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Die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) im Jahr 2023

Gemeinsam gegen Extremismus – unter diesem Motto ist die BIGE seit fast 15 Jahren gegen politischen Extremismus im Freistaat aktiv. Die Präventionsstelle der Bayerischen Staatsregierung unterstützt mit Informationsveranstaltungen und individuellen Beratungen alle, die Extremismus vorbeugen wollen oder unmittelbar mit Extremisten konfrontiert sind. Auch im vergangenen Jahr 2023 war die BIGE wieder bayernweit aktiv.

Nach ihrer Gründung im Jahr 2009 als zentrale Informations- und Beratungsstelle der Bayerischen Staatsregierung gegen Rechtsextremismus wurde die BIGE rasch zu einem wichtigen Ansprechpartner für Bürger, Städte und Gemeinden, Landesbehörden, Schulen, Verbände, Vereine sowie Unternehmen. Schwerpunkt der BIGE ist die Präventionsarbeit gegen Rechtsextremismus. Weitere Arbeitsfelder sind Linksextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter sowie weitere politisch motivierte Extremismusbereiche.

In der BIGE arbeiten Mitarbeiter des Bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz und der Bayerischen Polizei unmittelbar zusammen. Sie verfügen über breite Fachkenntnis und langjährige Erfahrung in den Bereichen Polizei, Verfassungsschutz, Öffentliche Verwaltung, Politikwissenschaft, Pädagogik, Soziale Arbeit und Kriminologie. Aktuelle Informationen und Fachexpertise der Sicherheitsbehörden werden so mit wissenschaftlichen Standards verknüpft.

Beratungsarbeit der BIGE – Praktische Unterstützung bei Problemen mit Extremisten

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Die BIGE unterstützt Betroffene bayernweit, kostenfrei und vertraulich im oft schwierigen Umgang mit Extremismus. Schwerpunkt ist die Vor-Ort-Beratung von Kommunen. Typische lokale Problemstellungen sind z.B. der Ankauf von Immobilien durch Rechtsextremisten, rechtsextremistische Agitation gegen Amtsträger, aktuell gerade in Zusammenhang mit der Migrationsdebatte, oder Belästigungen von Verwaltungsmitarbeitenden durch Reichsbürger und Selbstverwalter. In allen derartigen Fällen steht die BIGE Betroffenen mit Rat und Tat zur Seite.

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2023 wurden 40 Beratungen durchgeführt, hauptsächlich zu den Phänomenbereichen Rechtsextremismus und Reichsbürger und Selbstverwalter. Die BIGE unterstützte z.B. weiterhin intensiv die Stadt Schweinfurt mit Informationen und Handlungsempfehlungen, nachdem dort im Herbst 2022 die rechtsextremistische Partei Der Dritte Weg (III. Weg) eine Immobilie anmietete und ein Parteibüro eröffnete. Darüber hinaus wurden auch Lehrkräfte auf mögliche Aktivitäten der rechtsextremistischen Partei mit Blick auf Schülerinnen und Schüler sensibilisiert. Darin zeigt sich ein Mehrwert der BIGE, Maßnahmen für unterschiedliche Bedarfsträger, wie Kommunen und Schulen, aufeinander abgestimmt „aus einer Hand“ anbieten zu können.

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Bereits seit Ende 2022 nahm der Themenkomplex „Asyl und Migration“ in der Agitation rechtsextremistischer Akteure in Bayern wieder einen größeren Raum ein und war damit auch 2023 ein Themenschwerpunkt in den Beratungsgesprächen der BIGE. Hierzu wurde 2023 die Handreichung Umgang mit Rechtsextremisten im Zusammenhang mit Asylbewerberunterkünften neu konzipiert, die auch u.a. auf Bürgermeister-Dienstbesprechungen thematisiert wird. Sie enthält Hintergrundinformationen zur Motivation und Strategie der rechtsextremistischen Szene im Zusammenhang mit Asylbewerberunterkünften, zeigt grundsätzliche Handlungsempfehlungen zum Umgang mit rechtsextremistischer Agitation vor Ort auf und bietet konkrete Tipps bei der Durchführung von Bürgerversammlungen. Die Handreichung soll für politische Entscheidungsträger auf kommunaler Ebene sowie deren Mitarbeiter aus der Praxis eine erste Informationsquelle und Hilfestellung bieten.

Schulprävention der BIGE – Junge Menschen und ihre Lehrkräfte für extremistische Gefahren sensibilisieren

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Junge Menschen stehen im Fokus von Extremisten, die sie für ihre Ideologien gewinnen wollen. Das versucht die BIGE mit Workshops zu Rechtsextremismus und Linksextremismus an Schulen zu verhindern. Sie sind mit dem Staatsministerium für Unterricht und Kultus abgestimmt und werden ab der 8. Jahrgangsstufe für Schulklassen aller Schularten angeboten.

Referentinnen und Referenten der BIGE führen auch Fortbildungen für Lehrkräfte, Elternabende und Projekttage an Schulen durch. Das Angebot wird ergänzt durch persönliche Erfahrungsberichte von Aussteigern aus der rechtsextremistischen Szene, die authentisch von ihren Szeneerfahrungen und dem schwierigen Ausstieg berichten.

