Hate Speech: Amts- und Mandatsträger im Fokus von Anfeindungen

Bürgermeister, Gemeinderäte, Behördenmitarbeiter – leicht werden sie heute insbesondere im Internet Ziel von Hass und Aggression. Die bayerischen Sicherheits- und Justizbehörden nehmen das Thema sehr ernst.

Unter Hate Speech versteht man verschiedene Formen menschenverachtender oder beleidigender Äußerungen im Internet. Sie richten sich meist mit großer Aggressivität gegen Einzelpersonen, Institutionen oder bestimmte Menschengruppen und deren tatsächliche oder ihnen bloß zugeschriebene Aktivitäten, Weltanschauungen, Werte oder Herkunft. Die Grenzen der freien Meinungsäußerung werden dabei überschritten und die Rechte anderer z. B. durch Üble Nachrede oder Beleidigung verletzt.

Hate Speech spielt in extremistischer Agitation und Propaganda eine große Rolle. Im Bereich des Rechtsextremismus wird z. B. in sozialen Netzwerken asylfeindliche und rassistische Hetze verbreitet, auch von Personen die nicht in rechtsextremistischen Strukturen organisiert sind. Thematischer Ausgangspunkt der meisten rechtsextremistischen Beiträge zum Thema Asyl sind dabei Straftaten, die tatsächlich oder mutmaßlich durch Flüchtlinge begangen wurden. Die Beiträge, Kommentare und Diskussionen, die sich hierbei entspinnen, werden häufig aggressiv geführt und sind geprägt durch bewusst verbreitete Falschdarstellungen sowie Protest- und Gewaltaufrufe. In diesem Zusammenhang werden auch vermeintlich politisch Verantwortliche und staatliche Stellen angegriffen. Bürgermeister, Gemeinderäte sowie Behördenmitarbeiter geraten immer wieder in den Fokus.

Nicht jeder krude Online-Inhalt ist Hatespeech – manche individuell als belastend empfundenen Aussagen können sich noch im Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen. Verdachtsfälle müssen jeweils mit ihren Inhalten und ihrem Kontext im Einzelnen strafrechtlich bewertet werden. Es existiert auch in großem Umfang Hate Speech ohne politisch-extremistische Bezüge, z. B. sexistische Anfeindungen gegen Frauen.

Im vergangenen Jahr fanden am 6. Juni 2020 und am 3. November 2020 bundesweit Aktionstage zur Bekämpfung von Hate Speech im Internet statt. Am 3. November 2020 wurden dabei auch in Bayern Exekutivmaßnahmen durchgeführt. Durchsuchungen fanden bei 49 Beschuldigten an 47 Objekten statt, wovon die Mehrzahl in den Regierungsbezirken Niederbayern (18) und Oberpfalz (13) zu verorten war. Die Federführung lag bei der bayerischen Zentralstelle für die Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München.

Die bayerische Justiz geht konsequent gegen strafbare Hate Speech vor. 2020 wurde in Kooperation mit den kommunalen Spitzenverbänden ein Schutzkonzept entwickelt, das mit den Maßnahmen der bayerischen Polizei vernetzt ist und u. a. Folgendes vorsieht:

  • Online-Meldeverfahren bei Online-Straftaten
    Wer als Kommunalpolitiker wegen seines Amts oder Mandats Ziel von Straftaten im Internet geworden ist, kann Anzeigen und Prüfbitten schnell und einfach online an die Justiz übermitteln. Dies können vor allem Hasskommentare auf öffentlich einsehbaren Foren sowie bedrohliche oder beleidigende Direktnachrichten per Email sein. Damit wird den Betroffenen erspart, ihre Anzeigen schriftlich zu formulieren oder Datenträger und Ausdrucke beizufügen. Geprüft werden die Meldungen durch den „Hate Speech Beauftragten der bayerischen Justiz“. Dieses Amt wurde Anfang 2020 neu geschaffen und wird von einem bei der Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München verorteten Oberstaatsanwalt wahrgenommen.
  • Spezialisierte Staatsanwälte
    Bei allen 22 bayerischen Staatsanwaltschaften wurden zum 1. Januar 2020 Sonderdezernate für die Bekämpfung von Hate Speech eingerichtet. Dadurch sind spezialisierte Staatsanwälte in ganz Bayern unmittelbar vor Ort. Auch für Anfeindungen in der analogen Welt bestehen bei allen Staatsanwaltschaften Ansprechpartner für Kommunalpolitiker, die beraten, für eine möglichst zügige Ermittlung des Sachverhalts sorgen und den Kontakt zur Polizei vermitteln.
  • Nachdrückliche Strafverfolgung
    Verweisungen auf den Privatklageweg kommen in aller Regel nicht in Betracht, die Staatsanwaltschaften übernehmen die Strafverfolgung. Einstellungen wegen Geringfügigkeit sind auf Ausnahmefälle beschränkt.

Weitere Informationen finden Sie auf der Webseite des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz. Praktische Tipps zum Umgang mit Hate Speech finden Sie in einem Info-Flyer des Bayerischen Landeskriminalamtes.