. Der Tag dient dem Andenken an alle Opfer von Kriegen und Gewaltherrschaft. Rechtsextremisten nehmen den Volkstrauertag zum Anlass, um ausschließlich der deutschen Gefallenen und Kriegsopfer aus beiden Weltkriegen zu gedenken. Der Volkstrauertag wird so zu einem verklärenden „Heldengedenken“ uminterpretiert.

Der III. Weg vertritt einen stark neonazistisch geprägten Rechtsextremismus, der sich ebenso im „Heldengedenken“ verkörpert. So schrieb die Partei am 5. November 2020 auf ihrer Internetseite:

„Wir als Deutsche, welche auch in Zukunft deutsch sein wollen, werden auch dieses Jahr die Gefallenen unseres Volkes in den Mittelpunkt stellen und das Erbe unserer Väter bewahren. In disziplinierter Andacht werden wir unsere Helden in zahlreichen Regionen Deutschlands zum Volkstrauertag in unsere Reihen rufen und ihren Mut sowie ihre Treue in unsere Herzen tragen.“

Weiter heißt es:

„als leuchtendes Vorbild sollen sie uns im Streit für eine freie, selbstbestimmte und völkisch geprägte Heimat in Deutschland und Europa zur Seite stehen."

Für den III. Weg stellte die alljährliche Demonstration in Wunsiedel seit Jahren eine zentrale Veranstaltung in Bayern dar. Mehrere hundert Personen aus dem Inn- und Ausland beteiligten sich regelmäßig daran. Infolge der Absage der Veranstaltung in der Fichtelgebirgsstadt beschränkte sich die Kleinstpartei in diesem Jahr auf dezentrale Aktivitäten und versuchte durch öffentlichkeitswirksame Bilder auf ihrer Homepage, Aktionsfähigkeit zu demonstrieren, ohne jedoch die mediale Wirkung erzeugen zu können, die von der Großveranstaltung in Wunsiedel immer wieder ausging. Auch die Aktivitäten in Schwaben hatten keine signifikante Außenwirkung und wurden von der Öffentlichkeit ebenso kaum wahrgenommen. Die Aktionen unterstreichen jedoch, dass eine positive Bezugnahme auf die beiden Weltkriege sowie die Zielsetzung einer völkisch geprägten Heimat weiterhin als zentrale Ideologieelemente des III. Weg anzusehen sind.