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2023 konnten so über 10.000 bayerische Schülerinnen und Schüler in über 400 Workshops an Schulen erreicht werden, ganz überwiegend zum Thema Rechtsextremismus. Darüber hinaus wurden rund 1.000 Lehrkräfte zu Extremismus informiert und sensibilisiert. Diese Fortbildungen wurden sowohl in Präsenz als auch digital an Schulen sowie an der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen durchgeführt. Die BIGE beteiligte sich 2023 auch an der bayernweiten Fortbildungsveranstaltungsreihe des Bayerischen Staatsministeriums für Unterricht und Kultus zu den Themen Antisemitismus sowie Rechtsextremismus.

Öffentlichkeitsarbeit der BIGE – Extremismus vorbeugen durch Information und Aufklärung

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Ohne sachgerechte Information kann keine politische Auseinandersetzung mit extremistischen Positionen und Aktivitäten stattfinden. Die BIGE betreibt deshalb das Online-Informationsportal www.bige.bayern.de, auf dem Informationen über die extremistischen Szenen, praktische Tipps im Umgang mit Extremisten und weitere Ansprechpartner zu finden sind. Darüber hinaus bietet sie einen Newsletter-Service an. Schwerpunkt der BIGE-Öffentlichkeitsarbeit sind Informationsveranstaltungen in Form von Vorträgen und Workshops.

Im Jahr 2023 sensibilisierten Referentinnen und Referenten der BIGE bayernweit in über 120 Informationsveranstaltungen unterschiedlichste Bedarfsträger zu den verschiedenen Extremismusthemen. So konnten Kommunalverwaltungen, Landesbehörden wie Justiz- und Polizeidienststellen, aber auch politische Stiftungen, Vereine, Unternehmen, Sportverbände und private Initiativen durch Vorträge für die Themengebiete Rechtsextremismus und Reichsbürger und Selbstverwalter sensibilisiert werden.

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Die Bandbreite reichte von kleineren Veranstaltungen mit einem Dutzend Teilnehmenden bis hin zu Großveranstaltungen, wie etwa an der Hochschule für den Öffentlichen Dienst – Fachbereich Allgemeine Innere Verwaltung, bei der ca. 650 Auszubildende über die Gefahren und Erscheinungsformen von Extremismus informiert wurden. Allein in der Ausbildung für die Dritte Qualifikationsebene an der Hochschule für den Öffentlichen Dienst in Bayern erreichte die BIGE 2023 mit ihren Informationsveranstaltungen wieder fast 2.000 Studierende. Auch zivilgesellschaftliche Organisationen, wie der Bayerische Sportschützenbund e.V., wurden in ihren Aus- und Fortbildungsangeboten mit Vorträgen unterstützt.

In Zusammenarbeit mit dem Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration (StMI) wurden rund um den Themenkomplex Verschwörungstheorien drei animierte Kurzvideos entwickelt. Die Videos richten sich an eine Social-Media-affine Bevölkerungsgruppe, denen die Absurdität von Verschwörungstheorien vor Augen geführt werden soll. Am Ende der Clips wird auf die Webseite der BIGE verwiesen, auf welcher weiterführende Informationen zum Thema bereitgestellt werden. Die Videos wurden ab Juni 2023 über die Social-Media-Kanäle des StMI beworben und seit Juli 2023 mit einer vierwöchigen Social-Media-Kampagne begleitet.

Das Aussteiger- und Deradikalisierungsprogramm der BIGE – Hilfe zur Selbsthilfe für Szeneangehörige

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Neben diesen verschiedenen Präventionsangeboten ist bei der BIGE auch das staatliche Aussteigerprogramm Bayerns angesiedelt. Dieses richtet sich zum einen an Extremisten, die fest in Szenezusammenhängen verankert sind; zum anderen an Personen, die problematische Einstellungen sowie Verhaltensmuster ausbilden und in eine extremistische Szene abzudriften drohen.

Speziell ausgebildete Beraterinnen und Berater der BIGE begleiten Ausstiegswillige, bei denen eine Deradikalisierung möglich erscheint, mit Hilfe zur Selbsthilfe; u.a. bei der Reflexion des eigenen Weltbildes oder bei der Suche nach neuen Berufsperspektiven. Dabei besteht eine enge Zusammenarbeit mit Partnern, wie etwa der Polizei. Hier wird in enger Absprache kontinuierlich geprüft, ob die Ansprache einer polizeibekannten Person durch das BIGE-Aussteigerprogramm als erfolgsversprechend erachtet wird.

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Im Jahr 2023 hat die BIGE bei 128 Personen geprüft, ob eine Kontaktaufnahme in Bezug auf einen möglichen Ausstieg aus der Szene bzw. eine Deradikalisierung sinnvoll erscheint. Mit über 70 Personen wurde persönlich Kontakt aufgenommen und zumindest über die Angebote des Aussteigerprogramms informiert, darunter 53 Personen aus dem Bereich Rechtsextremismus und 16 weitere Personen, die im weitesten Sinne dem Phänomenbereich Reichsbürger und Selbstverwalter zuzuordnen sind.

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Regelmäßige Gespräche zur persönlichen Lebenssituation als auch eine intensive Auseinandersetzung mit der extremistischen Ideologie wurden mit 49 Personen geführt. Es handelt sich dabei überwiegend um männliche, polizeilich bereits in Erscheinung getretene junge Erwachsene mit Bezügen zu unterschiedlichen rechtsextremistischen Szenen, sowie 5 Personen mit Reichsbürgerbezug.

Vier Fälle wurden 2023 – teilweise nach mehrjähriger Betreuung – erfolgreich mit einem Szene-Ausstieg abgeschlossen.

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