Radikalisierung im gewaltorientierten Linksextremismus

Die Verfassungsschutzbehörden sehen einen Trend: Linksextremistische Gewalt wird zunehmend aggressiver, gezielter und personenorientierter.

Der Schwarze Block auf einer Demonstration
© Screenshot: prolos.info (gesichert: 22.12.20)

Im gewaltorientierten Linksextremismus zeigt sich bundesweit ein hohes Radikalisierungsniveau. Insbesondere in Berlin, Hamburg und Sachsen, aber auch in Bayern, Bremen, Nordrhein-Westfalen und Thüringen liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass sich ein kleiner Teil der Szene zunehmend radikalisiert.

In der Vergangenheit äußerte sich linksextremistische Gewalt vor allem in Form von Massenmilitanz im Rahmen von großen Versammlungslagen im städtischen Raum. Diese großen Versammlungslagen haben in letzter Zeit abgenommen. Aber auch die noch stattfindenden Kundgebungen und Demonstrationen wachsen sich immer seltener zu großen Unruhen aus. Dies wird von der linksextremistischen Szene seit Jahren beklagt. Als Reaktion darauf ist zu beobachten: Eher kleine Gruppen gewaltbereiter Linksextremisten konzentrieren sich auf gezielte Aktionen wie körperliche Angriffe, Sachbeschädigungen oder Brandstiftungen im Umfeld von Versammlungslagen, aber teils auch völlig losgelöst von Demonstrationsgeschehen. Die Vorbereitung verläuft dabei sehr planvoll, im kleinsten Kreis und vom Rest der Szene isoliert.

Die Zielauswahl linksextremistischer Angriffe verschiebt sich dabei immer häufiger von einer institutionellen auf eine persönliche Ebene. Opfer werden gezielt ausgesucht und in ihrem persönlichen Rückzugsraum angegriffen. Ziel ist in den meisten Fällen Einschüchterung – nicht nur der angegriffenen Person, sondern auch des Umfelds oder der Gruppierung, die sie aus linksextremistischer Sicht repräsentiert. Hohe Sachschäden und Körperverletzungen sind dabei meist eher Mittel zum Zweck. Es soll ein Klima der Angst geschaffen werden, wodurch die unmittelbar oder mittelbar Betroffenen von einem konkreten Handeln oder der freien Meinungsäußerung abgehalten werden sollen.

In mehreren Bundesländern gibt es Hinweise darauf, dass sich klandestine Kleingruppen innerhalb der gewaltorientierten linksextremistischen Szene herausbilden. Sie begehen eigene Tatserien und spalten sich aufgrund steigender Gewaltbereitschaft bei ihren Taten vom Rest der Szene ab. Es erscheint möglich, dass es innerhalb solcher abgeschotteten Personenkreise zu einer internen Radikalisierungsspirale kommt. Die handelnden Personen können sich durch das permanente Begehen von Straftaten selbst enthemmen und sich nicht mehr an den Szenekonsens in Sachen Gewaltanwendung, nämlich eine außerhalb der Szene vermittelbare, zielgerichtete Ausübung von Gewalt gegen Sachen ohne die Gefährdung Unbeteiligter, gebunden sehen.

Aus Sicht der Sicherheitsbehörden sind Radikalisierungstendenzen in der linksextremistischen Szene bundesweit erkennbar. Auffällig ist, dass sich die Intensität der Gewalttaten erhöht hat und sich gleichzeitig Teile gewaltorientierter Spektren abschotten. Scheinbare „rote Linien“, die sich aus den Grenzen der Vermittelbarkeit von Gewalt ergeben, werden zunehmend überschritten. Linksextremistische Taten werden „professioneller“ durchgeführt, gewalttätiger und personenorientierter.

 

Dieser Text basiert auf einer Publikation des Bundesamtes für Verfassungsschutz.