Abgrenzung, Vereinfachung, Rechtfertigung: Warum Feindbilder zentral für extremistische Ideologien sind

Feindbilder sind typisch für alle extremistischen Ideologien. Sie finden sich bei Rechts- und Linksextremisten, Akteuren der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit sowie in der Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter. In einer immer komplexer werdenden Welt geben sie vermeintlich Orientierung und Sicherheit.

Feindbilder sind generell von einem Schwarz-Weiß-Denken geprägt: Dem Feind werden ausschließlich negative Eigenschaften zugeschrieben, er dient als Projektionsfläche und Sündenbock. Durch die scharfe Abgrenzung zwischen „innen“ und „außen“ stärken Feindbilder zugleich den Gruppenzusammenhalt in extremistischen Szenen und wirken identitätsstiftend. Feindbilder speisen sich vielfach aus Ängsten, aber auch aus Überlegenheitsvorstellungen. In der Regel knüpfen Extremisten an vorhandene Stereotypen und Vorurteile gegen einzelne Personengruppen an.

Sie gehen jedoch deutlich darüber hinaus, indem sie „den Anderen“ kompromisslos ablehnen und bekämpfen. Eine typische Vorgehensweise ist die sprachliche „Entmenschlichung“: Mit der Gleichsetzung des Feindes mit Tieren werden diesem das „Menschsein“ an sich und damit grundlegende Menschenrechte abgesprochen. Dies kann sich auch gewaltlegitimierend auswirken: Wenn der andere nicht mehr als Mit-Mensch wahrgenommen wird, sinkt die Hemmschwelle, Gewalt gegen ihn anzuwenden. Hier empfiehlt sich auch eine Prüfung, ob es sich nicht um Beleidigungen oder volksverhetzende Aussagen handelt, die strafrechtlich relevant sein könnten.

Die Feindbilder des Rechtsextremismus sind in sich weitgehend statisch – Ausländer, Juden, Muslime und politische Gegner zählen seit jeher dazu. Variabel ist, welches Feindbild in der politischen Agitation der Rechtsextremisten jeweils die zentrale Rolle spielt. Vor dem Hintergrund der Asyldebatte sind seit 2015 „Flüchtlinge“ wesentliches Feindbild der Rechtsextremisten. In diesem Zusammenhang werden in jüngster Zeit verstärkt auch Politiker und staatliche Behörden diffamiert.

Für Akteure der verfassungsschutzrelevanten Islamfeindlichkeit dienen Muslime als primäres Feindbild. Der Islam als Weltreligion wird gleichgesetzt mit Islamismus und islamistischem Terrorismus. Die Religion des Islam sei eine faschistische Ideologie, von deren Anhängern eine erhebliche Gefahr für die bundesdeutsche Gesellschaft ausgehe.

Die Szene der Reichsbürger und Selbstverwalter zieht insbesondere Menschen an, die sich von einer als Souveränitätsverlust empfundenen, immer stärkeren weltweiten Vernetzung von Politik und Wirtschaft überfordert fühlen. Sie wünschen sich zurück in eine Welt der Übersichtlichkeit. Das Deutsche Reich oder eigene Fantasiestaaten werden von ihnen als Idealbild eines überschaubaren Gemeinwesens überhöht. Die Vertreter des in Deutschland bestehenden Staates der Bundesrepublik werden als Feinde bekämpft – insbesondere Mitarbeiter von Sicherheitsbehörden, Finanzämtern, Kommunen und Gerichten.

Auch der Linksextremismus verfügt über klare Feindbilder Er teilt die Menschen in Unterdrücker und Unterdrückte, in Täter und Opfer ein. Ihn durchzieht ein Freund-Feind Denken, das einer Einteilung in „gute“ und „böse“ Menschen entspricht. Wer auf der falschen Seite steht, oder wem dies unterstellt wird, gilt als Ausbeuter, Rassist, Sexist, Kapitalist oder Faschist. Empathie für die andere Seite ist nach Meinung von Linksextremisten fehl am Platz. Hinter den herrschenden Strukturen steht ihrer Auffassung nach der bürgerliche Staat mit seinem Polizeiapparat, der die Menschen angeblich an der freien Entfaltung ihrer Freiheit hindert. Staatsvertreter und Polizeibeamte gelten als potenzielle Angriffsziele für Straf- und Gewalttaten.

Aus Sicht der Sicherheitsbehörden bemühen sich Extremisten, ihre von Feindbildern geprägten Ideologien in weitere Bevölkerungskreise hineinzutragen. Dazu nutzen sie insbesondere das Internet. Dies beinhaltet die Gefahr, dass Szene-Feindbilder weit über die extremistischen Milieus hinaus Wirkung entfalten können.