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Die BIGE im Interview: Extremismus-Prävention in der Schule

Junge Menschen stärken gegen Demokratiefeindlichkeit und Menschenhass: Dazu unterstützt die Bayerische Informationsstelle gegen Extremismus (BIGE) bayernweit Schulen mit kostenfreien Angeboten zur Extremismus-Prävention. Die Leiterin der BIGE spricht im Interview über ihre Arbeit.

 

Wir sprechen heute wieder mit Daniela Marckmann, der Leiterin der BIGE. Frau Marckmann, wir haben uns bereits über Ihre Unterstützungsangebote für Kommunen unterhalten, die vor Ort mit Extremisten konfrontiert sind (siehe hier). Auch über die Gefahren des Rechts- und des Linksextremismus haben wir schon gesprochen (siehe hier). Heute ist unser Thema Extremismus-Prävention an Schulen. Warum ist diese Präventionsarbeit wichtig?

Prävention im Schulkontext ist tatsächlich eines unserer zentralen Arbeitsfelder bei der BIGE. Denn junge Menschen stehen im Fokus von Extremisten, die sie für ihre Ideologien gewinnen wollen. Jugendliche sind in ihren politischen Überzeugungen noch weniger gefestigt. Sie suchen Spaß, Action, Freizeitbeschäftigung und Möglichkeiten sich auszuprobieren, um ihre eigene Identität zu entwickeln.

Vor diesem Hintergrund versuchen Extremisten ganz gezielt, Jugendliche über zuerst unverfänglich wirkende Freizeitaktivitäten wie Wanderungen oder Sporttrainings anzusprechen. Über das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl wollen sie die jungen Menschen an sich binden. Darauf aufbauend wird dann eine ideologische Indoktrinierung angestrebt.

 

Wie sind Sie dagegen an Schulen aktiv?

Ohne eine gute Informationsbasis können sich Jugendliche nicht adäquat mit extremistischen Positionen auseinandersetzen. Aufklärung, Information, Sensibilisierung sind deshalb ganz wichtig. Wir führen dazu bayernweit kostenfreie Schüler-Workshops zu Rechtsextremismus und Linksextremismus durch. Sie sind mit dem Kultusministerium abgestimmt und werden ab der 8. Jahrgangsstufe für Schulklassen aller Schularten angeboten. Wir informieren darin unter anderem über die Grundlagen unserer Demokratie sowie Akteure, Ideologien und aktuelle Entwicklungen extremistischer Szenen.

So ein Schüler-Workshop kann ergänzt werden durch Erfahrungsberichte von Aussteigern aus der rechtsextremistischen Szene, die authentisch von ihren negativen Erfahrungen und ihrem Weg zurück in die Gesellschaft berichten. Unserer Erfahrung nach sind diese sehr persönlichen Erzählungen für die Schüler besonders eindrücklich und regen sie zum Nachdenken an.

Wir bieten außerdem für Lehrkräfte, Schulpsychologen, Sozialarbeiter und Sozialpädagogen sowie Mitarbeiter von Schulbehörden spezielle Fortbildungen zu Extremismus an.

 

Wie oft sind die BIGE-Mitarbeiter an den Schulen im Freistaat unterwegs?

Zuletzt haben wir jedes Jahr regelmäßig mehrere hundert Workshops an Schulen durchgeführt und so jährlich über 10.000 Schüler erreicht. Darüber hinaus bilden wir jedes Jahr um die 1.000 Lehrkräfte zu Extremismus fort. Interessierte an unseren kostenfreien Angeboten können sich einfach bei uns melden, über unserer Bürgertelefon 089 / 2192 2192 oder via E-Mail gegen-extremismus@stmi.bayern.de.

 

Was tun Sie über die allgemeine Aufklärung hinaus, wenn es zum Beispiel zu konkreten extremistischen Vorfällen an einer Schule kommt?

Solche Vorfälle gibt es leider immer wieder. Propaganda-Plakate oder -Flyer tauchen auf dem Schulhof auf. Schüler äußern sich extremistisch, tragen plötzlich Szene-Kleidung. Oder es kommt zu extremistischen Straftaten im Umfeld von Schulen, wie etwa Hakenkreuz-Schmierschriften.

Mit solchen extremistischen Gefährdungen umzugehen ist nicht einfach. Schulen sollten sich nicht scheuen, sich Hilfe zu suchen und Beratungsleistungen in Anspruch zu nehmen. Als BIGE unterstützen wir bayernweit und kostenfrei. Von unseren Standorten in München und Nürnberg aus sind wir schnell persönlich vor Ort. Unsere Partner dabei sind die an den staatlichen Schulberatungsstellen angesiedelten Regionalbeauftragten für Demokratie und Toleranz. Dies sind Beratungslehrkräfte oder Schulpsychologen. Sie sind pädagogische Ansprechpartner für verhaltensorientierte Prävention und anlassbezogene Intervention gegen jegliche Form von Extremismus. Wir können gemeinsam mit der Schulleitung, den Lehrkräften und den Schülern geeignete Maßnahmen finden und umsetzen. Je nach Anlass können auch die Elternvertretung oder die örtliche Polizei beteiligt werden.

 

Im Schulkontext könnten Lehrkräfte ja auch einmal mit extremistischen Eltern konfrontiert sein…

Leider ja. Bei einer Schulveranstaltung könnten zum Beispiel extremistische Thesen durch ein Elternteil verbreitet werden. Positionen, die in krassem Gegensatz zu unseren politisch-gesellschaftlichen Werten wie Demokratie, Freiheit, Pluralismus und Rechtsstaatlichkeit stehen, können nicht geduldet werden. Auch wenn sie im Einzelnen nicht strafrechtlich relevant und vielleicht gerade noch von der Meinungsfreiheit gedeckt sind, stören sie den Schulfrieden. Wir empfehlen den Lehrkräften: Schauen Sie nicht weg, sondern setzen Sie sich mit extremistischen Thesen aktiv auseinander. Nehmen Sie das Gesagte und angebliche Beweise dafür nicht einfach hin, hinterfragen Sie alles kritisch und widersprechen Sie. Wir beraten Sie auch gerne persönlich zum oft schwierigen Umgang mit solchen Vorfällen.

 

Frau Marckmann, vielen Dank für das Gespräch.

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