125. Geburtstag: Rechtsextremisten erinnern an Ernst Jünger
Ende März und Anfang April 2020 erinnerten verschiedene Teile der rechtsextremistischen Szene an Ernst Jünger. Anlass war der 125. Geburtstag des Schriftstellers und nationalrevolutionären Denkers zur Zeit der Weimarer Republik. Was macht ihn für Rechtsextremisten heute noch interessant?
Die neonazistische Kleinstpartei Der Dritte Weg lobte den am 29. März 1885 in Heidelberg geborenen Jünger auf ihrer Website als „hochdekorierten Stoßtruppführer des ersten Weltkriegs“, „radikalen Nationalisten“ sowie „kategoriensprengenden Denker“. Die AfD-Jugendorganisation Junge Alternative (JA) stellte Jünger auf Facebook als „Titan der deutschen Literaturgeschichte“ heraus und versah ein Posting mit dem Jünger-Zitat „Der Staat ist Vaterland, die Heimat Mutterland“. Der bayerische Landesverband der JA forderte auf Facebook, Instagram und Twitter zum Lesen der Werke Jüngers auf. Auch ein Autor der NPD-Parteizeitung Deutsche Stimme würdigte Jünger in einem längeren Artikel.
Leben, literarisches Werk und politische Ansichten des 1998 verstorbenen Jüngers wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland kontrovers diskutiert. Stein des Anstoßes war seine Rolle als Intellektueller in nationalrevolutionären Zirkeln in der Weimarer Republik. Diese richteten sich gegen eine demokratische Staatsform und argumentierten vielfach völkisch-rassistisch und antisemitisch. Auch Jünger vertrat explizit antidemokratische und antiliberale Ansichten. Er bewegte sich in ideologischer Nähe zum Nationalsozialismus, engagierte sich aber nicht für die NSDAP. Von seinen in den 1920er Jahren offensiv vertretenen Positionen distanzierte er sich später nie.
Aus Sicht der Sicherheitsbehörden greifen Rechtsextremisten gezielt Figuren wie Ernst Jünger in ihrer Agitation auf. Sie präsentieren sie als historisch unbelastete, nicht mit dem NS-Regime verbundene Vordenker und wollen sie als Aushängeschilder für ihren vermeintlich harmlosen „nationalen“ Diskurs nutzen.