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„Anti-Asyl“-Agitation von Rechtsextremisten in Oberfranken

Seit Jahresbeginn kam es rund um das Thema „Anti-Asyl“ zu mehreren Aktionen rechtsextremistischer Akteure im Raum Bamberg.

Beginnend mit dem Wochenende 13./14. Januar 2023 und wiederkehrend am Wochenende 21./21. Januar 2023 sowie am Wochenende 27./28. Januar 2023 wurde jeweils freitags in Breitengüßbach und samstags in Scheßlitz eine Demonstration gegen Asylbewerberunterkünfte und die aktuelle Flüchtlingspolitik durchgeführt, die von einem lokalen Funktionär der neonazistischen Partei Der Dritte Weg (III. Weg) angemeldet wurde. Sowohl im Vorfeld als auch im Nachgang wurden die Veranstaltungen ebenfalls im Telegram-Kanal der rechtsextremistischen Gruppierung „Kollektiv Zukunft schaffen – Heimat schützen“ (KZSHS) beworben und darüber berichtet. Die Teilnehmerzahlen am ersten Wochenende beliefen sich auf etwa 20 Personen in Breitengüßbach und 50 Personen in Scheßlitz, wobei nicht alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer der rechtsextremistischen Szene zuzuordnen waren. Im Verlauf der Wochenenden sank die Teilnehmerzahl merklich.

Bei den Demonstrationen waren nach Auskunft der Polizei neben Mitgliedern der örtlichen rechtsextremistischen Szene auch Personen des bürgerlichen Spektrums anwesend. In verschiedenen sozialen Medien und auf der parteieigenen Webseite wertete der III. Weg die Veranstaltungen als großen Erfolg, da man es geschafft habe, auch Personen außerhalb der eigenen Mitgliederschaft anzusprechen.

Auch in einem am 18. Januar 2023 auf der Webseite der Partei veröffentlichten Artikel mit dem Titel „Widerstand gegen Asylforderer in Scheßlitz“ werden die Veranstaltungen als Erfolg gefeiert. Weiter wird im Text in altbekanntem Duktus Angst vor Migrantinnen und Migranten geschürt und suggeriert, der Staat und seine Sicherheitsorgane seien nicht mehr in der Lage, die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang werden Asylsuchende in menschverachtender Art und Weise diffamiert. So wird die Ablehnung einer Unterbringung von Asylsuchenden im ländlichen Raum unter anderem mit dem Satz „Nur die dümmsten Kälber wählen ihre Metzger selber“ begründet.

Unterdessen kam es in Zapfendorf am 26. Januar 2023 (Donnerstag) während einer zunächst öffentlichen Gemeinderatssitzung zu teils wütenden Protesten gegen eine geplante Asylbewerberunterkunft. Im Vorfeld der Gemeinderatssitzung hatte die Partei III. Weg mit einem Flyer in den sozialen Medien für die Teilnahme an der abendlichen Sitzung mobilisiert.

Im Anschluss an die Gemeinderatssitzung kündigte der III. Weg-Stützpunkt Oberfranken auf seinem Telegram-Kanal an, für Zapfendorf analoge Veranstaltungen zu Scheßlitz und Breitengüßbach anzumelden. Ziel sei es, auf der Straße gemeinsam mit der „kritischen Bürgerschaft“ Kundgebungen durchzuführen. Eine erste Kundgebung dieser Art fand bereits am 3. Februar 2023 in Zapfendorf statt; laut Polizeiangaben war die Veranstaltung jedoch nur spärlich besucht; ebenso wie eine Veranstaltung in Scheßlitz am darauffolgenden Tag. Dieser Trend setzte sich an den folgenden Wochenenden fort, so dass sich das Protestgeschehen auf einem niedrigen Niveau zu stabilisieren scheint. Mittlerweile werden die Veranstaltungen auch nicht mehr im Namen des III. Weg, sondern im Namen einer Privatperson angemeldet. Geworben wird seit letzter Woche über den neuen Telegram-Kanal „Widerstand Oberfranken“.

KZSHS agitiert parallel zur Durchführung von und Teilnahme an den geschilderten Veranstaltungen auch auf seinem Telegram-Kanal gegen die Unterbringung von Flüchtlingen, indem es u. a. einschlägige Zeitungsartikel teilt und entsprechend der eigenen Ideologie und Zielsetzung kommentiert.

Das rassistische Weltbild der rechtsextremistischen Szene und ihr Nationalismus machen Asylsuchende zu einem klassischen Feindbild. Ein Ziel der rechtsextremistischen Szene im Rahmen ihrer „Anti-Asyl“-Agitation ist es, Anschlussfähigkeit an das bürgerliche Spektrum herzustellen. Dies versuchte die rechtsextremistische Szene in Bayern zuletzt im Rahmen der Corona-Proteste, was dort allerdings nicht nachhaltig gelang. Für die oben beschriebenen Veranstaltungen versuchten die Veranstalter, mit Flyern in den sozialen Medien zu mobilisieren, die auf den ersten Blick nicht mit dem III. Weg oder anderen extremistischen Gruppierungen in Verbindung gebracht werden können. Diese Verschleierungstaktik ist in der rechtsextremistischen Szene verbreitet und wird genutzt, um potenzielle bürgerliche Interessenten nicht sofort zu verschrecken, sondern langsam an die Thematik in ihrem Sinne heranzuführen. Wie der Verlauf der Kundgebungen jedoch gezeigt hat, gelingt es Rechtsextremisten in Oberfranken derzeit nicht, Personen außerhalb der rechtsextremistischen Szene dauerhaft zu mobilisieren oder an sich zu binden.

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